

- Startseite
- Nachhaltigkeit
-
Maischa Friedrich und Ariane Schoen über den IIV Mikrofinanzfonds

DAS INVESTMENT: Frau Friedrich, Frau Schoen: Wie funktioniert Ihr Mikrofinanzfonds, den Sie zusammen mit Hansainvest aufgelegt haben?
Maischa Friedrich: Der Fonds hat zwei Anteilsklassen – eine für institutionelle Anleger und eine für Privatkunden. Die Anleger können monatlich Anteile kaufen und quartalsweise verkaufen. Das gesammelte Geld nutzt der IIV Mikrofinanzfonds, um Mikrofinanzinstituten...
Warum nur an der Oberfläche kratzen? Tauchen Sie tiefer ein mit exklusiven Interviews und umfangreichen Analysen. Die Registrierung für den Premium-Bereich ist selbstverständlich kostenfrei.
Gratis-Zugang:
Um die Autorisierung über LinkedIn zu aktivieren, müssen Sie sich registrieren.
Um die Autorisierung über Google zu aktivieren, müssen Sie sich registrieren.
DAS INVESTMENT: Frau Friedrich, Frau Schoen: Wie funktioniert Ihr Mikrofinanzfonds, den Sie zusammen mit Hansainvest aufgelegt haben?
Maischa Friedrich: Der Fonds hat zwei Anteilsklassen – eine für institutionelle Anleger und eine für Privatkunden. Die Anleger können monatlich Anteile kaufen und quartalsweise verkaufen. Das gesammelte Geld nutzt der IIV Mikrofinanzfonds, um Mikrofinanzinstituten in Entwicklungs- und Schwellenländern unverbriefte Darlehen zur Verfügung zu stellen.
Ariane Schoen: Diese Institute vergeben dann das Geld als Kredite an die Endkreditnehmer. Das Geld fließt später von den Kreditnehmern an die Institute zurück und von dort wieder in den Fonds. Daraus ergibt sich eine Rendite für die Investoren, die sich meist zwischen 1 und 2,5 Prozent im Jahr bewegt.
In welche Länder investieren Sie und was genau sind Mikrofinanzinstitute?
Schoen: Mikrofinanzinstitute sind eine eigene Kategorie von Finanzinstitutionen – quasi wie Banken, aber nicht unbedingt mit Banklizenz. Der Fonds finanziert auch reguläre Banken, die ein Mikrofinanzgeschäft haben, sowie Genossenschaftsbanken oder stiftungsähnliche Organisationen. Wir sind vor allem in Lateinamerika, Südostasien, Südasien und in zentralasiatischen Ländern wie Tadschikistan und Usbekistan aktiv. In Afrika ist der Mikrofinanzfonds weniger präsent, da sich dort die Darlehensvergabe schwieriger gestaltet.
Friedrich: In Afrika investiert der Mikrofinanzfonds konkret in Botswana, Kenia, Nigeria und Tansania – Länder, in denen der Mikrofinanzmarkt gut von den Zentralbanken reguliert ist. Das ist nicht überall gegeben, und die Durchdringung ist aufgrund der Größe und geringeren Bevölkerungsdichte eine Herausforderung.
Was unterscheidet ein Mikrofinanzinstitut von einer klassischen Bank?
Schoen: Laut deutscher Definition im Kapitalanlagegesetzbuch ist ein Mikrokredit auf maximal 30.000 Euro begrenzt. Der Fonds darf nur mehrheitlich an Institute Darlehen vergeben, deren Portfolio-Durchschnitt unter dieser Grenze liegt. Maximal 30 Prozent dürfen in sogenannte SME-Finanzierung fließen, die höhere Kreditsummen umfasst.
Der Hauptunterschied liegt meist in der Regulatorik vor Ort. Regulierte Institute mit Banklizenz können zusätzlich Spareinlagen annehmen und Kontoführung anbieten, während reine Mikrofinanzinstitute oft nur Kredite vergeben dürfen.
Friedrich: Ein wichtiger Unterschied ist auch, dass Mikrofinanzinstitute häufig unabhängig vom Staat operieren und von privaten Personen gegründet wurden.
An wen werden diese Mikrokredite vergeben?
Friedrich: Es sind überwiegend Einzelpersonen – häufig Gemüsehändlerinnen, Kioskbesitzerinnen oder Personen, die in der Landwirtschaft tätig sind, von der Viehzucht bis zum Gemüseanbau. Es gibt auch Endkreditnehmer aus dem Handwerk, wie zum Beispiel jemand, der seine eigene Keramik herstellt und diese inzwischen sogar bis nach Deutschland vertreibt. Es handelt sich um Menschen, die ins Unternehmertum einsteigen und im besten Fall so wachsen, dass sie eigene Arbeitsplätze schaffen können.
Schoen: Dazu kommen noch Dienstleistungen wie Gastronomie oder Transportdienste. Es gibt auch einen Bereich, der manchmal kritisch als „Konsumkredite“ bezeichnet wird. Das sollte man aber differenzierter betrachten – darunter fallen auch Kredite für Gesundheitsausgaben, Bildung oder Notlagen.
Friedrich: Ein eindrückliches Beispiel aus Indien: Eine Frau nahm einen Kredit auf, um für ihre Familie eine Toilette zu bauen. In manchen Regionen Indiens ist es noch nicht üblich, dass jeder Haushalt eine eigene Toilette hat, was besonders für Frauen und Mädchen problematisch ist. Solche Kredite fallen unter „Konsum“, tragen aber erheblich zur Verbesserung der Lebensqualität bei.
Wie werden diese Kredite zurückgezahlt, besonders wenn sie nicht direkt einkommenserzeugend sind?
Schoen: Bei solchen Krediten wird geprüft, ob die Familie ein sonstiges Einkommen hat, mit dem sie den Kredit zurückzahlen kann. Es gibt Cashflow-Analysen, die das regelmäßige Einkommen und die Ausgaben der Familie betrachten. Daraus leitet sich ab, wie hoch die maximale Kreditrate sein darf. In vielen Ländern gibt es dafür klare Regeln, die ein Maximum für Rückzahlungsraten im Verhältnis zum Einkommen festlegen.
Sind die Kreditnehmer eher männlich oder weiblich?
Schoen: Im Portfolio des IIV Mikrofinanzfonds sind etwa 80 Prozent der Kreditnehmer Frauen. Allerdings fließt ein größerer Anteil des Geldes an Männer, da sie tendenziell größere Kredite erhalten. Frauen bekommen zahlenmäßig mehr, aber kleinere Kredite.
Es gibt auch regionale Unterschiede: In Indien beispielsweise gibt es Institute, die ausschließlich an Frauen Kredite vergeben, oft in Form von Gruppendarlehen. In Zentralasien dagegen ist der Frauenanteil geringer, weil Frauen dort generell weniger am Arbeitsmarkt partizipieren.
Bei der Auswahl der Institute achten wir auf den Frauenanteil und dessen Entwicklung. Ein sinkender Frauenanteil würde uns aufmerken lassen.
Ich habe gelesen, dass Frauen tendenziell erfolgreicher mit Mikrokrediten sind.
Schoen: Es wird oft gesagt, dass Frauen bessere Rückzahlerinnen sind. Generell sind die Rückzahlungsraten im Mikrofinanzbereich sehr hoch im Vergleich zu anderen Kreditsegmenten.
Ihr Fonds ist nach Artikel 9 eingestuft. Wie wird er kontrolliert und wie läuft das Reporting ab?
Schoen: Wir müssen einmal jährlich berichten, wie wir die Principal Adverse Impact Indicators (PAI) berücksichtigen. Für Investitionsentscheidungen gibt es bestimmte Indikatoren, auf die wir achten – teilweise die PAIs, wenn sie für unser Geschäft relevant sind.
Wir berücksichtigen ESG-Risiken und den intendierten Impact in den Investitionsentscheidungen. Diese Anforderungen kommen aus Artikel 9. Nach dem Do-No-Significant-Harm-Prinzip versuchen wir, unbeabsichtigte negative Wirkungen wie Überschuldung so gering wie möglich zu halten.
Die Berichte kommen dann von den Instituten?
Schoen: Genau, wir schicken den Instituten einen Fragebogen oder ein Erhebungstool. Sie berichten uns detailliert über ihr Portfolio nach Sektoren und zu Themen wie Gender Pay Gap oder UNGC-Erfüllungen.
Wie groß ist das Interesse von Privatanlegern an solchen Impact-Fonds?
Friedrich: Das ist schwer direkt zu beantworten, da wir den Mikrofinanzfonds nicht selbst vertreiben. Der Vertrieb läuft über Banken, Sparkassen oder unabhängige Finanzberater. Wir sind davon abhängig, dass diese den Fonds Privatkunden aktiv vorstellen.
Schoen: Als Indiz können wir die Verteilung zwischen privater und institutioneller Tranche betrachten. Etwa 40 Prozent des Fondsvolumens liegen in der Retail-Klasse, was für ein ordentliches Interesse spricht.
Friedrich: In Gesprächen merken wir, dass das Interesse sehr groß ist. Unser Hauptproblem ist eher die Bekanntheit, da wir ein Nischenprodukt verwalten. Wir arbeiten daran, dass Kunden gezielt nach dem IIV Mikrofinanzfonds fragen.
Für wen ist so ein Fonds geeignet und mit welcher Erwartungshaltung sollte man an ihn herangehen?
Friedrich: Dieser Mikrofinanzfonds eignet sich definitiv für langfristige Anleger. Er ist eine gute Portfolio-Beimischung. Die Renditen sind zwar nicht riesig – in der Retail-Tranche betrug die Performance im letztes Jahr 2,06 Prozent, in der institutionellen Tranche 2,57 Prozent –, die Volatilität ist im Vergleich zu herkömmlichen Anlageklassen aber sehr gering, durchschnittlich bei etwa 1 Prozent seit Auflage 2011. Abgesehen von der Corona-Pandemie 2020 verlief die Wertentwicklung sehr stabil mit kaum Schwankungen.
Besonders geeignet ist der Fonds für Menschen, die mit ihrem Geld etwas Positives bewirken möchten. Das Geld fließt nicht in Kohlekraftwerke, sondern in Projekte, die Menschen vor Ort helfen. Wenn man diese Intention hat, ist der Fonds definitiv empfehlenswert.
Und mit langfristig meinen Sie...?
Friedrich: Im Durchschnitt etwa drei bis fünf Jahre.
Welche Kriterien muss ein Projekt erfüllen, damit es einen Kredit bekommt? Gibt es Ausschlusskriterien?
Schoen: Es wurden Ausschlusskriterien für bestimmte Sektoren wie Waffenproduktion, Tabak (über 5 Prozent) und fossile Energieträger festgelegt. Viele davon sind für Mikrofinanz nicht direkt relevant – mit einem Mikrokredit kann man schwerlich Öl fördern – aber sie wurden dennoch definiert und werden jährlich auf Einhaltung überprüft.
Zudem führen wir ein normbasiertes Screening durch: Die Institute müssen sich zu bestimmten Normen wie den ILO-Kernarbeitsnormen oder dem UN Global Compact verpflichten. Wir analysieren ihre Prozesse mit einem speziellen Tool, das wir mitentwickelt haben. Damit bewerten wir, ob das Institut geeignete Prozesse zur Auswahl ihrer Endkunden etabliert hat, etwa bezüglich des maximalen Anteils des Einkommens, der für Kreditraten aufgewendet werden darf.
Natürlich erfolgt auch eine finanzielle Analyse: Wie ist das Institut finanziell aufgestellt? Daraus ergibt sich dann, ob und in welcher Höhe in das Mikrofinanzinstitut investiert wird.
Auf die einzelne Kreditvergabe an Endkreditnehmer haben wir als Fondsmanager keinen direkten Einfluss, aber durch die Überprüfung der Prozesse sorgen wir für Standards. Bei Kontroversen schauen wir, ob es Beschwerdemechanismen gibt, an die sich Kunden wenden können.
Wie groß ist innerhalb des Gesamtfinanzmarkts der Bereich Impact Investing – oder speziell Ihr Bereich?
Friedrich: Impact Investing hat einen Anteil von etwas mehr als 1 Billion US-Dollar am Gesamtmarkt. Davon entfallen auf Mikrofinanz weltweit lediglich 23 Milliarden US-Dollar (Stand 31.12.2024).
Schoen: Es gibt verschiedene Studien und Umfragen dazu. Das Global Impact Investing Network führt jährliche Erhebungen durch. In Deutschland gibt es die Bundesinitiative Impact Investing, die ebenfalls Marktstudien erstellt. Diese basieren allerdings auf Selbstauskünften der Anbieter – wir geben beispielsweise unsere fast 800 Millionen Assets under Management als Impact Investing an. Selten prüfen Studien, ob die selbst deklarierten Investments tatsächlich Impact-Charakter haben. Dennoch bieten diese Erhebungen eine gute Indikation, ob Impact Investing noch eine Nische ist oder bereits darüber hinausgeht.
Über die Interviewten:
Maischa Friedrich arbeitet seit mehr als viereinhalb Jahren bei Invest in Visions, als Business Development Specialist. Sie arbeitet hauptsächlich im Bereich Investor Relations und Public Relations. Sie hat sich darauf spezialisiert, den Bekanntheitsgrad des IIV Mikrofinanzfonds zu erhöhen und spricht dabei Gruppen an, die bisher noch nicht erreicht wurden – insbesondere Frauen und jüngere Investoren.
Ariane Schoen ist Senior Impact Managerin bei Invest in Visions. Als solche kümmert sie sich darum, dass Wirkungsthemen in den Investmentprozess integriert und nachgehalten werden. Sie ist somit für die Wirkungsmessung verantwortlich und prüft, ob die Menschen erreicht wurden, die der IIV Mikrofinanzfonds erreichen wollte. Außerdem ist sie für alle regulatorischen Themen zuständig, die die Wirkung betreffen.



