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Investec-Managerin Deirdre Cooper „Energiewende nicht allein der Politik überlassen“

Von in Nachhaltigkeit, ESG & SRILesedauer: 4 Minuten
Deirdre Cooper: Die Portfoliomanagerin wechselte Ende vorigen Jahres vom Londoner Asset Manager Ecofin in das Rohstoff-Team bei Investec, um sich auf die Investmentthemen Erneuerbare Energien, Elektrifizierung und Ressourceneffizienz zu konzentrieren.
Deirdre Cooper: Die Portfoliomanagerin wechselte Ende vorigen Jahres vom Londoner Asset Manager Ecofin in das Rohstoff-Team bei Investec, um sich auf die Investmentthemen Erneuerbare Energien, Elektrifizierung und Ressourceneffizienz zu konzentrieren. | Foto: Investec Asset Management

Der Klimawandel ist eine existenzielle Herausforderung, eine der größten Prüfungen aller Zeiten für die Menschheit. Nach Einschätzung des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), einer UN-Organisation zur Analyse von Forschungsergebnissen zum Klimawandel, hat die Menschheit nur noch bis 2030 Zeit, die CO2-Emissionen drastisch zu senken. Außerdem empfiehlt der IPCC eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 statt 2 Grad Celsius.

Den Regierungen kommt bei der Energiewende eine wichtige Aufgabe zu. Sie haben es aber nicht leicht, wenn sie Innovationen fördern und für die richtigen Anreize zum Aufbau wenig CO2-intensiver Industrien sorgen wollen. Einerseits müssen sie das Verbraucherverhalten ändern, andererseits dürfen sie aber die Steuern nicht zu stark erhöhen und keine Arbeitsplätze gefährden. Drohende Arbeitsplatzverluste haben in Frankreich und Mittelamerika große soziale Unruhen ausgelöst.

Für eine „gerechte Energiewende“ sorgen

In Westeuropa fanden an mehreren Wochenenden in Folge Demonstrationen gegen den Klimawandel (London), aber auch Protestaktionen gegen hohe Benzinpreise statt (Frankreich). Dies zeigt die politischen Risiken auf beiden Seiten. Letztlich haben die Regierungen aber nicht die Mittel zur Finanzierung der Energiewende, und es mangelt ihnen auch an der gesellschaftlichen Akzeptanz, um die sozialen Kosten tragen zu können. Sie müssen für eine „gerechte Energiewende“ sorgen, die die Kosten nicht jenen auferlegt, die sie sich am wenigsten leisten können.

Vor diesem politischen Hintergrund wird immer klarer, dass der private Sektor – technologische Innovatoren auf der einen Seite und Investoren auf der anderen – die Energiewende voranbringen muss. Regierungen und Aufsichtsbehörden werden Teil der Lösung sein, doch privates Kapital muss dringend in jene Unternehmen, Branchen und Organisationen geleitet werden, die für technischen Fortschritt und Verhaltensänderungen sorgen können.

Was bedeutet dies für Investoren?

Investoren sind mächtig und denken langfristig. Weltweit verwalten Pensionsfonds ein Vermögen von über 41 Billionen US-Dollar, und der internationale Publikumsfondsmarkt ist mit 53 Billionen US-Dollar sogar noch größer. Staats-und Pensionsfonds haben Strategien entwickelt, um mit ihrer Asset-Allokation längerfristige systemische Themen aufzugreifen. Sie brauchen ertragsstarke Anlagen, um ihre langfristigen Verpflichtungen erfüllen zu können.

Doch Klimaherausforderungen (sowie andere ESG-Themen) schaden zunehmend den Erträgen. Folglich haben so viele Pensionsfonds wie noch nie weltweit ESG-Richtlinien entwickelt und erwarten, dass ESG in den gesamten Investmentprozess integriert wird. Die meisten dieser Aktivitäten sind freiwillig, doch die Aufsichtsbehörden verlangen immer häufiger Mindeststandards, denen zufolge die Investoren alle Risiken beachten müssen, auch ESG-Risiken.

Ein Investmentmanager hat eine Treuhandpflicht; er muss das Vermögen seiner Kunden erhalten und mehren. Ein Investmentansatz, der Nachhaltigkeitsfaktoren außer Acht lässt – etwa Klimaüber­legungen –, erfüllt diese Verpflichtung vermutlich nicht.

Dritte Energiewende kommt früher

Der erste Schritt zur Optimierung eines Investmentportfolios angesichts der Energiewende besteht darin, die Herausforderungen und die überall erforderlichen Veränderungen zu erkennen. Nötig sind belastbare Investmentrichtlinien und Ziele, die den Folgen der Erderwärmung Rechnung tragen. Sie müssen so flexibel sein, dass sie mit Veränderungen der Weltwirtschaft zurechtkommen. Von Investmentmanagern wird dreierlei verlangt:

  • Dialog mit Aufsichtsbehörden und politischen Entscheidern sowie Einflussnahme auf die Entwicklung von Vorschriften zur nachhaltigen Zukunft des Investierens
  • Treuhänderische Verantwortung zur Förderung einer optimalen Nachhaltigkeitspraxis bei öffentlichen und privaten Wertpapieremittenten
  • Neueinschätzung des Risiko-Ertrags-Profils von Investmentportfolios, um die Herausforderungen und Chancen der Dekarbonisierung besser abzubilden

Natürlich ist die Welt von morgen in den Wertpapierkursen von heute bereits enthalten. Das gilt – nach vielen enttäuschten Hoffnungen – auch für unsere dekarbonisierte Zukunft.

Rahmen für dekarbonisierte Welt

Es wäre zu einfach, Anlageentscheidungen nach dem Orwell’schen Motto „Kohle ist schlecht, erneuerbare Energien sind gut“ zu treffen. Dekarbonisierte Portfolios erfordern ein Verständnis für die genauen Auswirkungen der Energiewende auf Wirtschaft, Anlageklassen und Einzelwerte. Einige CO2-abhängige Aktiva werden kurzfristig wichtig bleiben; ihre Bewertungen müssen dies widerspiegeln. Analog dazu werden erneuerbare Energien nicht vor Hypes und den damit verbundenen Bewertungsverzerrungen gefeit sein. Es wird grüne Preisblasen geben, und sie werden auch platzen.

Die Klimaherausforderungen, die Energiewende und die mögliche Rolle von Investoren bei der Umleitung von Kapital in CO2-arme Technologien und Praktiken sind ohne Beispiel. Kein Problem ist unlösbar, wenn alle jetzt handeln. Für Investoren bedeutet dies, dass sie ihre Anlagen schnell überdenken und die Gewichtungen von Kohle und erneuerbaren Energien anpassen müssen.

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