- Startseite
-
Valuniq-Vorstand bricht eine Lanze für Investitionen in Deutschland

Was ist nur aus „Made in Germany“ geworden? Für meine Generation ist es ein Qualitätsmerkmal für Fleiß, Disziplin und hohe Qualität. Doch mit den nachfolgendenden Generationen stirbt dieser Gedanke immer mehr aus. Das ist auch im Ausland angekommen: Der Wirtschaftsstandort Deutschland wird bei ausländischen Investoren immer unbeliebter. Gemäß einer Umfrage von Deloitte und dem Industrieverband BDI aus dem vergangenen Jahr erwägt oder plant jede dritte Firma, Teile ihrer Betriebe ins Ausland zu verlagern. Auch im europäischen Ländervergleich sieht es düster aus: Laut einer Studie der Unternehmensberatung EY zu Auslandsinvestitionen fällt ausgerechnet die größte Volkswirtschaft Europas im Jahr 2023 um 12 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr zurück.
Diesen Trend belegt auch eine Umfrage von KPMG unter 350 Finanzvorständen deutscher Tochtergesellschaften internationaler Konzerne: Der Wirtschaftsstandort Deutschland wird deutlich schlechter bewertet als bisher und wirft unser Land nur noch ins Mittelfeld. Als Gründe werden häufig der Krieg in der Ukraine, die Inflation und die Energiekosten genannt. Ich glaube allerdings, dass viele Probleme einfach hausgemacht sind. Denn Deutschland diskutiert lieber über die Vier-Tage-Woche als über Wirtschaftswachstum. Wir verschlafen die Entwicklungen im Bereich Digitalisierung, KI und gleichzeitig beglückt uns der Staat mit immer mehr Bürokratie.
Zahlreiche Unternehmen stehen zur Übergabe an
Bei den Investitionen verstehe ich diese Zurückhaltung nicht. Natürlich hat Deutschland einen großen Nachholbedarf, keine Frage. Aber ich glaube, die Zeit ist ideal, um lohnende Investitionen zu tätigen. Denn trotz aller Herausforderungen leben wir in einem stabilen Land. Auch wenn unsere Regierung verbesserungswürdig ist, profitieren wir von einem sicheren Rechtsstaat und einer (noch) guten Infrastruktur. Diese beginnt jedoch aufgrund von Faktoren wie Rezession, Inflation und Fachkräftemangel zu erodieren. Die Attraktivität des Standorts scheint also abzunehmen, was zu einem Investitionsvakuum führt. Daraus ergeben sich Chancen, weil der Wettbewerb um die besten Investitionen abnimmt und sich die eigene Verhandlungsposition verbessert.
Verstärkt wird dies durch die große Zahl mittelständischer Unternehmen, die derzeit vor Nachfolgeproblemen stehen. Nach Berechnungen des Instituts für Mittelstandsforschung stehen bis zum Jahr 2026 rund 190.000 Familienunternehmen zur Übergabe an. Es gibt also mehr Menschen, die ihr Unternehmen abgeben, als solche, die es übernehmen wollen. Dieses Überangebot bietet neue Chancen, Unternehmen zu günstigen Konditionen zu erwerben und gleichzeitig deren Kunden und Mitarbeiter zu gewinnen.
Erfahrungsgemäß wird die Suche nach einem Nachfolger meist dann schwierig, wenn sich Unternehmer zu spät darum kümmern. Ich empfehle, spätestens mit 50 Jahren damit zu beginnen, um die Nachfolge selbstbestimmt und steueroptimiert gestalten zu können.
Die Chance in der Baukrise
Für sehr vielversprechend halte ich auch Investitionen in den Wohnungsbau. Denn davon gibt es in den Metropolen einfach zu wenig. Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) geht derzeit von einer Neubaulücke von 600.000 Wohnungen aus. Ohne Gegenmaßnahmen wird diese Zahl bis 2027 auf rund 830.000 steigen.
Dennoch werden überall Bauprojekte gestoppt – meist wegen mangelnder Rentabilität. Die Bauwirtschaft leidet stark unter den steigenden Kosten. Trotzdem glaube ich, dass es gerade jetzt spannend sein könnte, in den Bausektor zu investieren. Denn die Branche muss sich weiterentwickeln. Wenn eine Branche unter Druck gerät, steigt ihre Innovationskraft.
Hier ist auch der Staat gefragt: Nach aktuellen Gutachten kann die Städtebauförderung des Bundes die lokale Bauwirtschaft und das Handwerk erheblich unterstützen. Eine staatliche Förderung von einer Million Euro zieht demnach das Siebenfache an öffentlichen und privaten Investitionen nach sich. Zu diesem Ergebnis kommen zwei Forschungsinstitute in einer neuen Studie im Auftrag der Bundesregierung.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir an mehreren Stellschrauben drehen müssen. Hier sehe ich zum einen den Gesetzgeber in der Pflicht, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Andererseits müssen aber auch die Unternehmer ihre Hausaufgaben machen und über den Tellerrand hinausdenken. Sie müssen Digitalisierung und Künstliche Intelligenz stärker in ihre Unternehmensprozesse integrieren. Statt zur Steuerersparnis ins Ausland abzuwandern, wäre es sinnvoller, hierzulande Steuern zu optimieren. Mit einer guten Unternehmensstruktur lassen sich beispielsweise schnell über 20 Prozent Steuern sparen. Wir müssen uns alle aufraffen und Made in Germany" wieder zu dem machen, was es einmal war.

Über den Autor:
Jörg Kintzel ist Investor und Vorstandsvorsitzender des Finanzdienstleisters Valuniq.