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Investment-Experte Benjamin Melman warnt Aktien sind wieder teuer

Nasdaq-Sitz am New Yorker Times Square: Technologieaktien haben den wirtschaftlichen Eintrübungen durch die Corona-Krise bislang erfolgreich getrotzt.
Nasdaq-Sitz am New Yorker Times Square: Technologieaktien haben den wirtschaftlichen Eintrübungen durch die Corona-Krise bislang erfolgreich getrotzt. | Foto: imago images / Levine-Roberts

Die Zentralbanken haben ihre Staatsanleihenkäufe intensiviert. Selbst das lange Ende der Zinsstrukturkurve bewegt sich derzeit nur noch wenig bei Nachrichten, die normalerweise größere Verschiebungen verursachten. Aber der Einfluss der Zentralbanken geht weit über die Renditen von Staatsanleihen hinaus. So stimmt es zwar, dass Rating-Agenturen ihre Ausfallprognosen reduziert haben. Das Ausmaß, in dem sich die Spreads von Unternehmens- und Schwellenländeranleihen verringerten, ist jedoch das Ergebnis der massiven Liquiditätszufuhr der Zentralbanken.

Ist Technologie wirklich der Krisen-Gewinner?

An den Aktienmärkten herrscht wieder Feierlaune. Der Nasdaq 100 ist seit Jahresanfang um mehr als 30 Prozent gestiegen – und die Rally seit den Tiefständen im März gleicht einer Parabel-Kurve. Seit Anfang 2019 hat sich der Index-Stand sogar verdoppelt. Zugegeben: Im Gegensatz zur Dotcom-Blase Ende der 1990er Jahre haben Technologieaktien zumeist die Gewinnerwartungen erfüllt. So besteht kein Zweifel, dass relativ betrachtet Technologie als der große Gewinner aus der Corona-Krise hervorgegangen ist. Weniger klar ist jedoch, ob dies auch in absoluten Zahlen der Fall ist. Wenn nach dem sehr schwierigen laufenden Jahr die Budgetplanungen für 2021 beginnen, wird es interessant sein zu sehen, wie hoch die IT-Investitionen der Unternehmen tatsächlich ausfallen. Erst dann zeigt sich, ob die großen Hoffnungen tatsächlich gerechtfertigt sind, auf denen die aktuellen Bewertungen basieren.

Andere Aktienmärkte, darunter Europa und die Schwellenländer, haben längst nicht solch eine dynamische Entwicklung vollzogen wie die Nasdaq. Dennoch ist klar: Angesichts der Bedeutung des US-amerikanischen Technologiesektors sowie der Gewichtung des US-Marktes in den globalen Indizes sind die Aktienmärkte insgesamt inzwischen wieder teuer. Dies gilt sowohl im Vergleich mit historischen Maßstäben als auch vor dem Hintergrund des weiterhin sehr unsicheren ökonomischen Umfelds. Dies erlaubt einige Einschätzungen der mittel- bis langfristigen Aussichten: Die Marktrenditen werden niedriger ausfallen – während gleichzeitig jeder Schock einen größeren Ausverkauf auslösen kann. Aus dieser grundsätzlichen Perspektive lässt sich jedoch keine Aussage über die kurzfristigere Wertentwicklung innerhalb der kommenden Quartale ableiten.

Wann kommt der Impfstoff?

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Die unterstützende Geldpolitik dürfte noch eine ganze Weile andauern, was die US-Notenbank Federal Reserve gegenüber Anlegern auch durch ihr geändertes Inflationsziel unterstrich. Und gleichzeitig schreitet die Erholung nach dem Lockdown voran. Eine zentrale Frage innerhalb der kommenden Wochen dürfte sein, ob ein Medikament gegen Covid-19 marktfähig wird. Es besteht Grund zur Annahme, dass noch vor Jahresende ein solcher Impfstoff zugelassen wird. Sollte dies der Fall sein, dürften sich zyklischere Märkte wie Europa, Japan und die Schwellenländer erholen. Aus diesem Grund haben wir unsere Gewichtung in europäische Aktien auf Kosten von US-Aktien erhöht.

Der Kampf um das Oval Office

Beim US-Wahlkampf sehen wir zwar große Unterschiede zwischen den Programmen der Demokraten und der Republikaner. Dennoch sind wir überzeugt: Was die Märkte wirklich wollen ist, dass Kongress und Weißes Haus auf einer Wellenlänge liegen. Zwar möchten die Demokraten Donald Trumps Steuersenkungen zurückdrehen und die Regulierung in Bereichen wie Energie, Gesundheitswesen und Technologie erhöhen. Gleichzeitig zeigen sie sich aber auch am entschlossensten bei der Frage, ein Konjunkturprogramm auf den Weg zu bringen. Sollte Trump wiedergewählt werden, ist einzig und allein gewiss, dass es keine Änderung des fiskalischen Rahmens geben wird. Eine Regulierung von Technologieunternehmen oder der Gesundheitsbranche kann dagegen nicht ausgeschlossen werden. Ebenfalls budgetäre Stimuli halten wir in diesem Fall sowohl für weniger stark ausgeprägt als auch für unwahrscheinlicher.

Eine ungünstige Konstellation wäre unserer Meinung nach eine Pattsituation zwischen Weißem Haus und Kongress. Und das schlimmste Szenario wäre, wenn die Wahlergebnisse infrage gestellt würden – gerade angesichts der bereits massiven politischen Polarisierung in den Vereinigten Staaten. Doch nicht einmal für diesen Fall sehen wir eine Notwendigkeit dafür, unsere Investment-Allokation grundsätzlich infrage zu stellen. Denn wir sind uns bewusst, dass dies die Volatilität erhöht. Aber für uns wäre es kein Grund, die Anlage-Politik zu ändern.

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