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Welches Potenzial haben Investment-Grade-Anleihen?


Im Mai und Juni begann die Inflation in den USA und in Europa endlich zu sinken. Der Markt erwartet, dass diese Entwicklung zu Zinssenkungsmaßnahmen der Zentralbanken führen wird. So nahm die Europäische Zentralbank Anfang Juni ihre erste Zinssenkung seit 2019 vor und senkte den Leitzins auf 3,75 Prozent.
Trotz der besseren Inflationsdaten geht die US-Notenbank weiterhin davon aus, dass sie bis zum Jahresende nur eine Zinssenkung vornehmen wird. Zu Jahresbeginn rechnete die Mehrheit der Marktteilnehmer damit, dass auch die Fed Funds Rate im Dezember 2024 unter 4 Prozent liegen würde – das wird nun nicht mehr der Fall sein.
Unterdessen schienen die Kreditspreads gegen die Volatilität bei Staatsanleihen und bei den Zinserwartungen immun zu bleiben; Investment-Grade-Anleihen schwankten einen Großteil des Quartals um 100 Basispunkte. Am Primärmarkt war die Emissionstätigkeit weiterhin robust und stieß auf eine starke Nachfrage, da die Anleger sich vor den erwarteten Zinssenkungen im weiteren Verlauf des Jahres noch hohe Renditen sichern wollten.
Unser aktueller IG-Halbjahresausblick verortet die Lage im Zyklus, konzentriert sich auf die Fundamentaldaten von Wirtschaft und Unternehmen und geht auf die Bewertungen und die technischen Aspekte (Anlegerstimmung, Nachfrage- und Angebotsdynamik usw.) ein. Wenn sich mehrere dieser Faktoren negativ auf die Kreditspreads auswirken, sind in der Regel die Voraussetzungen für eine Ausweitung der Spreads gegeben. Eine straffe Geldpolitik, sich verschlechternde Fundamentaldaten der Unternehmen und enge Kreditspreads sind Voraussetzungen für eine Ausweitung der Kreditspreads. Dies bedeutet nicht, dass sich die Spreads sofort ausweiten, aber wir befinden uns in einem Umfeld, in dem eine Ausweitung der Kreditspreads wahrscheinlich ist.
Stabiler fundamentaler Kreditausblick
Derzeit sind die Geldpolitik und die Bewertungen nicht förderlich, wohl aber die Fundamentaldaten der Unternehmen. Wir sind uns bewusst, dass der Entzug von Liquidität aus dem Finanzsystem durch Verknappung und Verteuerung aufgrund höherer Zinssätze und quantitative Straffung das Finanzsystem unter Druck setzen kann. Anzeichen dafür haben wir bei den Marktereignissen um die Regionalbanken in den USA und beim Credit-Suisse-Debakel gesehen: Sie zeigten Schwachstellen auf, die von den Regulierungsbehörden zuvor nicht angegangen worden waren. Darüber hinaus sehen wir in einem möglichen Wiederanstieg der Fusions- und Übernahmeaktivitäten (M&A) nach einem schleppenden Jahr 2023 ein Risiko für unseren letztlich stabilen fundamentalen Kreditausblick.
Die Kombination aus geringerem Wachstum, einem unsicheren geopolitischen Hintergrund, restriktiver Geldpolitik und hohen Bewertungen verringert jedoch die Fähigkeit der Anlageklasse, externe Schocks oder politische Fehler aufzufangen.
Die Bewertungen haben sich seit den Kursschwankungen im Jahr 2022 stark verändert. Wichtig ist es zu wissen, dass die Kreditspreads über einen längeren Zeitraum unter ihren langfristigen Durchschnitts- und Medianwerten liegen können. Infolgedessen haben wir das Gesamtkreditrisiko in unseren Fonds reduziert – es liegt jetzt im nahezu neutralen Bereich –, doch aufgrund der soliden Angebots- und Nachfragesituation sowie der robusten Fundamentaldaten der Unternehmen sehen wir uns nicht veranlasst, eine noch negativere Prognose abzugeben.
Wie sehen Alasdair Ross und sein Team den Markt für IG-Anleihen im zweiten Halbjahr 2024? Mehr dazu hier.