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Investmentchef der Bethmann Bank „Aktien untergewichten, aber bitte nicht alles in die Kasse“

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Das Thema Währungskrieg dürfte jedoch vergleichsweise schnell wieder in der Schublade verschwinden. Denn der Spielraum Chinas ist hier ziemlich begrenzt, da sonst eine umfassende Kapitalflucht zu befürchten ist. Zwar gibt es seit 2016 Kapitalverkehrskontrollen. Doch den Chinesen stehen noch immer zwei Wege offen, ihr Geld außer Landes zu schaffen. So können sie einerseits in Unternehmen außerhalb der Volksrepublik investieren. Andererseits gibt es für kleinere Geldbeutel den Fluchtweg per Bitcoin, mit dem dann beim nächsten Auslandsurlaub die Rechnungen bezahlt werden können. Es war schon bezeichnend, dass die Kryptowährung am Tag der Ankündigung, die chinesische Währung abzuwerten, um rund elf Prozent nach oben geschossen ist.

Unter dem Strich scheint ein Währungskrieg eher unwahrscheinlich. Anleger müssen jedoch mit einem Anhalten des Handelsstreits, möglicherweise sogar mit der Eskalation zum Handelskrieg rechnen.

Aktien untergewichten

Vor diesem Hintergrund rät die Bethmann Bank, die Aktienquote zu senken - übrigens das erste Mal seit dem Ende der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise. Das Upside-Potenzial von Aktien scheint derzeit recht begrenzt zu sein, während die Downside-Risiken zuletzt spürbar gestiegen sind. Da bietet es sich an, Gewinne einmal mitzunehmen.

Ein „Untergewichten“ von Aktien heißt natürlich keinen Totalausstieg. Denn generell bringt „Investiert bleiben“ Vorteile. Und ein vollständiger Bärenmarkt, wie wir ihn in tiefen Rezessionen sehen, wird dann auch nicht erwartet. Dazu ist der Konsument und in den USA auch der Staat als Impulsgeber noch zu wichtig. Alleine 150 Milliarden US–Dollar darf die dortige Regierung zusätzlich im nächsten Haushaltsjahr ausgeben. Selbst in fallenden Märkten gibt es zudem immer wieder Aktien, die zulegen können. Eine vollständige Auflösung der Aktien-Positionen beraubt somit den Anleger der Möglichkeit, eine erfolgreiche Aktienselektion zu betreiben.

Außerdem ist es für den Anlageerfolg entscheidend, an den jeweils besten Handelstagen investiert zu sein. Dazu ein Beispiel: Ein Investment von 100 Euro im Jahr 2003 in ein Depot mit einem ausgewogenen Rendite-Risiko-Profil wäre bis Ende 2018 auf 231 Euro angewachsen. Wäre ein Anleger mit demselben Rendite-Risiko-Profil nur an den jeweils zehn besten Handelstagen des Jahres investiert gewesen, wären im selben Zeitraum aus 100 Euro sogar 441 Euro geworden. Dieser enorme Renditezuwachs verdeutlicht, wie wichtig es ist, an den besten Handelstagen investiert zu sein. Markt-Timing birgt dagegen in der Praxis das hohe
Risiko, dass ein Anleger an diesen Tagen nicht dabei ist. Von einem kompletten Ausstieg ist daher unbedingt abzuraten.


Über den Autor:
Reinhard Pfingsten arbeitet bei der Bethmann Bank als Investmentchef und ist Mitglied im Management-Team des globalen Investment-Centers der ABN-Amro-Gruppe.

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