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Investmentchef der Bethmann Bank „Anleger sollten sich bei Aktien noch zurückhalten“

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Die verschiedenen Hilfspakete der Bundesrepublik summieren sich insgesamt auf rund 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Länder wie Italien, Spanien oder auch Frankreich kommen nicht annähernd auf solche Beträge. Kein Wunder, dass die deutsche Exportwirtschaft düster in die Zukunft blickt. Die Ifo-Exporterwartungen der deutschen Industrie sind im April von minus 19 auf minus 50 Punkte abgestürzt. Dabei handelt es sich um den niedrigsten Wert, der jemals gemessen wurde.

Berichtssaison mit negativen Ergebnissen

Die Unternehmensergebnisse des ersten Quartals liefern einen Vorgeschmack darauf, welche Spuren die Covid-19-Pandemie in den Gewinn-und-Verlust-Rechnungen der Unternehmen hinterlässt. Und es ist mit höchster Wahrscheinlichkeit absehbar, dass die Ergebnisse im zweiten Quartal noch schlechter als die in den ersten drei Monaten des Jahres ausfallen werden.

Vor diesem Hintergrund scheinen die Schätzungen der Unternehmens-Analysten noch deutlich zu optimistisch. Sie rechnen für die Unternehmen des MSCI World (developed) in diesem Jahr mit einem Gewinnrückgang von durchschnittlich 11,8 Prozent. Beim MSCI All Countries kalkulieren sie sogar nur mit einem Minus von 9,4 Prozent. Tatsächlich könnte sich der Gewinn-Rückgang jedoch auf bis zu 20 Prozent belaufen. Da scheint eine KGV-Bewertung von 16,9 beziehungsweise 16,1 recht ambitioniert. Das sieht nicht unbedingt nach Kauf-Kursen aus.

Zweiter Dip nach unten wahrscheinlich

Die Crashs sind an den Aktienmärkten in den zurückliegenden Jahrzehnten alle nach einem ähnlichen Muster verlaufen. Nach einem Absturz kam es zu einer Bärenmarktrally, bevor es noch einmal kräftig nach unten ging. Das war 1973 so, genauso wie 1987 und in den Jahren 2000 bis 2003 sowie 2007. Bei den beiden letzten Crashs vor Corona ging der zweite Dip sogar noch tiefer nach unten als der erste.

Dazu kommt, dass der Kursanstieg in den vergangenen Wochen bei dünnen Umsätzen stattfand und die Volatilität sich noch immer auf einem hohen Niveau bewegt. Beides erhöht die Anfälligkeit der Aktienmärkte. Es könnte also durchaus sein, dass die Märkte die Tiefs vom März noch einmal testen. Angesichts dieser Erfahrungen und Umstände sollten die Anleger derzeit Aktien eher untergewichten. Das Aufwärtspotenzial scheint deutlich kleiner zu sein als das Abwärtspotenzial.


Über den Autor:
Reinhard Pfingsten arbeitet bei der Bethmann Bank als Chief Investment Officer und ist Mitglied im Management Team des globalen Investment Centers der ABN-Amro-Gruppe.

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