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Investmentchef von Ostrum im Gespräch „Besser als Amazon und Facebook“

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Klingt schön, aber wie sicher ist das wirklich?

Scandella: Die Unternehmen in unseren Portfolios sind weit besser gegen Abschwünge gewappnet als der Rest des Marktes. Wir haben beispielsweise L’Oréal im Portfolio. Die Marke ist bei Frauen extrem beliebt, die Gewinne steigen Jahr für Jahr um rund 10 Prozent. Das war in den zurückliegenden 15 Jahren so und wird in den kommenden zehn ebenso sein. Sollte es nun zu einer schrumpfenden Wirtschaft kommen, dann sind es nicht mehr 10, aber immerhin vielleicht noch 7 Prozent mehr Gewinn pro Jahr.

Haben Sie noch ein Beispiel parat?

Scandella: Die niederländische ASML baut Anlagen zur Chip-Produktion, Stückpreis 100 Millionen Euro. Ihre Technologie ist einzigartig, sodass Großabnehmer wie Intel, TSMC und Samsung sich bereits an dem Weltmarktführer beteiligt haben und für einen sicheren Umsatz sorgen. Für dieses Trio ist ASML unverzichtbar.

Nun liegen Ihre Aktienfonds aber keineswegs allesamt vor den Benchmarks. Woran scheitert es?

Scandella: Sie müssen bedenken, dass ich erst vor kurzem damit begonnen habe, unsere Anlagestrategie zu verändern. Das bringt es allerdings aktuell mit sich, dass wir an einem reinen Bullenmarkt wie in den ersten Monaten dieses Jahres nicht vollständig teilnehmen. Geben Sie uns einen Zeitraum von wenigstens drei Jahren, dann werden wir jede Benchmark schlagen.

Das heißt konkret?

Scandella: Unser erklärtes Ziel ist es, über einen Zeitraum von fünf Jahren im Schnitt jährlich drei Prozentpunkte besser als die Vergleichsindizes abzuschneiden. Das ist auch notwendig, damit wir uns von Indexfonds mit minimalen Kosten abheben.

Werden die Schwellenländer und allen voran China ihren Aufstieg fortsetzen?

Scandella: Ja, ich liebe die aufstrebenden Volkswirtschaften. Und ich bin sogar fest davon überzeugt, dass der Begriff Schwellenland für China & Co. nicht mehr passt, sondern Industrieland schon längst angemessen wäre. Insbesondere die jüngste Unternehmensgeneration hat Weltklasse. Schwellenland ist ein Schimpfwort für dortige Top-Unternehmen wie Alibaba oder Tencent. Alibaba übertrumpft locker Amazon, Tencent ist weit besser als Facebook.

Warum sehen viele Investoren das noch anders?

Scandella: Das liegt vor allem daran, dass die meisten Anleger zu sehr auf den Markt und die entsprechenden Indizes blicken. Aber wenn Sie einzelne Unternehmen wie die genannten Alibaba und Tencent anschauen, liegen die bei unseren Qualitäts- und Wachstumskriterien klar vor ihren Wettbewerbern aus den entwickelten Volkswirtschaften. Wir planen, im kommenden Jahr einen Aktienfonds speziell für Firmen der dritten Generation aus den aufstrebenden Ländern zu kreieren.

Was unterscheidet diese Gesellschaften von ihren Vorgängern?

Scandella: Diese dritte Generation hat nichts mehr mit staatlichen Monopolen zu tun und geht über Kopien des Westens hinaus. Die Geschäftsmodelle sind selbst entworfen und oft weltweit führend. So musste Alibaba nie wie Amazon in einen Wettstreit mit hübschen Boutiquen in den Innenstädten treten. Nirgends finden Sie mehr Mobil-Banking als in Afrika, weil es dort eben keine Bankfilialen gab.

Es ist wohl kein Zufall, dass Sie überwiegend Beispiele aus dem digitalen Bereich nennen?

Scandella: Nein, absolut nicht. Da kommt eine Wachstumswelle direkt auf uns zu, die den Strand nur noch nicht ganz erreicht hat. So kann inzwischen jeder per Smartphone nahezu alles selbst organisieren, Urlaube etwa sind in Minuten geplant. Viele erkennen nur die alte schrumpfende Wirtschaft, sehen aber die fantastische neue Welt mit ihren vielen Arbeitsplätzen noch nicht. Die Digitalisierung ist ein historischer Trend und wird Wohlstand bringen, keine Rezession wird sie aufhalten.

Drei kurze Fragen an Jean-Louis Scandella

Lieblingsessen?
Salat aus eigenen Tomaten mit selbst produziertem Olivenöl

Wichtigstes Buch?
Die „Epistulae morales ad Lucilium“, 124 Briefe des römischen Philosophen Seneca

Stichwort Sport ...
Hat mich noch nie interessiert, dafür Kunst, Literatur und mein Weinberg in der Toskana

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