Vermögensverwalter Markus Richert Investmentfonds: Am Anfang stand die Krise
In London hatte sich am Anfang des 18. Jahrhunderts eine florierende Wertpapierbörse entwickelt. Die South Sea Company versprach Ihren Anlegern mit dem Südseehandel von exotischen Produkten, Rohstoffen und Sklaven hohe Profite. Es blieb leider bei den Versprechungen, wirklich Geld verdiente die South Sea Company nie und als am 1. August des Jahres 1720 erstmalig eine versprochene Dividende nicht gezahlt werden konnte, platzte die Blase und ruinierte tausende Anleger. Der Aktienhandel steckte für Jahrzehnte in ganz Europa in einer Vertrauenskrise.
In diese Zeit hineingeboren, am 19. April 1744 in Amsterdam, wurde Abraham van Ketwich. Über den holländischen Kaufman ist nicht viel bekannt, aber er gilt mittlerweile als der Erfinder des Investmentfonds. Im Jahr 1774 legte er seinen ersten Investmentfonds mit dem Namen „Eendracht Maakt Magt“ (Eintracht macht stark) auf.
Das Prinzip der Risikostreuung war dem Niederländer dabei ein besonderes Anliegen. In den Jahrzehnten davor hatten Anleger immer wieder Ihr Vermögen in dubiosen und risikoreichen Anlagen verloren. Van Ketwich erkannte, dass sich solche Pleiten nur mit einer angemessenen Risikostreuung vermeiden ließen. Das Kapital seiner Anleger investierte er daher in eine Vielzahl verschiedener Einzeltitel. Fast ausschließlich in Anleihen, da der europäische Aktienmarkt seit dem Platzen der Südseeblase immer noch am Boden lag.
Die Anlage betrug je Anleger 500 Gulden, das entspräche heute rund 10.000 Euro. Die Rechte und die Anlagephilosophie waren schon damals in einem Fondsprospekt klar definiert. Die Kosten für die Anleger waren verglichen mit heute sensationell niedrig. Anleger mussten lediglich einen Ausgabeaufschlag von 0,5 Prozent und eine Managementgebühr von 0,2 Prozent jährlich zahlen. Das Ergebnis des Rentenfonds konnte sich sehen lassen, durchschnittlich erreichte der Fonds während seines Bestehens eine jährliche Rendite von rund vier Prozent.
Seit 1950 ist Deutschland dabei
Bis es die Idee des Investmentfonds nach Deutschland schaffen sollte, vergingen dann noch einige Jahrzehnte. Erst nach dem 2. Weltkrieg wurde im Oktober 1950 mit dem „Fondak“, dessen Name eine Mischung aus „Fonds“ und „Aktien“ darstellt, der erste Investmentfonds in Deutschland aufgelegt. Den Fonds gibt es noch heute, unter dem Dach von Allianz Global Investors.
Der Fonds war gleich zu Beginn ein voller Erfolg. Allein zwischen 1950 und 1959 konnte er eine Performance von insgesamt 1.024 Prozent erzielen. In den rund 73 Jahren seines Bestehens erzielte er eine jährliche Durchschnittsperformance von 3,35 Prozent. Nicht ganz so positiv und schnell entwickelte sich jedoch das Angebot an weiteren Fonds in Deutschland. Im Jahr 1979 gab es erst 45 Aktienfonds auf dem hiesigen Markt. Erst ab den Achtzigerjahren verbreitete sich in Deutschland eine bescheidene Aktienkultur aus, die das Fondsangebot im Land nach oben schnellen ließ. Insgesamt kämpfen derzeit mehr als 131.000 Fonds weltweit um die Gunst der Anleger. Mehr als 10.000 davon sind auch in Deutschland verfügbar. Allerdings erzeugt das Angebot noch keine Nachfrage.
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Das Sparbuch bleibt in Deutschland auf Platz 1
Wie eine aktuelle Studie der Gothaer jetzt zeigt, wagt knapp die Hälfte der Deutschen beim Thema Geldanlage nur sehr wenig. Vielmehr steht für 50 Prozent der Anleger das Thema Sicherheit bei der Geldanlage an erster Stelle. Dementsprechend setzen 46 Prozent mit dem Sparbuch nach wie vor auf den vermeintlich sicheren Weg.
Auf dem zweiten Platz folgen Immobilien mit 37 Prozent. Fonds und Bausparverträge oder -pläne werden von 31 bzw. 29 Prozent genutzt. Diese Reihenfolge ist seit Jahrzehnten fast wie in Stein gemeißelt. Der deutsche Sparer legt nach wie vor eher konservativ an. Daran konnte auch fast ein Jahrzehnt ohne wirkliche Zinsen wenig ändern. Aber das Sparbuch bietet kaum Rendite und gleicht die Inflation nicht aus. Das bedeutet, dass der Sparer am Ende sogar Vermögen verliert.
Für einen Einstieg ist es nie zu spät
Für einen Einstieg in den Aktienmarkt ist es dabei nie zu spät. Das Grundprinzip der Risikostreuung, das Abraham van Ketwich vor mehr als 300 Jahren mit der Auflage seines ersten Investmentfonds entwickelt hat, ist immer noch gültig. Dabei ist es grundsätzlich egal, ob man sich einen aktiven gemanagten Fonds oder einen Indexfonds als passives Vehikel (ETF) auswählt.
Entscheidend ist, dass man mit der Anlage frühzeitig beginnt. Unabhängig ob 50 Euro oder 5.000 Euro im Monat investiert werden. Mit einem Sparplan kann man langfristig an den Aktienmärkten wenig falsch machen. Durch Fonds sollten auch kleine Sparer, nicht nur die Superreichen, die Möglichkeit haben, das Risiko ihrer Kapitalanlage zu mindern, indem das Geld auf viele verschiedene Aktien verteilt wird. Im Jahr 2023 ist diese Idee aktueller denn je.
Über den Autor:
Markus Richert ist Certified Financial Planer (CFP) und Seniorberater bei Vermögensverwalter Portfolio Concept mit Sitz in Köln.