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Nachhaltiges Krisenmanagement: „Absolut ungenügend“

Alexander Mozer, Ökoworld
Alexander Mozer, Ökoworld
DAS INVESTMENT.com: Wie bewerten Sie aus nachhaltiger Sicht das aktuelle Krisenmanagement?

Alexander Mozer: Nachhaltigkeit beinhaltet grundsätzlich zwei Komponenten: Zuverlässigkeit und Weitsichtigkeit. Beide wurden im Rahmen der aktuellen Krise bisher nicht ausreichend berücksichtigt. Man hatte bereits in der schwierigen Situation im Jahr 2008 alle Möglichkeiten, die richtigen – sicherlich auch unpopulären – vorausschauenden Schritte einzuleiten. Diese Chance wurde jedoch kläglich vergeben. Bei der Beurteilung des aktuellen Krisenmanagements ist es auch von Bedeutung, ob wir den künftigen Generationen ein tragbares Fundament errichten und in diesem Punkt lautet meine Bewertung aus nachhaltiger Sicht: absolut ungenügend. DAS INVESTMENT.com: Halten Sie die geplante Rekapitalisierung der Banken für sinnvoll?

Mozer: Die Banken sind der Motor der Wirtschaft. Es ist daher sehr bedeutend, dass eine ausreichende Verlässlichkeit vorhanden ist beziehungsweise geschaffen wird. Wenn man sich die Aktivitäten vieler Geldhäuser in den vergangenen Jahren genauer betrachtet, stellt man eine deutliche Entwicklung weg von der Solidität hin zu mehr Volatilität fest. Um im Bild des Motors zu bleiben: das Tuning wurde deutlich übertrieben, der Motor ist heiß gelaufen und hat Schaden genommen. Insofern ist es jetzt absolute Pflicht, die Banken mit ausreichend Kapital auszustatten. Daneben muss aber auch ein verlässlicher Rahmen hinsichtlich Transparenz und Überwachung der Bankaktivitäten festgelegt werden. Besonders wichtig ist, ein umfassendes Konzept zu implementieren, das auch das Schattenbankensystem ausreichend abdeckt. DAS INVESTMENT.com: Wie könnte man Ihrer Meinung nach besser aus der Schuldenkrise kommen?

Mozer:
In den vergangenen Monaten wurde von der Politik immer wieder der Fehler begangen viel zu versprechen und vernünftige Optionen kategorisch auszuschließen. Ich denke hier beispielsweise an die Möglichkeit der Herausnahme einzelner Staaten aus dem Währungsverbund. Auch ein Schuldenschnitt wurde als nicht durchführbar bezeichnet. Letztlich kamen dann doch viele Dinge anders, als ursprünglich gesagt. Es ist allen klar, dass wir hier vor äußerst komplexen Problemen stehen und diese auch noch in einer unübersichtlichen Gemengelage von Staaten mit unterschiedlichen Interessen gelöst werden müssen. Insofern ist meine übergreifende Erwartungshaltung an die Politik: Nachdenken - Optionen offen halten – diskutieren – Lösungen finden - konsequente Umsetzung – Sicherheit schaffen. Nichts ist schlimmer für Märkte und Wirtschaft als Unsicherheit. DAS INVESTMENT.com: Welche Anreize sollte man schaffen, damit
Industrie und Investoren in die richtige Richtung gehen?

Mozer:
Industrie und Investoren müssen über den Tellerrand der Kurzfristigkeit hinausschauen. Unser Motto als nachhaltiger Investor lautet: Ein Unternehmen wirtschaftet nachhaltig, wenn es die Bedürfnisse der eigenen Generation befriedigt, ohne dabei die Chancen künftiger Generationen einzuschränken. Nachhaltigkeit betrachten wir als das, was es ist: Ein branchenübergreifendes Wirtschaftsprinzip. Als Fondsmanager sind wir an steigenden Aktienkursen interessiert und erwarten entsprechend von den Unternehmen auch eine kontinuierliche Steigerung ihrer Gewinne. Diese beiden Parameter müssen in einem Anreizsystem zwingend berücksichtigt sein. DAS INVESTMENT.com: Was muss passieren, damit Industrie und Investoren noch stärker in Richtung Nachhaltigkeit gehen?

Mozer: Unser aktuelles Universum, in das wir investieren können, umfasst weltweit rund 250 Unternehmen. Dies zeigt bereits, dass es noch viel Spielraum nach oben gibt. Aber es entwickelt sich. Vor allem Themen wie Überwachung von Zulieferketten, Implementierung eines umfassenden Nachhaltigkeitsverständnisses oder Schaffung von fairen Arbeitsbedingungen bereiten uns speziell in den Emerging Markets bei vielen Kandidaten Kopfzerbrechen. Doch viele Unternehmen und Investoren haben die Zeichen der Zeit erkannt und rücken das Thema Nachhaltigkeit mehr und mehr in den Fokus. Sicherlich ist dies zu einem gewissen Teil Ereignissen wie der Atomkatastrophe in Fukushima (Tepco) oder dem Untergang der Ölbohrplattform Deepwater Horizon (BP) geschuldet.

Daneben gibt es aber auch viele weitere Themen, die diese Entwicklung hin zu mehr Nachhaltigkeit beeinflussen. Denken Sie beispielsweise an den Imageschaden, den ein Unternehmen durch die Wahl der falschen Zulieferer erleiden kann oder an die Verwendung schädlicher Substanzen bei der Produktion von Gütern. Apple wird zum Start des neuen iPhones heftig kritisiert, weil in einer Studie über eine Fabrik des Apple-Zulieferers Foxconn unmenschliche Arbeitsbedingungen aufgedeckt wurden. Und Mattel hatte große Probleme wegen der Verwendung giftiger beziehungsweise bleihaltiger Farben bei der Herstellung von Kinderspielzeug.

DAS INVESTMENT.com: Wie sieht bei Ökoworld die Verbindung von Ökologie und Ökonomie aus, von Asset Management und Sustainability Research?

Mozer: Wir gehen nach der Devise vor „das Beste aus zwei Welten“. Sustainability Research und Asset Management sind streng getrennt. Es gibt für beide Seiten keine Möglichkeit, in die Belange der jeweils anderen einzugreifen. Warum ist das wichtig? Die tiefgehende Analyse eines Unternehmens und des Unternehmensumfeldes hinsichtlich nachhaltiger Kriterien braucht sehr viel Zeit. Diese Zeit würde dem Fondsmanager beim Management der Fonds und bei der Finanzanalyse fehlen. Daneben ist sehr viel Spezialistenwissen erforderlich. Hier verlassen wir uns auf unsere Profis aus dem Nachhaltigkeitsresearch unter der Leitung von Karl-Heinz Brendgen. Auf der anderen Seite ist man als professioneller Fondsmanager immer an einer optimalen Rendite für den Kunden interessiert. Würden beide Bereiche in einer Person vereint sein, könnte es im Extremfall zu Interessenskonflikten kommen. Fazit: Weder ich oder ein Portfoliomanager aus meinem Team könnten jemals dem Reiz des Erdöls oder anderer umweltunverträglicher Aktien erliegen. DAS INVESTMENT.com: Welche nachhaltigen Bereiche sind aus Investorensicht derzeit am attraktivsten?

Mozer:
Wir haben zurzeit sehr viel Freude an Themen wie ökologisch erzeugte Nahrungsmittel und nachhaltigem Transport. Viele Unternehmen, die in diesen Bereichen gehandelt werden, haben sich in den vergangenen Monaten sehr gut entwickelt und konnten der Krise trotzen. Diese Aussage bezieht sich nicht nur auf die Performance der Aktienkurse, sondern auch auf die Geschäftsentwicklung. Der Trend hin zu gesunder Ernährung ist nach wie vor ungebrochen. Profiteure sind insbesondere Hersteller und Händler im Bereich Bio-Nahrung. Eine größere Position im Ökoworld Ökovision Classic (WKN: 974968) beispielsweise ist die Biomarkt-Kette Whole Foods Market. Das Unternehmen zeigt auf überzeugende Art und Weise, wie man einen großen, herkömmlichen Discounter wie Walmart outperformed. Seit August 2008 hat die Whole-Foods-Aktie ein Plus von rund 167 Prozent erzielt, während Walmart 5,44 Prozent verlor. Der Gewinn von Whole Foods Market ist im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres um 35 Prozent gestiegen. Mit einem Gewinn von 0,50 Dollar pro Aktie übertraf das Unternehmen die Schätzungen der Analysten um 2 Cent. Laut Managements sollen in 2011 insgesamt 18 neue Filialen eröffnet werden. Whole Foods Market zählt zudem zu den führenden Konzernen, die ihren Energiebedarf aus erneuerbaren Energien beziehen. Dabei setzt die Unternehmensführung zu 100 Prozent auf Windenergie.
Beim nachhaltigen Transport setzen wir einerseits durch Investitionen in Bahn-Unternehmen auf das Thema Schiene andererseits auch auf Unternehmen, die sich auf den Megatrend Elektromobilität konzentrieren. Der Ökoworld Ökovision Classic investiert unter anderem in das Thema “Green Railroad”. Ein Beispiel: Die Aktie von Union Pacific hat in den vergangenen fünf Jahren um 132 Prozent zugelegt, während der Frachtführer UPS 10 Prozent verlor. Nach Angaben von Union Pacific hat sich die Kraftstoffeffizienz der Bahn in den USA seit 1980 um 106 Prozent verbessert und ist viermal so effizient wie die von LKW. Der Frachtweg Schiene senkt im Vergleich zur Straße den Schadstoffausstoß im Schnitt um 75 Prozent. Ein Wechsel von nur 10 Prozent der US-Langstreckenfracht auf das umweltverträglichere Gleis könnte zu einer Treibstoffersparnis pro Jahr von rund 3,8 Milliarden Litern führen. Dadurch würde die Treibhausemission um 12 Millionen Tonnen sinken. Ein einziger Güterzug kann die Ladung von 280 LKW transportieren.

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