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Aktualisiert am 22.11.2010 - 10:32 Uhrin MärkteLesedauer: 6 Minuten

Oliver Stone: „Mit der Wall Street geht es bergab“

DAS INVESTMENT.com: Wie viele Fragen zum Thema Gier haben Sie in den vergangenen Wochen beantwortet?

Oliver Stone: Oh, das waren schon einige. Vielleicht 150.

DAS INVESTMENT.com: Dann kommt jetzt wieder eine, die Sie aber kennen dürften. Ist Gier gut?

Stone: Nein. Sie ist legal, aber nicht gut. Auf Kosten der Gesellschaft eine Menge Geld zu machen ist nie eine gute Idee. Aber das dürfen Menschen seit Jahrzehnten.

DAS INVESTMENT.com: Ist Gier nicht nötig, damit sich die Menschheit weiter entwickelt?
Stone: Nennen Sie diese Triebfeder Gier, wenn Sie wollen. Ich würde es eher Wirtschaftlichkeit nennen. Kein Gewinn ohne Produktion. Profit treibt dich an. Und Kapitalismus ist der flexible Markt. Er macht es möglich, dass Menschen viel Geld verdienen können. Aber ebenso muss der Markt so reguliert werden, dass die breite Gesellschaft von ihm profitieren kann.

DAS INVESTMENT.com: Die US-Regierung unter Barack Obama will die Finanzmärkte stärker regulieren.

Stone: Das ist ein edles Anliegen, und einige Ansätze sind wirklich gut. Wir müssen aber abwarten, wie das nun umgesetzt wird. Es ist ein ziemlich umfassendes Gesetz mit 3.000 Seiten Text oder mehr. Und viele Juristen suchen bereits nach Schlupflöchern für ihre eigenen Ziele.

DAS INVESTMENT.com: Sind Sie mit dem Gesetz zufrieden?

Stone: Nein, ich glaube, es wird nicht ausreichen. Unser ganzes System hat ein paar große Probleme.

DAS INVESTMENT.com: Was würden Sie ändern?

Stone: Ich würde Staatsgelder für den Hypothekenmarkt verwenden. Ich würde die staatlichen Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac stützen. Da klaffen riesige Finanzlöcher, und niemand weiß, wo der Boden ist. Aber ich gebe zu, ich bin kein Experte.

DAS INVESTMENT.com: Nach ‚Wall Street 1’ wollten plötzlich viele junge Männer Investmentbanker werden, obwohl Gekko der Böse ist. Erwarten Sie von der Fortsetzung einen ähnlichen Effekt?

Stone: Nicht in dieser Art. Ich glaube, mit der Wall Street geht es irgendwie bergab. Es war während der Reagan-Ära sehr populär, dort zu arbeiten. Anschließend hatten wir 25 Jahre mit stetig wachsenden Profiten, Gehältern aber auch immer höheren Risiken. Seit der Krise sehen es die Menschen deutlich kritischer, wenn Banker riesige Gewinne machen und Boni aus Staatsgeldern kassieren, mit denen sie gerettet wurden. Wenn die Wall Street sich wenigstens als Institution bewährt hätte, die der Wirtschaft Kraft verleiht und für Arbeitsplätze sorgt. Dann würden die Menschen positiv über sie reden. Aber nun sind sie sehr verärgert. Es hat sich ein Groll gegen Banker entwickelt.

DAS INVESTMENT.com: Mögen Sie Sozialismus lieber?