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„Es geht nicht nur um das Thema Geldmarktersatz“

DAS INVESTMENT.com: Sind Sie mit den Gesetzesvorschlägen, die innerhalb der Branche für das Problem der mangelnden Liquidität von Immobilienfonds entwickelt wurden, zufrieden?
Seip: Die Lösung, Privatanleger und Institutionelle konsequent zu trennen, halte ich für einen großen Schritt, der vielen Gesellschaften nicht leicht gefallen ist. Er war aber notwendig, und er öffnet dem Produkt offene Immobilienfonds eine sehr gute Perspektive. DAS INVESTMENT.com: Aber hätte die Branche diesen Schritt nicht schon viel früher gehen müssen? Das Problem, dass immer mehr Institutionelle offene Immobilienfonds als Geldmarktersatz nutzen, ist seit Jahren bekannt und hat bereits 2006 zu einer ernsten Krise geführt („Ich denke nicht, dass man gleich von einer Krise sprechen sollte“).
Seip: Dabei ging es nicht nur um das Thema Geldmarktersatz. Offene Immobilienfonds haben in den vergangenen Jahren ein besseres Rendite–Risiko–Profil gezeigt als Rentenfonds. Da ist es doch nachvollziehbar, dass viele Dachfondsmanager dort investiert haben. Wenn deren Kunden dann in einer Krisensituation hohe Beträge abziehen, werden die Manager dort Vermögensgegenstände realisieren, wo sie das ohne Kursverluste schnell und liquide tun können. Das haben wir erlebt, und die Lehren daraus ziehen wir jetzt. Insoweit soll es künftig zum Schutz der normalen Privatanleger nur noch unter anderen Bedingungen möglich sein, dass ein Dachfonds in offene Publikumsimmobilienfonds investiert. Dabei sollte der Dachfonds-Manager offene Immobilienfonds als Basisinvestment sehen, das er mindestens zwölf Monate halten muss. DAS INVESTMENT.com: Was hat das für Auswirkungen auf reine Immobiliendachfonds? Können diese in ihrer jetzigen Konstruktion überhaupt weiterbestehen (Offene Immobilienfonds nicht mehr krisensicher)?
Seip: Ja, aber das Management wird schwieriger. Deswegen wäre es sehr sinnvoll, wenn diese Fonds sich von der Fristentransformation her ein Stück weit anpassen und keine tägliche Verfügbarkeit mehr anbieten. Denkbar wäre hier zum Beispiel, gestaffelte Rückgabebeträge einzuführen. DAS INVESTMENT.com: Hat der Gesetzgeber bereits signalisiert, ob er Ihre Vorschläge aufgreifen will?
Seip: Wir sprechen gerade mit den zuständigen Stellen. Das wird aber nicht einfacher dadurch, dass der Gesetzgebungsprozess jetzt wegen der Vorbereitung auf den Bundestagswahlkampf so langsam zum Stillstand kommt. Da besteht schon eine gewisse Unwilligkeit, sich noch neue Themen an Bord zu holen. Es ist also schwieriger, als es zum Beispiel vor einem Jahr gewesen wäre. Aber wir wollen dafür Überzeugungsarbeit leisten. Je früher das Paket umgesetzt wird, desto besser. DAS INVESTMENT.com: Was ist mit dem Thema Auszahlpläne, wo es einigen Ärger mit der BaFin gab (BaFin verbietet Immobilienfonds-Auszahlungen)?
Seip: Das Thema ist insoweit erledigt, als die BaFin gesagt hat, Auszahlpläne von vorübergehend eingefrorenen Immobilienfonds dürfen nicht weiter bedient werden – gestützt auf eine Auslegung des Gesetzes, die wir so nicht teilen. Zwar hat das Verwaltungsgericht Frankfurt der BaFin im Ergebnis recht gegeben, allerdings in der Argumentation überhaupt nicht. Die Richter meinten, anders als die Bafin, dass es sehr wohl möglich ist zu differenzieren und bei einer Aussetzung der Rücknahme Aufträge in einer bestimmten Größenordnung trotzdem noch zu bedienen. DAS INVESTMENT.com: Sie sehen also gute Chancen, dass betroffene Fonds künftig wie von Ihnen vorgeschlagen bis zu 3.000 Euro pro Monat auszahlen können?
Seip: Ich sehe keinen Grund, warum dieser Vorschlag nicht in das Investmentgesetz aufgenommen werden sollte. Jeder kann ja nachvollziehen, dass es im Interesse der Anleger sinnvoll ist, eine gewisse Sicherheit bei Auszahlplänen zu haben, und wenn das von vornherein klar ist, dann kann sich jeder der Anleger überlegen, ob er diesen besonderen Schutz will und einen Auszahlplan abschließt. Immerhin gibt es auch noch den Vorbehalt, dass die Bewirtschaftung des Fonds nicht gefährdet werden darf. Aber das stand ja im zugrunde liegenden Fall überhaupt nicht zur Debatte. Deshalb finde ich es ungeachtet rechtlicher Überlegungen nach wie vor nicht opportun, die monatliche Auszahlung von 300 oder 500 Euro zu untersagen. Eine etwas flexiblere Haltung der BaFin hätte uns allen viel Ärger erspart. BVI–Hauptgeschäftsführer Stefan Seip über...
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