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Hannes Zipfel: „Gold hat einen Zins und der ist aktuell knapp zweistellig“

Gold-Experte Hannes Zipfel
Gold-Experte Hannes Zipfel
DAS INVESTMENT.com: Welche Trends beobachten Sie gerade am Goldmarkt?

Hannes Zipfel: Bei dem starken Kursrutsch an den Edelmetallmärkten im April handelte es sich zunächst um ein reines Terminmarkt-Phänomen – mit realem Goldhandel hatte das nichts mehr zu tun. Die Manipulation über Papiergoldkontrakte sowie die dahinter stehende Motivation waren derart offensichtlich, dass ein negativer Einfluss auf die physische Nachfrage nach Gold ausgeblieben ist.

Ganz im Gegenteil: Privatanleger und institutionelle Investoren nutzten das ermäßigte Preisniveau für massive Käufe. Denn an den Gründen für den Umtausch von US-Dollar, Euro, Yen oder Pfund in die Edelmetallwährungen Gold und Silber hat sich nichts geändert. Gold und Silber dienen seit über 5.000 Jahren als sichere Vermögensspeicher. Sie schwanken im Preis, sind aber nicht wie der Euro in ihrer Existenz bedroht.

Dennoch hatte der Preiseinbruch auch Auswirkungen auf das physische Angebot. Speziell westliche Portfoliomanager haben sich von ETF-Anteilen getrennt, die mit Metall hinterlegt sind. Im Zuge dessen kamen zuletzt vermehrt physische Goldbestände auf den Markt, die allerdings von der explodierenden Nachfrage aus Indien und China ausgeglichen wurden.

DAS INVESTMENT.com: Nach dem April-Preisrutsch könnte man meinen, dass insbesondere institutionelle Anleger den Preistrend beim Gold bestimmen. Ist es für Sie wichtig, deren Investitionsverhalten besonders im Blick zu haben?

Zipfel: In der Tat ist der Einfluss großer Kapitalsammelstellen auf den Goldpreis in den vergangenen Jahren gestiegen. Der Hauptgrund dafür ist die steigende Zahl von Investmentvehikeln, die es institutionellen Investoren ermöglichen, in physische Edelmetalle zu investieren. Daher achten wir bei der Analyse der Angebots- und Nachfrage-Balance auch auf die großen Kapitalsammelstellen, wie zum Beispiel den SPDR Gold ETF. Da Portfolioinvestoren erfahrungsgemäß prozyklisch agieren, finden hier momentan erwartungsgemäß stärkere Verkäufe statt.

DAS INVESTMENT.com: Wird der Goldpreis sich dieses Jahr noch erholen?

Zipfel: Ja, definitiv. Wir gehen davon aus, dass die Kurse mit Beginn der saisonal starken Phase ab dem Spätsommer bis Jahresende deutlich anziehen werden. Dies entspräche der typischen Preissaisonalität. Auslöser ist hier speziell der zum dritten Quartal hin steigende Bedarf der Schmuckindustrie. Ihre Einkäufer wappnen sich für die verstärkte Nachfrage ausgelöst von weltweiten Feierlichkeiten, wie zum Beispiel der indischen Hochzeitssaison. Die Schmuckindustrie hat im Jahr 2012 1.885 Tonnen Gold nachgefragt. Das sind immerhin 42 Prozent der jährlichen weltweiten Gesamtnachfrage.

DAS INVESTMENT.com: Welche „Game Changer“ könnten künftig den Goldpreis maßgeblich beeinflussen? Sind es die Zentralbanken, die zunehmend aufkaufen?

Zipfel: Es gibt eine ganze Reihe potenzieller Game Changer. Zum Beispiel eine offene Inflation in den westlichen Volkswirtschaften wie in den Siebzigerjahren oder das Auseinanderbrechen der Eurozone. Die wichtigste Veränderung findet jedoch bereits von den meisten unbemerkt statt. Die Zentralbanken haben im vergangenen Jahr weltweit so viel Gold angehäuft wie seit 64 Jahren nicht mehr. Im Jahr 2012 waren dies 536 Tonnen, 18,9 Prozent der gesamten Goldförderung.

DAS INVESTMENT.com: Was sollte man derzeit kaufen: Goldaktien oder doch lieber den Barren?

Zipfel: Das hängt ganz vom Anlegertypus ab. Wer aus dem klassischen Motiv Vermögensschutz in Edelmetalle investiert, ist mit physischem Metall sehr gut beraten. Wer hingegen eher spekulative Interessen verfolgt, findet aktuell sehr günstig bewertete Minengesellschaften.

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