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Solvency II: Raus aus dem Risiko

Ab 2013 wird neu gerechnet. Dann treten die neuen Kapitalvorschriften von Solvency II in Kraft, die Pleiten von Versicherern verhindern sollen. Je mehr Risiken sie eingehen, desto mehr Eigenkapital müssen die Gesellschaften künftig vorhalten.

Konkret: Wer in Aktien investiert, muss einen größeren Puffer in Reserve haben als Käufer festverzinslicher Papiere bester Qualität. Nach bisherigem Stand müssten Versicherer für Aktien aus der Europäischen Union und dem OECD-Raum zusätzlich zum eigentlichen Anlagebetrag 39 Prozent an Risikokapital parat haben.

Bei Aktien aus Schwellenländern, Hedgefonds-, Private-Equity- oder Rohstoffinvestments sind es bis zu 49 Prozent. Für Immobilien liegt die Unterlegungsquote bei 25 Prozent. Bei Unternehmensanleihen schwanken die Werte stark. Eine Analyse der LBBW hat für eine Duration von 4,5 Jahren – die Duration ist der durchschnittliche Zeitraum, bis der Anleger sein Geld zurückbekommt – einen Bedarf von 4,5 Prozent bei Anleihen bester Bonität und 75,9 Prozent bei Ramschanleihen ergeben.

Kaum Risiko, kaum Rendite

Die Folge: „Würden die bisher vorliegenden Vorschläge umgesetzt, hätte das eine weitere Risikosenkung in den Kapitalanlagen der Versicherer zur Folge“, sagt Tim Ockenga, Lebensversicherungsanalyst bei Fitch Ratings. Gepaart mit den niedrigen Zinsen für Staatsanleihen bester Qualität, wären die Auswirkungen auf die Renditen klassischer Lebensversicherungen schon fast katastrophal.

Zumindest bei kleinen Versicherern, die sich die teuren Eigenkapitalquoten bei Ausflügen in riskantere Papiere nicht leisten können. „Kapitalschwächere und kleinere Unternehmen werden es schwer haben, ihren Kunden weiterhin attraktive Konditionen zu bieten“, sagt Versicherungsexperte Lukas Ziewer von der Unternehmensberatung Oliver Wyman. „Daher bin ich mir sicher, dass es zu einem Zusammenschluss einiger Anbieter kommen wird.“

Solvency II hat zum anderen Konsequenzen für das Produktangebot der Versicherer. Denn auch langfristige Garantien gelten danach als Risiko. Eine klassische Lebensversicherung mit einer Laufzeit von 40 Jahren und einem garantierten Zins über diese Zeit ist teuer für den Anbieter. Will er seine Kosten drücken, muss er sich rückversichern, die Garantie reduzieren oder den Preis anheben.

Oder er gibt das Risiko – wie bei einer Fondspolice – zum großen Teil an den Kunden ab. Denn bei fondsgebundenen Versicherungen sind die Gesellschaften nicht für die Kapitalanlage zuständig, der Kunde trifft die Anlageentscheidung und bestimmt damit sein späteres Vermögen. Ziewer: „Ich erwarte ein starkes Geschäft mit fondsgebundenen Versicherungen. Auch Variable Annuities von führenden Anbietern – also fondsgebundene Versicherungen mit bestimmten Garantien – werden sich immer mehr als Alternative etablieren.“

Goldene Zukunft für Fondspolicen

Niedrigzinsen, Solvency II – die Aussichten für die fondsgebundene Versicherung sind gut. Und die Anbieter scheinen darauf ganz gut vorbereitet zu sein, auf beiden Seiten. Fondsgesellschaften haben das Potenzial der Altersvorsorge für ihr Geschäft erkannt. So bescheinigte etwa Schroders-Deutschland-Chef Achim Küssner dem Vertrieb über Versicherungen zuletzt eine stark wachsende Bedeutung.

Und auch Goldman Sachs Asset Management wechselt die Seite vom Vermögensverwalter für Versicherer zum Fondszulieferer für Policen. Die Versicherer wiederum bauen ihre Fondspaletten stetig aus, etwa mit Absolute-Return- oder Multi-Asset- Produkten für ein gewisses Maß an Sicherheit oder mit Zukunftsthemen wie Emerging Markets für den Renditekick. Damit das mit dem Lückenschließen im Alter auch funktioniert.
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