Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater
Ist das Goldlöckchen-Szenario zurück?

Ulrich Kater ist Chefvolkswirt der Dekabank. Foto: Dekabank
Noch ist das Beben, das Corona an den Finanzmärkten ausgelöst hat, nicht vorbei. Die Lage könnte sich aber bald beruhigen. Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater gibt einen Überblick über aktuelle Konjunkturindikatoren.
Sommerzeit, Sorglos-Zeit: Die Corona-Inzidenz liegt auf extrem niedrigen Niveau, eine Debatte über die Bedeutung der dieser bislang zentralen Corona-Zahl hat begonnen. Wenn die Wahrscheinlichkeit für schwere Verläufe mit Krankenhausaufenthalt deutlich zurückgeht, steht die Anzahl der Corona-Erkrankungen nicht mehr so sehr im Mittelpunkt. Weiterhin spricht vieles dafür, dass die Beschränkungen für die Wirtschaft mit der nächsten Corona-Welle im Herbst nicht mehr mit den bisherigen vergleichbar sein werden. Am stärksten von wirtschaftlichen Einschränkungen gefährdet sind weiterhin die Dienstleister.
USA: Produktion läuft, Arbeitsmarkt noch nicht
Wie geht es der Wirtschaft, nachdem (hoffentlich) coronamäßig das Schlimmste überstanden ist? Die Konjunkturdaten sind weiterhin wenig aussagefähig, weil sich das Wirtschaftsgeschehen erst sehr langsam wieder normalisiert. In den USA ist eine zunehmende Diskrepanz zwischen Wirtschaftsaktivität und Beschäftigung festzustellen. Während die Produktion eine V-förmige Erholung nach den Einbrüchen im vergangenen Jahr aufweist, bleibt die Beschäftigung dahinter zurück. Zwar hatten die Arbeitsmarktzahlen für den Juni mit mehr als 870.000 neuen Jobs die Erwartungen übertroffen. Um mit der gesamten Wirtschaft mithalten zu können, hätte der Beschäftigungszuwachs allerdings bei etwa 1,7 Millionen Arbeitsstellen liegen müssen.
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Sommerzeit, Sorglos-Zeit: Die Corona-Inzidenz liegt auf extrem niedrigen Niveau, eine Debatte über die Bedeutung der dieser bislang zentralen Corona-Zahl hat begonnen. Wenn die Wahrscheinlichkeit für schwere Verläufe mit Krankenhausaufenthalt deutlich zurückgeht, steht die Anzahl der Corona-Erkrankungen nicht mehr so sehr im Mittelpunkt. Weiterhin spricht vieles dafür, dass die Beschränkungen für die Wirtschaft mit der nächsten Corona-Welle im Herbst nicht mehr mit den bisherigen vergleichbar sein werden. Am stärksten von wirtschaftlichen Einschränkungen gefährdet sind weiterhin die Dienstleister.
USA: Produktion läuft, Arbeitsmarkt noch nicht
Wie geht es der Wirtschaft, nachdem (hoffentlich) coronamäßig das Schlimmste überstanden ist? Die Konjunkturdaten sind weiterhin wenig aussagefähig, weil sich das Wirtschaftsgeschehen erst sehr langsam wieder normalisiert. In den USA ist eine zunehmende Diskrepanz zwischen Wirtschaftsaktivität und Beschäftigung festzustellen. Während die Produktion eine V-förmige Erholung nach den Einbrüchen im vergangenen Jahr aufweist, bleibt die Beschäftigung dahinter zurück. Zwar hatten die Arbeitsmarktzahlen für den Juni mit mehr als 870.000 neuen Jobs die Erwartungen übertroffen. Um mit der gesamten Wirtschaft mithalten zu können, hätte der Beschäftigungszuwachs allerdings bei etwa 1,7 Millionen Arbeitsstellen liegen müssen.
Es liegt auf der Hand, dass bislang eher die hoch produktiven Jobs in den Industrie- und Dienstleistungssektoren wieder aufgenommen worden sind. Die vielen Teilzeitjobs im Gastronomie- und Freizeitbereich sind noch nicht wieder aufgefüllt. Eine Arbeitslosenquote von knapp 6 Prozent sind zwar keine Katastrophe, zeigen aber, dass noch ein gutes Stück des Weges zur Normalität am US-Arbeitsmarkt zu absolvieren ist. Es deutet auch darauf hin, dass am Finanzmarkt die jüngsten Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt etwas zu euphorisch aufgenommen worden sind. Die eine oder andere Abwärtsrevision in den kommenden Monaten sollte nicht überraschen. Das gilt auch für die Preisentwicklung.
Einige Konsumentenpreise sind vor dem Hintergrund von Knappheiten in einzelnen Sektoren weit davon gelaufen. Sollten sich die Produktionsprozesse in den kommenden Quartalen wieder langsam einruckeln, könnten diese Preise auch wieder sinken und damit die Inflationshysterie der ersten Jahreshälfte wieder empfindlich dämpfen. Dass nun die US-Notenbank schneller und stärker straffen müsse, um die Inflation einzudämmen, ist jedenfalls alles andere als sicher.
2022: Auflösung des Produktionsstaus in Europa
Die Konjunkturerholung im Euroraum ist im Vergleich zur US-amerikanischen bislang weniger stürmisch ausgefallen. Auch hier ist der Blick aufwärts gerichtet. Für einige Euro-Mitgliedstaaten fehlt nicht mehr viel an der V-förmigen Erholung. Die jüngsten Konjunkturumfragen bei den Einkäufern weisen für Spanien ein Zwanzig-Jahreshoch auf, für Deutschland immerhin ein Zehn-Jahreshoch. Dies deutet auf die Nachholeffekte bei der Nachfrage hin, die schon jetzt zu rekordhohen Auftragsbeständen in den Unternehmen führen. Das reicht aus für konjunkturelle Impulse bis weit ins kommende Jahr hinein. Knappheiten und Engpässe behindern auch in Europa die Produktion, aber auch hier rechnen die Unternehmen spätestens im Verlauf des kommenden Jahres mit einer Auflösung der Produktionsstaus.
Wieder Goldilocks-Periode an den Aktienmärkten?
Schnelle Produktionssteigerungen, nachlassender Handlungsdruck auf die Geldpolitik: Es könnte eine Goldilocks-Periode an den Aktienmärkten anbrechen. Wie lange eine solche Phase dann anhalten kann, hängt von den Makrotrends nach der Corona-Pandemie ab. Aber einige Jahre mit moderatem Grundwachstum bei niedrigen Zinsen ist durchaus vorstellbar, bevor demografische Entwicklungen das Wachstum einholen könnte. Ob es dazu kommt, ist erst absehbar, wenn sich der Datenstaub gelegt hat, den die Corona-Katastrophe aufgewirbelt hat. Das wird erst im nächsten oder auch erste im übernächsten Jahr der Fall sein. Bis dahin werden sich die Märkte noch von mancher Kurzzeit-Geschichte durchrütteln lassen müssen.
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