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Anleger interessieren sich weniger für Mischfonds – die Begründung ist vielschichtig
Dass der Finanzmarkt und seine Produkte schnelllebig sein können, dürfte den meisten Enthusiasten der Geldanlage nicht erst in den vergangenen Jahren aufgefallen sein. Ein prominentes Fallbeispiel scheinen wir dieser Tage am deutschen Fondsmarkt zu Gesicht zu bekommen. Es geht um Mischfonds.
Mischfonds erfreuten sich über Jahre hinweg wachsender Beliebtheit wegen ihrer, im Vergleich zu den als risikoreich eingestuften Aktienfonds, breiteren Diversifikation und dementsprechend geringeren Schwankungen. Für deutsche Anleger, die als überwiegend weniger risikofreudig bekannt sind, boten sie eine gute Alternative. Gerade dann, wenn es an der Börse turbulenter zuging.
Gar nicht so lange ist es her, dass der Fondsverband BVI über die Fortsetzung des Erfolges von Mischfonds während der Corona-Krise sprach. Auch im Jahr 2022 lagen die Netto-Mittelzuflüsse in diesen Produkten über denen anderer Publikumsfonds. Ein neues Bild zeichnen nun die Daten der groß angelegten Analyse des Maklerpools Fondsnet. Danach scheint spätestens seit Beginn des Jahres 2023 der Hype um Mischfonds gebrochen.
Die Bestände gehen zurück
Seit Ende 2022 lassen sich bei Mischfonds rückläufige Bestände beobachten. Und das, obwohl die Kapitalmärkte nicht unbedingt risikoärmer erscheinen als in den Jahren zuvor. Die Grafik „Trendumkehr bei Mischfonds?“ illustriert die Entwicklung der Netto-Mittelzuflüsse bei Mischfonds im Bestand der Fondsnet-Vermittler.
Eine Entwicklung, die vermutlich von vielen Anlegern ausgelöst wurde. Denn der Anteil von Mischfonds in den Depots der Fondsnet-Vermittler ist hoch. Die Grafik „Die Top-10 Mischfonds“ gibt einen Überblick über die zehn Mischfonds mit den größten Beständen bei Fondsnet-Vermittlern. Auffällig ist dabei der große Anteil einiger weniger Produkte. So entfallen gut ein Viertel aller Mischfondsbestände auf gerade einmal zwei Publikumsfonds: den Flossbach von Storch Multiple Opportunities und den Acatis Value Event Fonds.
Insgesamt haben die Anleger der Fondsnet-Analyse knapp ein Drittel ihres Depotwertes in Mischfonds investiert. Doch die Bestände sind rückläufig. Schon in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 begann sich eine immer schwächer werdende Nachfrage bemerkbar zu machen.
Die Gründe sind vielschichtig
Bei der Frage nach dem Warum halten die demografischen Daten von Fondsnet eine Überraschung bereit. Eine alternde Bevölkerung müsste eigentlich weniger gewillt sein, Risiken am Aktienmarkt einzugehen und daher vermehrt auf Misch-, Renten-, Immobilien- oder Geldmarktfonds setzen.
Das stimmt grundsätzlich auch. Interessanterweise finden wir aber bei den heute zwischen 60 bis 69 Jahre alten Anlegern eine höhere Aktienquote als noch im Jahr 2018 oder gar im Jahr 2013. Die Grafik „Mehr Risiko, unabhängig vom Alter“ zeigt, dass die Risikofreude über die Jahre bei verschiedenen Altersgruppen zugenommen hat. Wer tiefer in die soziodemografischen Aspekte der Fondsnet-Analyse einsteigen will, findet viel Wissenswertes im Beitrag der vergangenen Woche: In welchen Landkreisen die jüngsten Vermittler leben – und wo die ältesten.
Vermutlich haben viele Berater zudem ein gutes Händchen bei der Produktauswahl bewiesen und in Jahren steigender Aktienkurse ihren Kunden vermehrt Aktienfonds empfohlen. Auch im Jahr 2021 liefen Aktien bemerkenswert gut, so dass eine geringere Nutzung von Mischfonds den Kunden durchaus erfreuliche Ergebnisse hätte bringen können. Die Gründe für die Entwicklung bei Mischfonds sind also sicher multifaktoriell. Und ein wichtiger Faktor dürfte die Performance sein.
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Welche Rolle die Performance spielen könnte
Beginnen wir im Jahr 2020. Da brachten die fünf größten Mischfonds aus der Fondsnet-Analyse ihren Anlegern eine Wertentwicklung zwischen +4,0 und +13,3 Prozent. Doch schon während des Covid-19-Crashs lagen einige dieser Fonds deutlich im Minus. Trotzdem: Temporäre Kursverluste hielten sich in Grenzen und das Ergebnis zum Jahresende konnte sich sehen lassen. Zum Vergleich: Ein ETF auf den MSCI World Index schloss das Jahr 2020 mit einem Plus von 4,6 Prozent. Ein guter Proxy für den Aktienmarkt, wobei die Renditen verschiedener Aktienfonds mitunter deutlich höher ausfielen.
2021 war dann ein Jahr der Aktien. Die fünf Mischfonds brachten Renditen zwischen -0,4 Prozent und +13,8 Prozent. Das ist zwar ordentlich. Schien aber angesichts eines Aktienmarktes, der gemessen an einem MSCI World Index ETF +32,8 Prozent aufs Parkett legen konnte, nicht unbedingt erfreulich. Kein Problem für risikoaverse Anleger, könnte man denken. Zumindest dann, wenn die Produkte in schwierigen Marktphasen ein höheres Maß an Stabilität bieten können, oder?
Das bringt uns zum Jahr 2022, in dem sich der Finanzwelt ein Umfeld an Herausforderungen bot, das selbst für gestandene Fondsmanager ein Unikum gewesen sein dürfte. Die Renditen der fünf Mischfonds lagen im Jahr 2022 zwischen -8,7 Prozent und -16,7 Prozent. Der ETF auf den MSCI World Index verlor -13,1 Prozent. Wo liegt der Unterschied, mögen sich sowohl Berater als auch Anleger gefragt haben, wenn Mischfonds ähnlich stark verlieren wie Aktienfonds.
Genau hier dürfte einer der Hauptgründe für die sinkende Beliebtheit von Mischfonds im Allgemeinen liegen. Die Grafik „Abgehängt vom MSCI World“ zeigt vor diesem Hintergrund die Wertentwicklung der fünf Mischfonds neben der Wertentwicklung eines iShares MSCI World ETF von Januar 2020 bis Dezember 2023. Um die Grafik übersichtlich zu halten, wurde ein simpler Aktien-ETF auf den MSCI World als repräsentativer Proxy für Aktienfonds gewählt.
Zusammengefasst: Die im Jahr 2021 leicht angezogene Handbremse, charakterisiert durch ein geringeres Engagement am Aktienmarkt, verhinderte zunächst größere Gewinne für Mischfonds. Die Verluste des Aktienmarktes im Jahr 2022 wiederum konnten nicht wirklich abgefedert werden. Eine echte Herausforderung für Fondsmanager, Berater und Anleger.
Auf die einige durchaus reagiert haben. Mit dem Fondsmanager Bert Flossbach zeigt ein prominentes Beispiel, dass Mischfonds durchaus in der Lage sind, mit den Herausforderungen der heutigen Zeit umzugehen. So hatte der Fondsmanager bereits früh vor den Risiken des Anleihemarktes gewarnt und entsprechende Maßnahmen in seinen Fonds ergriffen. Zum Hintergrund: Anleihen erlebten im Jahr 2022 eines der historisch schlechtesten Jahre und waren so einer der Hauptgründe für niedrige Renditen in Misch- und Rentenfonds.
Herausforderungen für Berater und Fondsmanager
Sehen Berater in den Entwicklungen der vergangenen Jahre einen Paradigmenwechsel? Haben Mischfonds durch das Umfeld strukturell höherer Inflationsraten und anhaltend hoher Zinsen an Potenzial eingebüßt, Anleger bei der Erreichung ihrer finanziellen Ziele zu unterstützen? In ein paar Jahren sind wir schlauer.
Für den Moment dürfen wir festhalten, dass Mischfonds zumindest bei den Anlegern etwas aus der Mode gekommen sind. Nicht wenige Berater werden sich Fragen nach der Sinnhaftigkeit von Mischfonds von ihren Kunden gefallen lassen müssen. Eine echte Herausforderung.
Doch wer weiß, womöglich bietet das weiterhin volatile Umfeld aus Börsenrally und wieder attraktiv gewordenen Anleihen genau jene Mixtur, die ein aktiver Mischfonds braucht, um 2024 den plötzlichen Liebesentzug der Deutschen abzuschütteln.