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Italien vor der Europawahl Es bröckelt in der Parteienlandschaft

Mit Blick auf das BIP-Wachstum gehen die Basisprognosen für 2019 von einem Wachstum von 0,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr aus, während die italienische Regierung für 2019 auf ein Wachstum von 0,2 Prozent hofft. Volkswirte erwarten, dass sich das italienische Wachstum im zweiten Halbjahr 2019 belebt und ab 2020 weiter zulegen kann.

Um die Wirtschaft nach Möglichkeit zu stimulieren, nimmt Italiens Regierung 2019 ein höheres Haushaltsdefizit in Kauf. Es soll von 2,0 auf 2,4 Prozent des BIP ansteigen, um dann bis 2022 schrittweise auf 1,5 Prozent zu sinken. Sollte es der italienischen Regierung gelingen, an ihren neuen Defizit- und Schuldenzielen festzuhalten, dürfte es vorerst keine neue Konfrontation mit der EU geben.

Regierung erwartet Rückgang der Schuldenquote auf 128,9 Prozent

Auch beim Blick auf die Schuldenquote bleibt zunächst alles im moderaten Rahmen: Es wird erwartet, dass die Schuldenquote von 132,2 Prozent im Jahr 2018 minimal auf 132,6 Prozent im Jahr 2019 ansteigen wird; was auf eine Kombination aus verschlechterten Wachstumsaussichten, einen Rückgang des Primärüberschusses und ein steigendes Haushaltsdefizit zurückzuführen ist. Italiens Regierung erwartet jedoch, dass die Schuldenquote in den kommenden Jahren zurückgehen wird, das Ziel von 128,9 Prozent für 2022 scheint für die Regierung erreichbar.

Aussagen über die mittelfristige Schuldenentwicklung bleiben allerdings riskant – die derzeitigen Prognosen hängen vom Erfolg eines ehrgeizigen Privatisierungsprogramms sowie von weiteren Pauschalreformen der Regierung ab, bei denen noch keine Klarheit darüber herrscht, wie diese finanziert werden sollen.

Immerhin scheinen sich die Fundamentaldaten italienischer Banken zu verbessern, der Sektor ist aber immer noch mit Unsicherheiten behaftet. Auf der fundamentalen Seite konzentrieren sich die italienischen Banken auf Risikoreduzierung und Kostensenkung, um eine Konsolidierung im Inland zu erreichen. Die Rentabilität der Banken, insbesondere im Hinblick auf die Zinsmargen, steht nach wie vor unter Druck, was der Hauptgrund für die niedrigere Bewertung des italienischen und des europäischen Bankensektors ist.

Beginn der Europawahlen ist Ursache für politische Spannungen

Einen Monat vor den Europawahlen unterliegen beide Parteien in der Regierungskoalition ernsten Spannungen. Die Einleitung einer Korruptionsuntersuchung gegen den Staatssekretär Armando Siri (Wirtschaftsberater des Innenministers und stellvertretenden Ministerpräsidenten Italiens Matteo Salvini) erzürnt die Wähler. Das Lega-Parteimitglied Siri wird beschuldigt, Bestechungsgelder angenommen zu haben, und wurde von seinem zuständigen Minister Danilo Toninelli, Mitglied der 5-Sterne-Bewegung (M5S), vom Amt suspendiert.

Der Zeitpunkt der Aufdeckung der Korruptionsaffäre kommt nicht von ungefähr: Im Zuge der Kommunalwahlen in den vergangenen Monaten hat die Lega erhebliche Fortschritte gemacht – während M5S einen dramatischen Einbruch in der Wählergunst hinnehmen musste. Diese Verschiebung spiegeln auch die jüngsten Prognosen für die Europawahl: 31 bis 32 Prozent der Wähler dürften für die Lega stimmen, gegenüber 21 bis 22 Prozent für die M5S. Diese Prognosen sind weit entfernt von den Ergebnissen der Parlamentswahlen 2018: Die M5S gewann fast 33 Prozent der Stimmen, und die Lega (die zusammen mit mehreren anderen rechten Gruppen, darunter Forza Italia auftrat) holte 17 Prozent der Stimmen. Inzwischen hat sich das Kräfteverhältnis zwischen den beiden Parteien vollständig umgekehrt. Auf nationaler Ebene regiert die Lega mit der M5S, während Forza Italia (FI) und die kleinen Koalitionsparteien die Opposition bilden. Auf lokaler Ebene hingegen hat die FI-Lega-Koalition zuletzt sechs von sieben Regionalwahlen gewonnen. Als Wahlziel hat die Koalition von Lega und FI ein Überschreiten der 40-Prozent-Schwelle ausgerufen – was nach erfolgten Neuwahlen eine neue Koalition ermöglichen würde. Neuwahlen würden die Unsicherheit allerdings wieder erhöhen.

Fixed Income: Kurzfristige BTPs sind gefragt

Unseren Beobachtungen zufolge sind italienische Schuldverschreibungen (BTPs, Buoni del Tesoro) wieder gefragt, wobei die Käufer kurzfristige BTPs bevorzugen. Nach einem schwierigen Jahresende 2018 erholte sich die Investorennachfrage nach BTPs im ersten Quartal des Jahres deutlich, insbesondere bei ausländischen Investoren. Die Nachfragebelebung ist auf die Einigung mit der EU über den Haushalt, die Zurückhaltung der Ratingagenturen und die jüngsten Aussagen der Europäischen Zentralbank über ihren künftigen geldpolitischen Kurs zurückzuführen. Kurzfristige BTPs bieten derzeit ein attraktives Risiko-Rendite-Profil.

Multi-Asset: Anleihen gegenüber Aktien bevorzugt

Der italienische Aktienmarkt erzielte in Europa seit Jahresbeginn die beste Performance. Der FTSE MIB Index kletterte um 19 Prozent gegenüber einem Plus von 16 Prozent für den EuroStoxx 50 (Stand: 23. April) – obwohl die Anleger sich bisher nur in geringem Maße engagierten. Die Berichtssaison mit den Ergebnissen des ersten Quartals und den Zukunftserwartungen wird entscheidend sein, um die Solidität der Fundamentaldaten zu bestätigen und eine Neubewertung des Markts im Vorfeld der Europawahlen zu erleichtern.

Aus Sicht der Asset Allocation sind wir derzeit vorsichtig, was nicht zuletzt mit der gestiegenen Unsicherheit hinsichtlich der mittelfristigen wirtschaftlichen und politischen Perspektiven vor der Europawahl zusammenhängt. Um breit zu diversifizieren, bevorzugen wir aktuell den europäischen Anleihenmarkt gegenüber dem europäischen Aktienmarkt, zu dem wir insgesamt eine neutrale Sichtweise haben.

Soweit nicht anders angegeben, beruhen die hier enthaltenen Ansichten auf Recherchen, Berechnungen und Informationen von Amundi Asset Management und haben den Stand 29.04.2019. Diese Ansichten können sich jederzeit ändern, abhängig von wirtschaftlichen und anderen Rahmenbedingungen. Es gibt keine Gewähr, dass sich Länder, Märkte oder Branchen wie erwartet entwickeln werden. Diese Veröffentlichung ist kein Verkaufsprospekt und stellt kein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Anteilen in Ländern dar, in denen ein solches Angebot nicht rechtmäßig wäre. Außerdem stellt diese Veröffentlichung kein solches Angebot an Personen dar, an die es nach der jeweils anwendbaren Gesetzgebung nicht abgegeben werden darf. Amundi Deutschland GmbH ist ein Unternehmen der Amundi Gruppe.

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