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in GeldpolitikLesedauer: 4 Minuten

Wahl in Italien Sorgen um Italiens Wirtschaft und Staatsfinanzen wachsen

Giorgia Meloni in Feierlaune
Giorgia Meloni in Feierlaune: Ihre rechtskonservative Partei Fratelli d’Italia ist bei der italienischen Parlamentswahl stärkste Kraft geworden. | Foto: Imago Images / Independent Photo Agency Int.

Man stelle sich einmal vor, die AfD würde sich der nächsten Bundestagswahl hierzulande zur stärksten Kraft aufzuschwingen. Eine derartige Konstellation in noch etwas extremerer Form gibt es jetzt im von der aktuellen Krise stark gebeutelten Italien. Am Sonntag wurde im drittgrößten Land der Eurozone ein neues Parlament gewählt, nachdem die Regierung von Mario Draghi vor kurzem gescheitert ist. 

Felix Hermann von Aramea AM
Felix Herrmann © Aramea AM

In Italien hat die Partei Fratelli d’Italia (Brüder Italiens) mit ihrer Vorsitzenden Giorgia Meloni aktuellen Hochrechnungen zufolge rund ein Viertel aller Stimmen auf sich vereint. Zur Einordnung: Die Fratelli d'Italia sind eine sozialkonservative, nationalistische Kraft, die ihre Wurzeln direkt auf die italienische Sozialbewegung zurückführt – eine neofaschistische Partei, die im Gefolge von Benito Mussolinis Tod gegründet wurde. Meloni ließ sich einst gar zu der Aussage hinreißen, Mussolini sei „der beste Politiker der letzten fünfzig Jahre gewesen“. Man kann diese Partei also vermutlich ohne weiteres noch weiter rechts ansiedeln als die AfD hier in Deutschland. Nun gelangen die Fratelli d’Italia an die Regierung und stellen mit Giorgia Meloni die Premierministerin. Das rechts-konservative Bündnis zusammen mit der Lega sowie der Forza Italia kommt in beiden Kammern nach Lage der Dinge auf eine komfortable Mehrheit der Sitze. 

Wahlsieg eingepreist, Skepsis unter Investoren bleibt hoch

Für die Finanzmärkte kommt dieser Rechtsruck nicht überraschend. Aufgrund der Zerstrittenheit des linken Lagers in Italien sowie des italienischen Wahlsystems, das Bündnisse bevorzugt, war die Frage nicht, ob das rechts-konservative Lager gewinnt – sondern nur wie hoch. Der Wahlsieg von Meloni und Co. dürfte also eingepreist gewesen sein.

Das bedeutet aber beileibe nicht, dass die Anleger einen solchen Ausgang mit Freude zur Kenntnis nehmen werden. Noch vor einem Jahr erreichte der Spread, also der Renditeabstand, zwischen italienischen und deutschen Anleihen den niedrigsten Wert seit 2015. Dank Mario Draghi: Seine Zusagen, die für die Gelder aus dem EU-Wiederaufbaufonds notwendigen Reformen umzusetzen (Italien sollte zum größten Nutznießer des Hilfsfonds werden), ließen Investoren in Scharen in Italien einfallen. 

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Zuletzt erfolgte die Kehrtwende – und das nicht nur, weil Italien ökonomisch mit dem Rücken zur Wand steht. Die Energiekrise trifft das Land ähnlich hart wie Deutschland, wenn nicht sogar härter. Italien ist zusammen mit Litauen das einzige EU-Land ohne Kernkraftwerke und bezog vor der Energiekrise 40 Prozent seines Gases aus Russland. 

Italiens Schuldenberg wird weiter wachsen

Darüber hinaus sorgen sich die Anleger auch vor dem, was der Politikwechsel für Italiens Wirtschaft sowie die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen zukünftig bedeuten könnte.

Unberechtigt sind die Sorgen nicht. Zwar dürfte auch Meloni, die bis dato noch nie ein politisches Amt bekleidet hat, von der Realität eingeholt werden, sobald sie tatsächlich an der Macht ist. Und es ist auch richtig, dass die Parteien des Rechtsbündnisses bereits vor der Wahl klar zu verstehen gegeben haben, dass sie keinen „Italexit“ anstreben und grundsätzlich auch Reformen umsetzen wollen, um an die Gelder aus dem Hilfsfonds zu kommen. 

Die neue Regierung plant jedoch gleichzeitig, die Belastungen für Haushalte und Unternehmen zu senken. Geringere Steuern – also das Gegenteil von dem, was Draghi vorhatte – werden Italiens ohnehin schon beachtlichen Schuldenberg weiter ansteigen lassen. Solange das Nominalwachstum in Italien dank einer hohen Inflation hoch ist, kann die Rechnung aufgehen. Wenn sich die Inflation jedoch wieder Richtung Süden orientiert, könnte es mit der derzeit noch gut handhabbaren Tragfähigkeit der Schulden nicht mehr so weit her sein. Abermals steigender Druck auf italienische Spreads wäre die wohl unweigerliche Folge. Wir bleiben somit, gerade was langlaufende italienische Staatsanleihen betrifft, vorsichtig beziehungsweise untergewichtet.

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