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Jahresausblick 2015 Ungleicher Wettkampf

Jan Straatman, Chief Investment Officer bei Lombard Odier Investment Managers
Jan Straatman, Chief Investment Officer bei Lombard Odier Investment Managers
Am Jahresanfang sieht der Konjunkturausblick vertraut aus: verhaltenes Wachstum, niedrige Zinsen, schwache Inflation und generell eine expansive Geldpolitik. Im Grunde genommen also genau das, was wir bereits aus 2014 kennen.

Positiv überraschen könnte uns ein unerwartet kräftiges Wirtschaftswachstum in den USA und/oder den Emerging Markets (China), das weltweit zu höheren Löhnen und Lohninflation führt. In einem negativen Szenario drohen Europa eine Rezession mit einer ausgeprägten Deflation, der Zusammenbruch der Nachfrage und ein negatives Kreditwachstum.

Globale Abkopplung als zentrales Thema

Der Unterschied zu 2014 liegt in der Beziehung zwischen der Wirtschaftslage und den Märkten. 2014 überraschten uns die Finanzmärkte trotz der bescheidenen und sogar leicht enttäuschenden Konjunkturentwicklung mit einer erfreulichen Performance, die von den Äußerungen der Zentralbanken unterstützt wurde. 2015 dürfte sich die Lage umkehren. Die Märkte werden unseres Erachtens die zugrunde liegenden Risiken genauer widerspiegeln, was eine höhere Volatilität zur Folge haben wird.

Die globale Abkopplung ist nach wie vor ein zentrales Thema. Wir vergleichen die aktuelle Situation mit einem Bootsrennen, auf das die Teilnehmer unterschiedlich gut vorbereitet sind: Das US-Team besitzt ein großes Boot mit einer gut trainierten Mannschaft und macht sich keine Sorgen über den Bootsanstrich (Haushaltsdefizit).

Das europäische Team ist sich nicht einig, macht sich Sorgen um den Bootsanstrich (keine fiskalische Stimulierungsmaßnahmen) und sitzt in einem lecken Boot, sodass es sich nur auf die Rettung konzentriert, nicht aber auf das Rennen. Das japanische Team hat zu viel Ballast (Verhältnis Schulden zu Bruttoinlandsprodukt, Überalterung) und zu viele Mitglieder, so dass das Boot nicht vom Fleck kommt.

Also ein sehr ungleicher Wettkampf. Unseres Erachtens kann eine kräftige Konjunkturerholung nur mit einer koordinierten Haushalts-und Geldpolitik bewerkstelligt werden – was der US-Notenbank gelungen ist. Da Europa nicht bereit ist, eine abgestimmte Fiskalpolitik einzuführen, und der Bankensektor weder fähig noch willens ist, Kredite zu gewähren, kann sich die Region nicht nachhaltig erholen.

Neben der globalen Abkopplung gibt es noch eine Reihe anderer wichtiger Themen:

• Auf makroökonomischer Ebene das Ende der quantitativen Lockerung (QE) in den USA und möglicherweise der Anfang eines QE in anderen Regionen wie Europa und Japan
• Die Aufwertung des US-Dollars und die damit verbundenen Risiken für die ausstehenden Schulden der Emerging Markets in Höhe von 3,1 Billionen US-Dollar
• Die Anleger, die Ausschau nach Rendite halten, gehen dabei höhere Risiken ein, ohne dass sie dafür entschädigt werden
• Immer häufigere Finanzkrisen infolge der globalen Vernetzung, wie es die Bank of England in ihrem Financial Stability Paper Nr. 13 erklärt.

Neue Alpha-Chancen, aber Vorsicht vor Beta-Sorglosigkeit

Vor diesem Hintergrund erwarten wir 2015/16 bessere Aussichten für aktive Vermögensverwalter, die von stärkeren Marktschwankungen und -verzerrungen profitieren können. Wir erwarten allerdings auch signifikante Risiken.
In den letzten 500 Jahren waren die Zinsen noch nie so niedrig wie heute. Das bedeutet, dass Anleger, die in festverzinsliche Instrumente investieren, sich noch nie so entspannt und sicher gefühlt haben. Sie machen sich keine Sorgen um Risiken wie beispielsweise:

• Eine zu starke Aufwertung des US-Dollars
• Eine Rezession in Europa
• Die Zuspitzung einer der vielen geopolitischen Konflikte in der Welt
• Spezifische Risiken wie etwa einen weiterhin erforderlichen Abbau der Schulden im Finanzsektor oder die Ausbreitung von Ebola
• Die mangelnde Liquidität auf den Anleihenmärkten infolge neuer regulatorischer Anforderungen, welche die Fähigkeit der Market Maker einschränkt, für Liquidität zu sorgen, vor allem auf dem Kreditmarkt

Aktienmärkte dürften besser als Anleihenmärkte abschneiden

Derzeit werden die Anleger nicht für die Ungewissheit, die sich aus diesen Risiken ergibt, entschädigt. Vor diesem Hintergrund dürften die Aktienmärkte mehr Chancen bieten und besser als die Anleihenmärkte abschneiden, die hohe Abwärtsrisiken, aber wenig Aufwärtspotenzial aufweisen. Unternehmensanleihen werden sich voraussichtlich weiterhin zwischen diesen beiden Bereichen positionieren. Wachsame Investoren werden stärker auf die zugrunde liegenden Fundamentaldaten achten müssen.

Ferner sollten spezialisierte Manager und Strategien, zum Beispiel im Wandelanleihensegment, von diesem Umfeld profitieren, weil sie dem Aktienrisiko weniger stark ausgesetzt sind. Angesichts der vermutlich höheren Volatilität und der häufigen Umbesetzungen im Ranking der Anlagen, Länder und Branchen dürften dynamische Asset-Allocation-Strategien gut abschneiden. Illiquide Strategien wie etwa Private Equity, Direktkredite und Infrastruktur könnten 2015 ebenfalls attraktiv bleiben.

2015 – Rückkehr zu aktivem Management und Smart Beta

In der laufenden Diskussion über aktives und passives Management erwarten wir, dass aktives Management positiver beurteilt wird. In den letzten beiden Jahren ließen sich viele Investoren auf dem Beta-Fluss entlang treiben. Obwohl jetzt alle Anlageklassen entweder zu Marktpreisen bewertet oder sogar teuer sind, achten die Beta-Kapitäne nicht auf den Wasserfall, der vor ihnen liegt. Bei den aktiven Seglern auf dem Alpha-Ozean dagegen herrscht Flaute (keine Volatilität).

Obwohl sie sich auf hoher See befinden (keine Einschränkungen), kommt das Boot trotz aller Aktivitäten nicht vom Fleck. Nun hat sich Lage geändert, und es bietet sich ein positiver Ausblick: Unserer Meinung nach eröffnet die neue Situation interessante Chancen für wirklich aktive Manager, weil sie mit Positionen, von denen sie stark überzeugt sind, zusätzliche Renditen erzielen können, wenn die Erträge aus der passiven Indexierung nicht mehr genügen. Wer passiv bleiben will, sollte „smarte Alternativen“ in Erwägung ziehen.

In einem Umfeld mit niedrigen Erträgen müssen wir unser Vermögen arbeiten lassen. Jede investierte Geldeinheit muss eine höhere risikobereinigte Rendite generieren. Dabei sollte das Beta- Engagement unbedingt zugunsten von Cash-Plus- oder Absolute- Return-Strategien reduziert werden, weil sie für ein niedriges Beta oder kaum korrelierte Erträge sorgen. Insgesamt gesehen verspricht 2015 ein spannendes Jahr zu werden, denn es dürfte Anlegern, die unkonventionellen Ideen gegenüber aufgeschlossen sind, und die vor ihnen liegenden Risiken wachsam beobachten, vielversprechende Chancen bieten.

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