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Jan Beckers: Auf diese Investmenttrends setzt er 2024
Jan Beckers, Fondsmanager und langjähriger Kenner der Technologie-Branche, sieht für das Jahr 2024 drei große Investmenttrends:
Künstliche Intelligenz: Nach Einschätzung von Beckers wird KI die Technologie des gesamten Jahrzehnts. Auch wenn Tech-Giganten wie Microsoft oder Nvidia als KI-Infrastruktur-Lieferanten bereits vom Boom profitieren, stehen für Beckers die vielversprechendsten Entwicklungen erst noch bevor: KI-Applikationen für bestehende Branchen und Services, allen voran im Bildungssektor. Hier sieht Beckers in der KI-basierten automatischen Content-Generation enorme Wachstumschancen.
Bitcoin: Das Comeback der Kryptowährungen war bereits 2023 ein Mega-Trend an den Börsen. Laut Beckers gehören die Bitcoins jedoch vorwiegend großen Adressen, sprich institutionellen Investoren. Durch bessere Infrastruktur, Legitimation und Zugänglichkeit, etwa durch einen genehmigten Bitcoin-ETFs in den USA, sieht Beckers beste Voraussetzungen für einen Fortsetzung des Bitcoin-Booms auch 2024.
Biotechnologie: Die lange unterbewertete Biotechnologie-Branche sieht der Bit-Capital-Gründer vor einem großen Comeback 2024. Nach drei verlustreichen Vorjahren am Aktienmarkt erwartet Beckers einen regelrechten Aufholbedarf bei Biotech-Unternehmen. Hier könnte sich Mut auszahlen, ist er überzeugt.
Vorsicht sollten Anleger dagegen bei manchen Software-Aktien walten lassen. Hier könnten die Burggräben durch künstliche Intelligenz schwinden. Alles in allem zeichnet Beckers aber ein sehr positives Bild für Technologie-Investments 2024. Wer auf Zukunftstrends setzen will, komme an KI, Bitcoin und Biotechnologie nicht vorbei.
Hier können Sie das Video-Gespräch mit Jan Beckers von Bit Capital in voller Länge sehen:
DAS INVESTMENT: Herr Beckers, 2023 war das Jahr, wo die Techwerte wieder ein Börsen-Comeback gefeiert haben. Eigentlich waren es aber nur sieben Unternehmen, die Magnificent Seven. Hat Sie das überrascht?
Jan Beckers: Ich würde sagen, im S&P 500 waren es natürlich vor allen Dingen die sieben Unternehmen, die das Comeback gefeiert haben. Wenn man jetzt mal auf unser Techuniversum schaut, wo wir typischerweise investieren, dann waren es am Ende deutlich mehr, die ein gutes Jahr hingelegt haben. Und trotzdem war es so, als wir Ende letzten Jahres uns überlegt haben, wie wir in dieses Jahr gehen, war klar: KI wird mit Abstand der wichtigste Investmenttrend des Jahres und darüber hinaus. Und wir haben auch gesagt, die ersten Profiteure sind wahrscheinlich Big Tech als offensichtliche Infrastrukturlieferanten an dieser Stelle. Insofern war es damals eigentlich relativ gut erkennbar, was passieren könnte in diesem Jahr.
Über KI sprechen wir gleich noch mal, noch mal kurz zu Big Tech. Die Apples, Googles, Facebooks dieser Welt haben breite Burggräben und sehr solide Zahlungsströme. Dementsprechend sind die sehr gut gewachsen. Aber kann das denn ewig so weitergehen?
Beckers: Also ewig kann es auf jeden Fall nicht so weitergehen. Auch das wird an seine Limitierungen kommen. Wir glauben aber trotzdem, dass am Ende auch der Wachstumsschub durch KI an der Stelle auch dieses Jahr noch mal Potenzial mitbringt. Und insofern würde ich sagen, erstmal kann es so weitergehen, aber definitiv nicht auf ewig.
2023 hatten dementsprechend auch Ihre Fonds einen sehr guten Lauf. Sie waren über vielen anderen in der Branche. Wie wollen Sie denn dafür sorgen, dass dieser Lauf anhält? Worauf setzen Sie?
Beckers: Generell kann man sagen, wir haben jetzt fünfeinhalb Jahre Track Record und haben es im Laufe der Zeit immer wieder geschafft, neue Investmenttrends, so auch KI, frühzeitig und zur richtigen Zeit mitzunehmen. Und dieses Jahr steht aus unserer Sicht wieder im Zeichen von KI. Jetzt geht es aber natürlich darum, herauszufinden, wer sind nach den offensichtlichen Infrastrukturgewinnern die nächsten Profiteure. Und da sehen wir vor allen Dingen viele spannende Unternehmen auf Applikationsebene, die auch teilweise noch mit deutlich interessanteren Bewertungen zu haben sind. Insofern ist es unsere Aufgabe, das Portfolio immer wieder so zu positionieren, dass wir eigentlich gut bewertete Chancen finden.
Welche Sektoren sind denn die Profiteure des ganzen KI-Trends, der zumindest auch in der Masse durch ChatGPT angekommen ist?
Beckers: Auf längere Sicht wird fast jeder Sektor davon betroffen sein. Zumindest auf der Ebene möglicher Kostensenkungen und Effizienzprogramme durch generative künstliche Intelligenz. Es gibt trotzdem Subsektoren, die besonders früh davon profitieren sollten. Da kann man den Bildungssektor hervorheben. Am Ende ist Education natürlich insbesondere Contentgenerierung und Contentgenerierung ist genau das, was generative künstliche Intelligenz besonders gut kann. Ein anderer Grund, warum der Sektor überproportional profitieren sollte, ist, das er lange Zeit ziemlich langweilig war, weil da nicht viel passiert ist. Es war immer ein relativ staatsnaher Sektor.
Jetzt sind Sie schon seit 20 Jahren im Tech Business unterwegs, als Investor, aber auch auch im Aktien-Selektionsprozess. Wie gucken Sie da gerade auf KI? Ist das der Beginn des nächsten Superzyklus, wo alles abgeht? Oder ist das wieder, wie etwa Wasserstoff, ein kurzfristiger Hype, der aber auch in zwei, drei Jahren vielleicht auch wieder ein bisschen abflacht?
Beckers: Also KI als Technologie hat auf jeden Fall sehr viel Substanz. Nicht umsonst haben wir bereits letztes Jahr gesagt, dass es die absolute Schlüsseltechnologie der Dekade und wahrscheinlich auch darüber hinaus ist. Und insofern glauben wir, wenn wir uns auch in drei, vier oder fünf Jahren hier unterhalten, dann wird KI auch immer noch ein sehr wichtiges Thema sein. Und insofern wird es natürlich wie immer bei jeder Technologie zu einer Hype-Phase führen. Wir glauben aber, dass aktuell die Substanz so hoch ist und auch dieses Jahr in vielen Unternehmen bereits in den Earnings erkennbar wird, dass es mehr Substanz als Hype sein wird.
Werfen wir den Blick zurück: 2007 kam das iPhone auf den Markt und damit ging auch die Ära des mobilen Internets los. Ganz viele Analysten haben damals Unternehmen bewertet, die ihrer Meinung nach die Profiteure dieses Wandels waren. Wenn man dazu jetzt zurückblickt, waren das am Ende vöölig andere Unternehmen. Warum soll das denn jetzt bei KI besser klappen als damals?
Beckers: Wir haben jetzt mit KI eine technologische Neuerfindung, die einerseits natürlich komplette Newcomer auf den Start ruft, in die man jetzt auch noch gar nicht an der Börse investieren könnte. Wir haben aber auf der anderen Seite eine Innovation, die vor allen Dingen auch für Incumbents, die bereits jetzt eine starke Anzahl an Nutzern und eine technologisch gute Basis haben, viele Vorteile bietet. Insofern glaube ich, dass dieses Mal relativ viele technologiestark aufgestellte Incumbents in einer ziemlich guten Position sind. Und ein anderes Argument, warum es bei vielen gut positionierten Unternehmen weitergehen könnte, ist: Wir haben in den vergangenen 20 Jahren relativ viele Plattformen gesehen, manchmal von Offline zu Online, dann zum mobilen Internet, dann zum sozialen Internet. Und jede dieser Plattformen ging wiederum mit Disruption einher. Die Unternehmen, die es geschafft haben, sich in ihren Bereichen an die Spitze zu setzen, haben relativ viel Training im Sinne von Plattformwandel und neuer Innovation hinter sich. Auch das kann dafür sorgen, dass nicht alle, aber viele der Gewinner, die wir uns in fünf bis zehn Jahren anschauen, auch heute schon erfolgreich am Markt sind.
Da reden wir natürlich über eine Microsoft, eine Nvidia und über viele US-Unternehmen. Wie sieht das denn in Europa aus? Da gibt es Versuche, einzelne Unternehmen positionieren sich auch. Aber haben wir das Rennen Ihrer Meinung nach schon verloren, bevor es richtig angefangen hat? Oder wird Europa eine wichtige Rolle spielen im KI-Rennen?
Beckers: Also das Rennen geht natürlich gerade erst los. Trotzdem muss man fairerweise sagen die Amerikaner haben auch deutlich bessere Startchancen wieder mal an der Stelle als die Chinesen. Ich würde sagen, wir in Europa können uns vor allen Dingen auf einzelne Themen fokussieren, wo wir bereits jetzt stark sind, wo wir vielleicht durch unsere industrielle Basis gute Daten Vorteile haben. Wir haben natürlich auch Unternehmen wie ASML in den Niederlanden, zumindest die ganz stark an der ganzen Speicher- oder an der ganzen Chip-Wertschöpfungskette mitverdienen. Insofern: Es liegt viel Arbeit vor uns, aber es werden überall auf der Welt interessante Profiteure von künstlicher Intelligenz entstehen. Und Unsere Aufgabe ist es natürlich dann, diese überall auf der Welt zu finden und dahingehend auch unsere Investmentportfolios dann auszurichten.
Neben künstlicher Intelligenz war im vergangenen Jahr auch das Comeback von Kryptowährungen nach dem massiven Abfall im Jahr 2022 ein großes Thema. Jetzt zuletzt gab es die Genehmigung der Bitcoin-Spot-ETFs, zumindest in den USA. Sie haben einen Kryptofonds. Wie blicken Sie auf die unmittelbare Zukunft von Kryptowährungen?
Beckers: Wir glauben, dass die Vorzeichen für ein sehr gutes Jahr gegeben sind. Denn bislang gehören die Bitcoins überwiegend relativ großen Adressen. Das heißt, Retail ist trotz des Kurszugewinns jetzt noch nicht im großen Sinne auf diesen Trend aufgesprungen. Die Genehmigung der Bitcoin-ETFs in den USA hat auch weiter für Legitimation gesorgt. Und wir haben natürlich eine viel leichtere Zugänglichkeit für viele Anleger, die eben nicht selber ihre Coins irgendwo in einer Wallet speichern wollen. Wir haben gleichzeitig das Bitcoin-Halving, also die Verringerung der Inflationsrate 2024 vor uns und wahrscheinlich auch noch Zinssenkungen. Das ist ein relativ gutes Setup für ausgewählte Kryptowerte. Man muss aber auch dazu sagen, dass 99,9 Prozent aller Kryptowährungen keine Rolle mehr spielen, wenn wir uns in fünf oder zehn Jahren unterhalten würden.
Noch einen Blick auf den Status quo und ein bisschen nach vorne. Welche Technologien sind Ihrer Meinung nach gerade über- und welche unterbewertet?
Beckers: Also ich glaube, eine Subbranche, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit gerade unterbewertet ist nach drei schlechten Jahren, ist Biotechnologie. Nach drei Jahren voller Kursverluste in Folge könnte sich das 2024 umkehren. Wir sehen auch gute Indikatoren dafür. Insofern ist das Segment sicherlich unterbewertet aus unserer Sicht. Bei der Überbewertung sehe ich immer eher einzelne Unternehmen. Und da vor allen Dingen die Unternehmen, deren Burggraben durch KI gerade in Gefahr ist. Da könnte man beispielsweise viele Softwareunternehmen angucken, die eben einen relativ simplen, softwarebasierte Burggraben haben. Wenn jetzt die Kosten der Softwareerstellung viel günstiger werden, dann werden einfache Burggräben auch durchaus angreifbar. Dann ist eine Reihe von Unternehmen überbewertet, andere allerdings auch wieder total unterbewertet, weil es natürlich große Marktanteilsverschiebungen dort geben kann. Insofern das eigentlich eine ganz spannende Ausgangslage.