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Aktualisiert am 29.01.2020 - 17:51 Uhrin MärkteLesedauer: 7 Minuten

Jan Hatzius: „Gefahr eines erneuten Rückgangs der US-Häuserpreise“

Jan Hatzius, Goldman Sachs
Jan Hatzius, Goldman Sachs

KnowHow: Im vergangenen Jahr standen die weltweiten Börsen im Schatten der Finanzkrise, die am US-Immobilienmarkt ihren Ursprung hatte. Haben die Häuserpreise in den USA nun die Talsohle durchschritten? 

Jan Hatzius: Vermutlich noch nicht, aber es gibt diesbezüglich noch große Unsicherheit. Obwohl die Häuser in den USA nicht mehr deutlich überbewertet sind, ist der Preisanstieg in den letzten sechs Monaten unseres Erachtens großenteils auf drei temporäre Faktoren zurückzuführen: Zum einen auf Steuergutschriften für Hauskäufer, die für 2010 verlängert wurden, allerdings werden diese die Nachfrage vermutlich weniger stark ankurbeln als bei ihrer Einführung im letzten Jahr; dann der Ankauf von Mortgage-backed Securities durch die US-Notenbank, wodurch die Hypothekenzinsen gesunken sind; und drittens die vorübergehenden Veränderungen in Bezug auf Hypotheken, die im Rahmen des „Home Affordable Mortgage“-Programms (HAMP) von der Regierung Obama vorgenommen wurden. Die drei genannten Faktoren deuten darauf hin, dass bei den Häuserpreisen die Gefahr eines erneuten Rückgangs besteht.

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KnowHow: Trotz der großen Menge an billigem Geld, das durch die Zentralbanken zur Verfügung gestellt wird, beklagen Unternehmen eine drohende Kreditklemme. Werden die Banken die Kreditvergabe im Jahr 2010 wieder ausweiten?

Hatzius: Vermutlich ja, aber mit einem Tempo, das nur mit mäßigem Ausgabenwachstum in Einklang steht. Wenn man an die Kreditvergabebereitschaft der Banken denkt, sollte man unbedingt zwischen dem Niveau und der Änderungsrate unterscheiden. Vom Konzept her ist es die Veränderung der Kreditvergabekriterien, die sich auf die Veränderung des Verbrauchs, der Investitionsausgaben oder des BIP auswirkt. Die Sorge in Bezug auf den gegenwärtigen Aufschwung ist, dass die drastische Verschärfung der Kreditvergabekriterien während der Rezession in der Erholungsphase nur sehr allmählich rückgängig gemacht wird. Im vierten Quartal 2009 wurden die Vergabekriterien für Kredite an Privatpersonen und Unternehmen immer noch leicht verschärft, auch wenn sich das Anfang 2010 langsam ändern dürfte.

KnowHow: Es heißt, in diesem Jahr würde die US-Wirtschaft wieder zulegen. Werden auch kleinere Firmen vom Aufschwung profitieren?

Hatzius: Sie müssten eigentlich davon profitieren, aber bisher können wir dies nicht erkennen. Die Folgen der Schwäche im Sektor der kleineren Unternehmen geben Anlass zur Sorge. Da diese statistisch nicht so gut erfasst werden wie größere Unternehmen, setzen die üblichen Konjunkturindikatoren wegen der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung dieser Unternehmen das Wirtschaftswachstum möglicherweise zu hoch an. Unter der Annahme, dass die relative Schwäche kleiner Unternehmen damit zusammenhängt, dass es schwieriger ist, einen Bankkredit zu bekommen als sich Mittel am Kapitalmarkt zu beschaffen, sollte eine zunehmende Kreditvergabebereitschaft zumindest zu einer allmählichen Wachstumsbeschleunigung bei kleinen Unternehmen führen. Bisher sehen wir allerdings eine geringere Verbesserung, als man angesichts der Verlangsamung bei der Kreditverknappung erwarten würde.

KnowHow: Im Zuge der Wirtschaftskrise stieg die Arbeitslosigkeit massiv an. Werden die Unternehmen nun wieder Mitarbeiter einstellen?

Hatzius: Ja, aber wir gehen davon aus, dass das Beschäftigungswachstum bis zum 2. Quartal pro Monat nur auf etwa 100.000 neue Arbeitsplätze steigen wird. Dies reicht nicht aus, um die Arbeitslosenquote sichtbar zu senken. Wahrscheinlicher ist sogar, dass die Unternehmen pro Dollar zusätzlichem BIP weniger Mitarbeiter einstellen werden als während einer durchschnittlichen Erholungsphase der Nachkriegsära. Wir haben bereits in unserer Studie „Brave New Business Cycle“ darauf hingewiesen, dass der seit den 1980er Jahren gestiegene Wettbewerbsdruck die Unternehmen bei Neueinstellungen, Investitionsausgaben und beim Lagermanagement vorsichtiger gemacht hat. In den beiden seitherigen Aufschwungphasen, in denen kaum neue Arbeitsplätze geschaffen wurden, brauchte es ein deutlich höheres BIP-Wachstum, um dasselbe Beschäftigungswachstum zu erreichen wie in früheren Erholungsphasen.

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