LinkedIn DAS INVESTMENT
Suche
Lesedauer: 5 Minuten
ANZEIGE

Janus Henderson Investors Sind die Anleger zu ängstlich?

Sind die Anleger zu ängstlich?
Foto: iStock

Ist es die Angst vor Inflation?

Nach unserer Einschätzung ist die Inflation durch technologische Neuerungen schlichtweg obsolet geworden. Das sind schlechte Nachrichten für nicht bzw. gering qualifizierte Arbeitskräfte und früher oder später selbst für Facharbeiter. Denn immer dann, wenn die Arbeitskosten stark steigen und Arbeitnehmer nach mehr Urlaub sowie besserer Kranken- und Altersversorgung rufen, sorgen rasante technologische Entwicklungen dafür, dass Unternehmen (und der Staat) hart arbeitende Menschen durch Maschinen ersetzen. Die machen den gleichen Job besser, billiger und ohne Murren. Computer streiken nicht und fordern keine Lohnerhöhung. Dieser unglaublich starke Substitutionseffekt wird unseres Erachtens auf lange Sicht die Lohninflation im Zaum halten.

Ist es die Angst vor einer Finanzkrise?

Seit den 1990er Jahren befinden sich die Zentralbanken rund um den Globus in einem groß angelegten Ausbildungsprogramm. Zunächst erforschten sie den „Greenspan Put”, schlossen die Bernanke-Hochschule des Helikoptergelds mit Auszeichnung ab, promovierten im Draghi-Institut für „Alles Nötige tun” und entledigten sich schließlich aller Zweifel durch die radikale Laborarbeit der Japaner im Stile „Egal was wir tun und wie viel wir ausgeben, Inflationsexperimente sind tabu”. Nach der Volatilität an den Märkten zu schließen, sind die smartesten und finanzstärksten professionellen Anleger offenbar der Meinung, dass die Risiken an den Finanzmärkten so gering sind wie selten zuvor. Daraus spricht ein enormes Vertrauen darauf, dass die Währungshüter schon bei leichten Turbulenzen eingreifen und Vermögenswerte kaufen werden, um die Stabilität wieder herzustellen.

Nicht nur die australische Zentralbank und die US-Notenbank (Fed), auch die englische Zentralbank (Bank of England), die japanische Zentralbank (Bank of Japan) und die Europäische Zentralbank: Sie alle haben nach der Krise unverzüglich interveniert und den Aktienmärkten über billige bzw. kostenlose Liquidität und Anleihekäufe neues Leben eingehaucht. Aber werden sie auch künftig zur Stelle sein? Man wird sehen, aber offenbar haben sie einen Präzedenzfall geschaffen. Bis auf Weiteres werden die Zentralbanker wohl einen vorhersagbaren, wenig aufregenden Kurs in der Geldpolitik steuern und sich nicht nur bei Zinsstraffungen, sondern auch beim Zurückfahren ihrer Anleihekaufprogramme Zeit lassen.

Und dennoch: Spricht man mit Regierungsvertretern, Finanzexperten, Menschen auf der Straße und Taxifahrern oder liest Zeitung, drängt sich der Eindruck auf, dass viele die aktuelle Lage als sehr fragil und unbefriedigend erleben und die Weichen für eine Katastrophe gestellt sind. Nach wie vor schrecken viele Anleger vor Aktien und Risikoanlagen zurück, wie die Unsummen an Kapital belegen, die in Japan, Europa und den USA in Spar- und Tagesgeld angelegt sind. Und das, obwohl diese nur kümmerliche oder sogar Minusrenditen abwerfen. Was um Himmels Willen ist da los? Wenn es ums Anlegen geht, rät unser Verstand offensichtlich zur Zuversicht, unser Gefühl aber zur Vorsicht.

Ein Minsky-Moment?

Der Ökonom Hyman Minsky ist, wenn auch posthum, Namensgeber des Minsky-Moments. Krisen an den Finanzmärkten hielt er für unausweichlich. Je länger der Konjunkturaufschwung in einer Wirtschaft, umso sorgloser die Marktteilnehmer. Sie gehen höhere Risiken ein, machen mehr Schulden und bereiten damit den Boden für die nächste Phase der Instabilität.

Könnten demnach die niedrigen Niveaus bei den Volatilitätsindizes die Ruhe vor dem Sturm sein? Sind Präsident Trumps Maßnahmen zur Deregulierung der Banken Anzeichen für ein Lockern der Zügel, die derzeit noch die Spekulanten im Zaum halten? Oder verlagert sich der Fokus der Regulierer schlicht und ergreifend auf andere Branchen wie die Technologie? Ist das sich schneller drehende M&A-Karussell ein Hinweis auf unternehmerische Hybris oder nur eine vernünftige Strategie, sich Wachstum einzukaufen, solange die Finanzierungskosten noch so niedrig sind?

*Quelle: UN-Bevölkerungsabteilung, Weltbevölkerungsprognosen 2017, Altersgruppe 15-64 Jahre, 2015 bis 2030.