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Geldpolitik in Japan Tokios wilde Börsen-Fahrt

Von in Politik & GesellschaftLesedauer: 4 Minuten
Steile weiße Achterbahnschiene ragt gegen blauen Himmel - symbolisiert den dramatischen Kurseinbruch des Nikkei-Index nach Japans Zinserhöhung.
Steiler Absturz am japanischen Aktienmarkt: Der Nikkei erlebt im August die heftigste Berg- und Talfahrt seit dem Schwarzen Montag 1987. | Foto: Imago Images / Pond5 Images

Ein Tag schreibt Börsengeschichte: Am 5. August 2024 erlebt der japanische Leitindex Nikkei 225 den heftigsten Kurseinbruch seit dem Schwarzen Montag 1987. Der Index stürzt um 12,4 Prozent ab – ein Schock für Anleger weltweit. Doch was folgt, ist eine ebenso bemerkenswerte Erholung: Nur einen Tag später steigt der Nikkei um 9,4 Prozent und verzeichnet damit den höchsten Tagesgewinn seiner Geschichte.

Diese extreme Volatilität ist kein Zufall. Sie markiert den Beginn einer neuen Ära im japanischen Finanzmarkt, ausgelöst durch eine überraschende Entscheidung der Bank of Japan. Nach einem Jahrzehnt ultralockerer Geldpolitik hob die Notenbank Ende Juli erstmals die Zinsen an – ein Schritt, der den Markt auf den Kopf stellte und eine globale Kettenreaktion in Gang setzte.

Bank of Japan beendet Nullzinspolitik – Carry Trades unter Druck

Die Zinserhöhung der Bank of Japan auf 0,25 Prozent beendet die langjährige Nullzinspolitik und markiert eine Wende in Japans Geldpolitik. Besonders betroffen sind die Carry-Trades. Investoren nutzten jahrelang die Zinsdifferenz zwischen Japan und anderen Ländern, um Yen günstig zu leihen und in höher verzinste Währungen zu investieren Diese Praxis drückte den Yen-Kurs und stärkte indirekt den Aktienmarkt.

Doch mit der Zinsanhebung und der Aussicht auf weitere Schritte wackelt diese Gewinnmaschine. Der Yen gewinnt an Wert, was die Carry-Trades unattraktiver macht und zugleich die Geschäftschancen der Exportunternehmen schmälert.

Starker Yen belastet Japans Exportwirtschaft

Die Aufwertung des Yen bringt neue Herausforderungen für die japanische Wirtschaft. Exportorientierte Unternehmen, die von der Yen-Schwäche profitierten, kämpfen mit sinkenden Gewinnmargen. Der Nikkei 225, der seit Anfang 2023 um 65 Prozent zulegte, verdankte diesen Aufschwung vor allem dem schwachen Yen.

Doch die Folgen eines stärkeren Yen sind vielschichtiger. Binnenmarktorientierte Unternehmen könnten von der neuen Situation profitieren. Zudem hängen die Unternehmensgewinne nun stärker von der globalen Konjunktur ab als in früheren Zeiten der Yen-Stärke.

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Japans BIP wächst trotz Exportrückgang

Die jüngsten Wirtschaftsdaten zeichnen ein differenziertes Bild der japanischen Volkswirtschaft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wuchs im zweiten Quartal 2024 um 2,9 Prozent auf Jahresbasis – eine leichte Abwärtskorrektur gegenüber früheren Schätzungen. Dieser Anstieg folgt auf einen Rückgang von 2,3 Prozent im ersten Quartal und unterstreicht die Volatilität der wirtschaftlichen Entwicklung.

Treibende Kraft hinter dem Wachstum ist der private Konsum, der erstmals seit über einem Jahr wieder anzieht. Dies nährt die Hoffnung auf eine nachhaltige Erholung der Binnennachfrage. Dadurch könnte die Abhängigkeit von Exporten weiter sinken. Die Exporte stiegen im Juli zwar um 10,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, blieben aber hinter den Erwartungen zurück. Das wirft Fragen zur Widerstandsfähigkeit der exportorientierten Sektoren auf.

Ein verunsichernder Faktor bleibt die seit 28 Monaten andauernd hohe Inflation über der Zielmarke von 2 Prozent – eine ungewöhnliche Situation für die deflationsgeprägte japanische Wirtschaft. Die Bank of Japan steht vor einem Balanceakt: Sie muss die Preisstabilität wahren, ohne das fragile Wirtschaftswachstum zu gefährden.

Bank of Japan plant weitere Zinserhöhungen

Der stellvertretende Notenbankchef Ryozo Himino der japanischen Zentralbank signalisiert weitere geldpolitische Straffungen. Ökonomen rechnen mit einer erneuten Zinserhöhung im vierten Quartal.

Für den Aktienmarkt bedeutet dies eine Phase der Umorientierung. Der Fokus verschiebt sich von exportorientierten Unternehmen, die vom schwachen Yen profitierten, hin zu Firmen, die stärker auf den Binnenmarkt und einen stärkeren Yen ausgerichtet sind. Trotz der Wirtschaftsschwäche in den USA und China sehen Analysten so Chancen für eine allmähliche Erholung der japanischen Wirtschaft.

Positive Trends bei Löhnen sowie bei den Ausgaben von Privathaushalten und Unternehmen nähren diese Hoffnung. Aber strukturelle Probleme wie die alternde Bevölkerung bleiben. Der Umbruch des japanischen Aktienmarkts kann sich jedoch als Einstiegschance herausstellen.

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