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Aktualisiert am 07.07.2023 - 10:40 Uhrin Karl PilnyLesedauer: 10 Minuten

Pilnys Asia Insights Japans Börsenrally: Selbst Investoren-Legende Warren Buffett kauft ein

Investoren-Legende Warren Buffett in Omaha
Investoren-Legende Warren Buffett in Omaha. | Foto: Imago Images / Xinhua

Anfang der Woche erklomm der japanische Aktienindex Nikkei den höchsten Stand seit Juli 1990 und schloss am Montag bei 31.233,54 Punkten. Von den 225 Titeln des Nikkei legten 165 zu, während 51 fielen und neun unverändert blieben. Honda Motor stiegen um 1,28 Prozent und Subaru um 1,67 Prozent, SoftBank Group um mehr als 8 Prozent, wie auch Aktien anderer japanischer Chip-Unternehmen getragen von der KI-Euphorie, die derzeit auch US-Aktien beflügelt. Zum Beispiel Advantest, den Hersteller von Chiptestgeräten, der Nvidia zu seinen Kunden zählt, der um mehr als 4 Prozent stieg und seine Gewinne in den letzten drei Quartalen um 26 Prozent erhöhen konnte.

Allerdings wird im Vergleich zum Topix der Nikkei von den Bewegungen der großen Technologiewerte beeinflusst, was den Index schnell outperformen lässt. Doch auch der breitere Topix stieg auf 2.175,13, kam aber nicht an das 33-Jahres-Hoch der letzten Woche bei 2.188,66 heran. Er schloss mit einem Plus von 0,69 Prozent bei 2.160,65. Diese Entwicklung ist auch darauf zurückzuführen, dass ausländische Anleger vermehrt in Aktien investieren, während sie sich in der Vergangenheit auf Futures konzentrierten.

US-Präsident Joe Biden hatte über das Pfingstwochenende erklärt, er habe mit dem Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, eine Einigung über den Haushalt erzielt, was die Stimmung am japanischen Markt anheizte. Zugleich sank der Yen in Erwartung einer Ausweitung der Zinsdifferenz zwischen Japan und den USA zum ersten Mal seit einem halben Jahr unter 141 Yen pro US-Dollar, was die Auslandseinnahmen japanischer Exporteure beflügelte. Der Yen ist seit seinem bisherigen Jahreshoch im Januar gegenüber dem US-Dollar um 13 Yen gefallen und zeigt noch keine Tendenzen einer Bodenbildung, zumal er auch gegenüber anderen Währungen wie dem Euro und dem Pfund Sterling nachgegeben hat.

Hoffnungen auf Japans U-Turn haben sich verflüchtigt 

Der Grund ist die Erwartung, dass die US-Fed die Zinssätze im Juli erneut anheben wird, wodurch sich der Abstand zur weiterhin expansiven Bank of Japan (BoJ) vergrößert. Die jüngsten Hoffnungen, dass der neue BoJ-Gouverneur Ueda zeitnah zu einer strafferen Geldpolitik übergeht, haben sich verflüchtigt. Ueda hat signalisiert, dass er in nächster Zeit nicht plant von der ultralockeren Haltung der BoJ abzuweichen. Auch die Handelsbedingungen spielen eine Rolle. Aufgrund von Japans Handelsdefizits ist es wahrscheinlicher, dass die Yen-Verkäufe der Importeure aufgrund der Dollarnachfrage die Yen-Käufe der Exporteure übersteigen.

Institutionelle Anleger wie die japanischen Pensionsfonds sind wichtig, denn sie legen spezifische Gewichtungen für verschiedene Anlagekategorien fest, wie etwa inländische Aktien, Anleihen und ausländische Aktien. Der Government Pension Investment Fund, einer der größten institutionellen Anleger der Welt, hat 25 Prozent seines Portfolios in japanische Aktien investiert. Wenn nur eine Kategorie im Wert steigt, müssen die Fonds eine Neugewichtung vornehmen, indem sie die nun übergewichteten Vermögenswerte verkaufen.

 

Wie nachhaltig ist die aktuelle Rally?

Eine Schlüsselfrage ist dabei, ob die Privatanleger folgen werden, wenn ausländische Gelder die Preise noch weiter in die Höhe treiben. Ein Blick auf die Daten seit 2013 zeigt, dass die Nettoverkäufe von Privatanlegern um das Jahr 2021 herum allmählich abebbten, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass die Anleger ihre Aktien, die sie während der Blase, die 1991 endete, teuer gekauft hatten und nach dem Preisverfall behalten mussten, nun abgestoßen haben.

In den letzten Jahren wurde Japan immer wieder „hochgeschrieben“. Doch vor allem die Privatanleger zogen nicht mit. Profis sind der Meinung, japanische Aktien müssen mindestens zwei Jahre in Folge besser abschneiden als US-Aktien, damit Kleinanleger wieder Vertrauen in den Markt haben. Während die japanischen Aktien auf ein neues Drei-Dekaden-Hoch klettern, sind professionelle Anleger unterschiedlicher Meinung, was die weitere Entwicklung der Aktien angeht, die weitgehend vom Schicksal der US-Wirtschaft abhängen dürfte. Manche sind optimistisch und erwarten, dass der Nikkei Stock Average im ersten Quartal 2024 auf 38.000 steigen wird.

Die Ausweitung des Lohnwachstums hat den Unternehmen mehr Spielraum für Preiserhöhungen verschafft, so dass sie die höheren Materialkosten weitergeben und ihre Gewinne steigern können. Ein weiterer Schub könnte durch den Druck der Tokioter Börse auf die Unternehmen folgen, niedrige Kurs-Buchwert-Verhältnisse (KBV) zu korrigieren und die Rally vorerst durch die anhaltende geldpolitische Lockerung der Bank of Japan unterstützt werden. Wahrscheinlich wird die Zentralbank ihre Negativzinspolitik nicht vor April 2024 beenden und genau beobachten, ob der Trend zu Lohnsteigerungen anhält.

Andere erwarten, dass der Nikkei-Durchschnitt im Juli diesen Jahres 33.000 Punkte erreicht, bevor er im Dezember auf 29.000 Punkte fällt, nicht zuletzt aufgrund der gemischten Aussichten für die US-Wirtschaft. Zwar dürfte die Inflation ihren Höhepunkt erreicht haben und die US-Wirtschaft eine 'weiche Landung' schaffen, ohne in ein negatives Wachstum zu fallen. Gleichwohl belegen die aktuellen Wirtschaftsdaten eine Verlangsamung in den USA.

Berkshire Hathaway wächst dank Asien 

Eine der wichtigsten Treiber der japanischen Rally ist jedoch der Aufsehen erregende Schwenk von Altmeister und Investoren-Legende Warren Buffet. Das Aktienportfolio seiner Berkshire Hathaway ist so lokal wie Buffett selbst. Von seinem Aktienportfolio in Höhe von 328 Milliarden US-Dollar bestehen derzeit 77 Prozent aus nur fünf US-Aktien: Apple, Bank of America, American Express, Coca-Cola und Chevron.

Zusätzlich hatte Buffett immer wieder einzelne Investments in Asien getätigt wie PetroChina im Jahr 2002, dann in den südkoreanischen Stahlhersteller Posco 2006. Im Jahr 2008 begann er, in den in Shenzhen ansässigen Elektroautohersteller BYD zu investieren.

Heute ist Asien für einen Großteil des Wachstums im Portfolio von Berkshire Hathaway verantwortlich und immer wieder gut für eine Überraschung. In einer untypischen Kehrtwende kaufte Berkshire Hathaway im Jahr 2022 für 4,1 Milliarden US-Dollar eine Beteiligung an Taiwan Semiconductor Manufacturing Co. (TSMC), einem der wertvollsten und innovativsten Unternehmen Asiens, nur um sie einige Monate später wieder zu verkaufen. Diese Entscheidung scheint nahezulegen, dass Berkshire Hathaway keinen Appetit auf geopolitische Risiken hat, wobei die geographische Lage von TSMC eine zentrale Rolle spielt.

 

Buffett auf Shopping-Tour in Japan

Buffett reiste im April nach Japan und verkündete, dass er seine Anteile an fünf der ältesten japanischen Mischkonzerne, den sogenannten Zaibatsu, auf 7,4 Prozent aufgestockt hat. Genauer gesagt an den Handelsgesellschaften der Zaibastu, den Sogo Soshas, nämlich Itochu, Marubeni, Mitsubishi Corp., Mitsui & Co. und Sumitomo Corp..

Die gesamte Marktkapitalisierung von Berkshires Beteiligungen an den japanischen Handelshäusern beläuft sich derzeit auf etwa 15,2 Milliarden US-Dollar, was dies zu seiner größten Investition außerhalb der USA macht. In Omaha sagte der 92-jährige Investmentguru: „Ich fühle mich mit dem Kapital, das wir in Japan eingesetzt haben, wohler als in Taiwan.“

Obwohl es unklar bleibt, was sich zwischen dem ersten Kauf zwischen Juli und September, als Buffett die Position aufbaute, und dem darauffolgenden März, als er alle Aktien verkaufte, geändert hat, ist seine offensichtliche Sorge um die Sicherheit entscheidend für die Umschichtung seines Asien-Engagements weg von China und Taiwan hin zu Japan.

Laut Buffett eine „einfache Entscheidung“: Die japanischen Unternehmen können auf solide Gewinne, anständige Dividenden und stetige Aktienrückkäufe verweisen, für die er sich immer wieder ausspricht, da Rückkäufe den Besitz eines Unternehmens erhöhen, ohne dass tatsächlich mehr davon gekauft wird. Außerdem wurden alle fünf japanischen Mischkonzerne unter ihrem Buchwert gehandelt und wiesen Dividendenrenditen von etwa 5 Prozent auf, als Buffett im Jahr 2019 einstieg, insbesondere im Vergleich zu den damals geltenden Zinssätzen.

In der Tat zeigen die jüngsten Jahresergebnisse der fünf Handelshäuser, die im Mai veröffentlicht wurden, einen starken Anstieg der Gewinne und Dividenden. Für das im März zu Ende gegangene Geschäftsjahr belief sich der Gesamtnettogewinn der fünf Unternehmen auf 4,2 Billionen Yen, das sind 19 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die gesamte Bardividendenausschüttung belief sich auf 957 Milliarden Yen, was einem Anstieg von 20 Prozent entspricht.

Unter der Annahme, dass Berkshire 7,4 Prozent der Anteile an den Unternehmen erworben hat, belaufen sich die geschätzten Dividendeneinnahmen auf etwa 510 Millionen US-Dollar. Gemäß den Dividendenausschüttungsplänen für die fünf Unternehmen wird diese Zahl für das laufende Geschäftsjahr, das im März 2024 endet, voraussichtlich auf 565 Mio. US-Dollar ansteigen. Durchaus in der Nähe dessen, was Berkshire im vergangenen Jahr an Dividenden aus seinem Investment an Coca-Cola erhalten hat, nämlich 704 Millionen US-Dollar.

Was spricht für japanische Unternehmen?

Sicher liegt der Reiz der japanischen Handelsunternehmen auch darin, dass sie „verständlich“ sind, wie Buffett es ausdrückte, da sie viele Ähnlichkeiten mit Berkshire Hathaway selbst aufweisen. Wie die japanischen Konglomerate ist auch Berkshire Hathaway eine Holdinggesellschaft, die aus vielen Vermögenswerten besteht.

Die Übersetzung von „trading houses“ ist ein wenig irreführend. Der ursprüngliche japanische Begriff „sogo shosha“ bedeutet wörtlich „umfassendes Handelsunternehmen“, was eher der Realität entspricht.

Japans Handelshäuser entstanden ursprünglich vor der Meiji-Restauration im Jahr 1868, als sich das Land von der Herrschaft des vormodernen Tokugawa-Shogunats ab- und der Modernisierung nach westlichem Vorbild zuwandte. Die Wurzeln von Mitsui und Sumitomo reichen sogar noch weiter zurück, nämlich bis ins 17. Jahrhundert. Ersteres war ursprünglich ein Kimono-Händler in Edo, dem heutigen Tokio, aus dem heute die Isetan Mitsukoshi Holdings, einer der größten Kaufhauskonzerne des Landes, hervorgegangen ist. Das letztgenannte Unternehmen begann als Buchhandlung und Apotheke in Kyoto und wandte sich später dem Kupferbergbau und der Kupferraffination zu, einem Vorläufer des heutigen Unternehmens Sumitomo Metal Mining.

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Itochu und Marubeni waren früher ein und dasselbe Unternehmen. Es begann am Ende der Tokugawa-Ära als Hanftuchhändler in der japanischen Region Kansai. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es in zwei Unternehmen aufgeteilt. Mitsubishi ist das jüngste der fünf Unternehmen und wurde in den frühen Tagen der Meiji-Ära als Schifffahrtsunternehmen gegründet.

Berkshire ist ebenfalls ein Konglomerat mit sechs Geschäftsbereichen, nämlich Versicherungen, Eisenbahnen, Versorgungsunternehmen und Energie, Fertigung, Lebensmittelgroßhandel sowie Dienstleistungen und Einzelhandel. Berkshire besitzt und betreibt reale Unternehmen wie den Autoversicherer GEICO, See's Candies und den Betreiber von Burlington Northern Santa Fe (BNSF), einer der größten nordamerikanischen Eisenbahnen.

 

„Wir sind noch nicht fertig mit Japan" 

Die Investition des Altmeisters in Japan hatte einen zusätzlichen Anreiz in Form von günstigen Finanzierungen. Berkshire Hathaway beschaffte sich in den letzten fünf Jahren japanisches Geld durch eine Reihe lokaler Anleihen, für die im Vergleich zu den USA deutlich niedrigere Zinssätze gezahlt wurden, wodurch jegliches Währungsrisiko aus dem Geschäft genommen wurde.

Und so sagte Buffett den Aktionären auf der diesjährigen Jahreshauptversammlung in Omaha, dem Woodstock des Kapitalismus, dessen einzigartige Atmosphäre ich jedem nur ans Herz legen kann, „Wir sind noch nicht fertig mit Japan und werden nach weiteren Möglichkeiten suchen.“ Abgesehen von seiner erklärten Absicht, die Beteiligungen an den fünf Handelshäusern auf jeweils 9,9 Prozent zu erhöhen werden auch mögliche Kooperationen in Betracht gezogen.

Greg Abel, Berkshires vergleichsweise junger, 60-jähriger stellvertretender Vorsitzender, der auf der Jahreshauptversammlung als Buffetts Nachfolger bestätigt wurde, begleitete seinen Chef auf seiner Japanreise im April. Die Reise seines Thronfolgers nach Japan zu einem Treffen mit dem Top-Management der fünf Handelshäuser wurde von den japanischen Partnern weithin als Zeichen für Buffetts Entschlossenheit gewertet, auch nach seinem Rücktritt als langfristiger Investor tätig zu sein.

Es ist äußerst selten, dass Buffett außerhalb der USA reist. Dies war erst sein zweiter Besuch in Japan seit November 2011, nach dem verheerenden Erdbeben und Tsunami, die Fukushima und den Nordosten des Landes heimsuchten.

 

Kenichi Hori, Präsident und CEO von Mitsui, bezeichnete das Treffen mit Buffett und Abel in Tokio als „fruchtbar“, da er den Eindruck hatte, dass das Management von Berkshire ihr Geschäftsmodell verstanden habe. Hori deutete an, dass sich die Grundregeln für die Globalisierung angesichts der anhaltenden amerikanisch-chinesischen Rivalität, die eine Entkopplung und die allmähliche Bildung zweigleisiger Lieferketten ausgelöst hat, zu einem komplexeren System entwickelt haben. 

Die fünf japanischen Handelsunternehmen sind in unterschiedlichem Maße in China engagiert. Ihre verschiedenen rohstoffbezogenen Geschäfte sind in hohem Maße von der chinesischen Nachfrage abhängig, und sie haben Direktinvestitionen in China. Also ein weiterer Grund für Investitionen in führende Handelshäuser, da diese als „Stellvertreter“ fungieren können, um am Wachstum Chinas teilzuhaben. Insofern ist Japan eine gute Plattform, um in das Wachstum Chinas zu investieren.

Buffetts Engagement entfacht das Interesse am japanischen Aktienmarkt

Jedenfalls hat das Engagement von Berkshire in Japan das Interesse am Aktienmarkt neu entfacht. Der Nikkei Stock Average, die wichtigste Benchmark, ist um fast 40 Prozent gestiegen, seit Buffett Ende August 2020 seine Investitionen in die fünf Handelsunternehmen in einer offiziellen Erklärung offengelegt hat. Der Index überschritt die Marke von 30.000 Yen und nähert sich seinem Allzeithoch, das im Dezember 1989 erreicht wurde.

Es hat 30 Jahre gedauert, bis wir wieder hierhergekommen sind. Aber die Gründe, optimistisch zu sein, liegen auf der Hand - der japanische Markt ist nachweislich billiger als beim letzten Mal, als er dieses Niveau erreichte. Das ist der Grund, warum Warren Buffett und viele andere sich von diesem Markt angezogen fühlen, weil sie einen echten Wert sehen.

Ein weiterer Beweggrund für Berkshire, in die japanischen Mischkonzerne zu investieren, könnte darin liegen, dass deren Geschäftsportfolios relativ inflationsresistent sind. Alle fünf Handelsunternehmen haben auch Logistikfunktionen unter ihren Fittichen, wie die Mitsubishi Corporation LT und Sumisho Global Logistics. Im Zuge der starken Verwerfungen in der globalen Logistik, während der COVID-Pandemie, hat Berkshire vielleicht die Stärke, die diese Handelshäuser in der Logistik haben, als wertvoll erkannt.

Chinesische Aktien fliegen aus dem Portfolio von Buffett

Im Zuge seiner Verlagerung nach Japan hat sich Buffett von seinen Investitionen im Großraum China zurückgezogen, die er 2002-2003 mit einer 488 Millionen US-Dollar Beteiligung an der staatlichen PetroChina begonnen hatte. Vor PetroChina war die einzige bedeutende ausländische Beteiligung von Berkshire die irische Brauerei Guinness in den frühen 1990er Jahren. Berkshire geriet wegen der PetroChina-Investition zusammen mit anderen westlichen Investoren, die Anteile an dem Unternehmen hielten, unter heftigen Beschuss, als die Gewalt im sudanesischen Darfur 2007 zunahm.

 

Die Muttergesellschaft von PetroChina, die China National Petroleum Corp. (CNPC), besaß einen beträchtlichen Anteil an der lokalen Ölgesellschaft, und der Druck auf Berkshire wurde immer größer, sich von Unternehmen zu trennen, die schwere Menschenrechtskrisen unterstützten. Im Februar 2008 erklärte Berkshire, dass es seine gesamten PetroChina-Beteiligungen im Jahr zuvor verkauft hatte. Als Gründe nannte Buffett den erheblichen Anstieg des Ölpreises und den darauffolgenden Anstieg des Aktienkurses, ohne die Darfur-Krise zu erwähnen. Buffetts erstes Engagement in China war ein großer Erfolg, auch wenn es zu einem Albtraum für die Öffentlichkeitsarbeit wurde.

Berkshires jüngste große China-Wette ist BYD, ein Hersteller von Elektrofahrzeugen, in den Buffett vor 15 Jahren zum ersten Mal investierte und der nun auf dem Weg ist, Chinas meistverkaufte Automarke zu werden und Volkswagen in diesem Jahr zu verdrängen. Nach den jüngsten Angaben besitzt Berkshire etwa 3,7 Prozent des Gesamtkapitals von BYD, einschließlich der in Shenzhen notierten Aktien, also weniger als die Hälfte der 225 Millionen Aktien, die es ursprünglich im September 2008 erworben hatte.

Da der ursprüngliche Kaufpreis 8 Hongkong-Dollar pro Aktie betrug und die Verkaufspreise bei etwa 200 HK-Dollar oder mehr lagen, hat Berkshire bisher schätzungsweise mehr als 6 Milliarden HK-Dollar (765 Mio. US-Dollar) in bar und über 5 Milliarden HK-Dollar an Gewinn erzielt. Berkshire hat sich bisher nicht klar dazu geäußert, warum es BYD verkauft. Die Skepsis über die Zukunft der Autoindustrie könnte mit geopolitischen Überlegungen über China zusammengefallen sein.

„Gut für Apple und gut für China“ 

Durch die kurzfristige Absage des Börsengangs der Ant Financial Group im November 2020 und das anschließende Verschwinden ihres Gründers Jack Ma hatte sich die Einstellung von Buffett gegenüber China geändert. Obwohl Ma wieder aufgetaucht ist, war der Vorfall eine Erinnerung an das Risiko von Direktinvestitionen in chinesische Unternehmen. Buffett will keine weitere Eskalation der Spannungen zwischen den USA und China, die eine Entkopplung zwischen den Supermächten noch verschärfen würde.

Auf der Hauptversammlung in Omaha betonte sein Partner Charlie Munger, dass beide Seiten die Situation prekär machen. Munger ist der Ansicht, dass die USA und China „gleichermaßen schuldig“ an den Folgen sind, die sich jetzt abzeichnen. Am Beispiel Apple, in das Berkshire stark investiert ist, wies er darauf hin, dass das Engagement in China zu Ergebnissen geführt habe, und das sei „gut für Apple und gut für China“ gewesen. Munger fuhr fort: „Alles, was die Spannungen erhöht, ist dumm, dumm, dumm.“

 

Buffett verglich das derzeitige Wettrüsten zwischen den USA und China mit der atomaren Aufrüstung im Kalten Krieg, die die Welt 1962 wegen der Kuba-Krise an den Rand eines Atomkriegs brachte. Er ist der Ansicht, dass die USA China jetzt mit einem „ anderen Spiel“ konfrontiert sind, bei den beiden Führern „mehr Zerstörungswerkzeuge“ in der Hand haben, einschließlich der Cyberkriegsführung. „Sowohl China als auch die USA müssen verstehen, dass man nicht zu viel Druck ausüben kann“, sagte Buffett. „Wir werden wettbewerbsfähig sein, sollten aber abschätzen, wie weit wir gehen können, ohne dass die andere Seite reagiert.“ Der zeitweise reichste Mann der Welt scheint in dieser neuen Situation auf ein langes Spiel vorbereitet zu sein, denn er sagte: „Wir stehen erst am Anfang dieser Entwicklung.“

Und in der Tat sind Tempo und Takt des Tanzes der Giganten USA und China Katalysator und Leitplanke der geopolitischen Landschaft der nächsten Jahre.

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