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Comgest-Fondsmanager im Interview Japan-Investments: „Das Gold ist im Dschungel versteckt“

Comgest-Portfoliomanager Richard Kaye
Comgest-Portfoliomanager Richard Kaye: „Japan ist ein El Dorado für Anleger." | Foto: Comgest/Fotomontage Jessica Hunold mit Canva

DAS INVESTMENT: Japan trägt einige Lasten mit sich herum, die das Vertrauen in den Markt untergraben und Anleger von einem Investment abhalten können. Das Land hat eine ultrahohe Staatsverschuldung, 2022 sind es schon 264 Prozent des BIP.

Richard Kaye: Das ist ein Bruttowert. Die Nettoverschuldung, also die Gesamtschuld abzüglich der staatlichen Vermögenswerte, ist viel kleiner. Sie liegt bei nur 40 bis 50 Prozent des BIP, ist also etwa so hoch wie die Deutschlands. Der Nettowert ist viel aussagekräftiger.

Die Gesamtschulden sind aber im internationalen Vergleich abnorm hoch.

Kaye: Die Situation ist nicht so dramatisch, wie man von außen meinen könnte. Viele Schulden werden von japanischen Institutionen gehalten. Die Bank of Japan ist der größte Einzelgläubiger in Japan. Es leihen sich zum Beispiel auch die Präfekturen, quasi die japanischen Bundesländer, Geld von der Zentralregierung. Allein das macht 30 bis 40 Prozent an Japans Nettoschulden aus. Die Schuldensituation zeigt daher noch lange keine Staatskrise an. Es ist anders als beispielsweise bei Griechenland oder Brasilien: Dort müssen die Schulden an auswärtige Gläubiger zurückgezahlt werden, Japan dagegen hat sehr viele interne Schuldner.

Quelle Fondsdaten: FWW 2024

Ein weiteres Problem: Japan hat international verglichen eine stark alternde Gesellschaft – nicht gerade rosig für eine brummende Wirtschaft.

Kaye: Viele japanische Unternehmen betreiben Geschäft nicht in Japan, sondern mit dem Ausland. Auch in unserem Portfolio kommen 66 Prozent der Gesamteinnahmen von außerhalb Japans. Wenn die demographische Situation sich in Japan ungünstig entwickelt, sind diese Unternehmen nicht so stark betroffen. Mittlerweile steuert Japan übrigens auch gegen: Während der Regierungszeit von Premierminister Abe ist die Arbeits-Immigration um das Dreifache gestiegen, gerade bei den sogenannten Blue-collar-Workers. Die meisten kommen aus China oder Vietnam. Sie arbeiten in Shops, Cafés und teils auch Bauunternehmen. Viele junge Immigranten werden vermutlich bleiben, denn in Japan verdienen sie mehr als in ihren Heimatländern. Übrigens werden Sie in den großen japanischen Metropolen die alternde Bevölkerung gar nicht bemerken. Das ist vor allem ein Problem der ländlichen Gegenden.

Was zuletzt erstaunt hat: In Japan bleibt die Inflation niedrig, laut dem IWF liegt die Teuerung 2022 gegenüber dem Vorjahr bei gerade einmal 2 Prozent. Die BoJ hat auch gegen den Trend anderer Industrieländer die Zinsen nicht erhöht.

Kaye: Ein Grund dafür ist eben die alternde Gesellschaft, die Menschen konsumieren nicht so viel. Vor allem kaufen sie nicht so viele Immobilien. In den USA sind die Immobilienpreise der größte Inflationstreiber, das fällt in Japan weg. Außerdem hatte Japan keinen Corona-Lockdown. In westlichen Ländern hat die Wirtschaft sehr unter geschlossenen Geschäften und Restaurants gelitten, den japanischen Mittelstand hat das weniger betroffen. Ein dritter Grund: Japan hat viel ungenutzte Arbeitskraft. Traditionell haben Frauen in Japan aufgehört zu arbeiten, wenn sie geheiratet und Kinder bekommen haben. Das ändert sich gerade, und auch das wirkt der Inflation entgegen. All diese Dynamiken unterscheiden Japan von den westlichen Ökonomien. Deshalb kann die BoJ die Zinsen so niedrig lassen.

In westlichen Ländern sind die gestiegenen Energiepreise im Zuge von Russlands Überfall auf die Ukraine ein starker Inflationstreiber. Leidet Japan nicht darunter?

Kaye: Bei Energiequellen ist Japan sehr diversifiziert. Es nutzt zu einem viel größeren Anteil Atomenergie, trotz der Fukushima-Katastrophe. Außerdem gibt es Gas und Öl. Gas kommt vor allem aus Katar, Japan betreibt LNG-Terminals. Ein großer Öllieferant ist Iran. Russland spielt auf dem Energiemarkt für Japan dagegen kaum eine Rolle. Die beiden Länder haben Territorialstreitigkeiten, nach dem Zweiten Weltkrieg haben Japan und Russland nie einen Friedensvertrag geschlossen.

Wie sieht die ökologische Situation in Japan aus?

Kaye: Unter einem steigenden Meeresspiegel leidet Japan nicht, die Hauptinsel Honshu ist sehr hoch gelegen. Es gibt aber andere Probleme: Zwei Drittel des Landes sind durch Berge oder Sümpfe quasi unbewohnbar, oder das Land ist erdbebengefährdet. Also leben 126 Millionen Japaner auf einem Raum, der nur etwa halb so groß wie Großbritannien ist. Die Metropolen sind sehr dicht besiedelt. Es wird bereits versucht, Menschen den Umzug in weniger besiedelte Regionen wie Hokkaido oder Okinawa schmackhaft zu machen.

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