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Investmentmanager im Interview „Die Japan Inc. ist reif für den Wandel“

Kirschblütenfest in Kyoto
Kirschblütenfest in Kyoto: „Wenn sich Japan zu einer Nation von Aktionären entwickelt, ist dies auch ein gutes Zeichen für ausländische Investoren“, sagt Sam Perry, Investmentmanager für japanische Aktien bei Pictet Asset Management. | Foto: Imago Images / imagebroker

DAS INVESTMENT: Herr Perry, Japans neuer Premierminister Fumio Kishida kündigte im Januar 2022 nichts weniger als ein neues Wirtschaftssystem für Japan an. Entstehen soll eine etwas überarbeitete Form der Abenomics; ein gerechterer Kapitalismus. Wie weit sind die Pläne gediehen, was müssen Anlegerinnen und Anleger jetzt wissen?

Sam Perry: Etwa 18 Monate nachdem der japanische Premierminister Fumio Kishida versprochen hat, eine „neue Form des Kapitalismus“ zu schaffen, werden die Konturen seines Revitalisierungsprogramms deutlich. Seine Leitinitiative, die darauf abzielt, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und die sozialen Herausforderungen zu bewältigen, scheint auf einer einfachen Strategie zu beruhen: Die japanischen Bürger sollen davon überzeugt werden, inländische Aktien zu kaufen. Kishida drängt die traditionell risikoscheuen Anleger des Landes, die aber über viel Bargeld verfügen, dazu, ihr Vermögen proaktiv zu verwalten und zu investieren.

Wie soll das gelingen?

Perry: Die Kishida-Regierung führt eine neue Steuerbefreiungsregelung für Investitionen ein. Sie soll in Verbindung mit anderen Maßnahmen des Privatsektors den Wandel vom Sparen zum Investieren beschleunigen, den langfristigen Wert der Japan Inc. steigern und den Wohlstand breiter verteilen. Der steuerliche Anreiz findet bei den japanischen Bürgern Anklang. Die Rückkehr der Inflation, die sich auf einem 41-Jahres-Hoch befindet, und die zunehmende Besorgnis im Hinblick auf die Finanzierung des Ruhestands veranlassen einen wachsenden Teil der japanischen Bevölkerung dazu, sich mit Maßnahmen zur Sicherung ihrer finanziellen Zukunft auseinanderzusetzen.

 

Was bedeutet das für japanische Aktien?

Perry: Sollte der Prozess weiter an Dynamik gewinnen, könnte er sich als transformativ für japanische Aktien erweisen: Die japanischen Sparerinnen und Sparer haben umgerechnet rund 13,7 Billionen Euro auf der hohen Kante. Wichtig ist jedoch auch, dass die Bestrebungen der Politik die Attraktivität Japans bei ausländischen Aktienanlegern erhöhen könnten: Bisher stockkonservativ geführte Unternehmen sollen sich in dynamische, flexible und aktionärsfreundliche Unternehmen verwandeln, deren Wertpapiere sich weltweit als Grundbaustein für global diversifizierte Portfolios anbieten.

Sie haben das gigantische Sparvolumen angeschnitten: Wie sieht denn das Potenzial für die auf Risiko-Assets basierende Kapitalanlage in Japan aus?

Perry: Japanische Privatanleger haben traditionell fast die Hälfte ihres Vermögens in Bargeld und Bankeinlagen angelegt. Nur 15 Prozent ihres Vermögens sind in Aktien und Investmentfonds investiert, verglichen mit rund 30 Prozent in den USA und Europa. Nach vielen gescheiterten Versuchen früherer Regierungen arbeitet Kishida daran, diesen riesigen Bargeldbestand zum Nutzen der Sparer arbeiten zu lassen. Um den Aktienanteil im Anlage-Mix zu erhöhen, hat Kishida die Steuerbefreiungsregelung für Investitionen, auch bekannt als Nippon Individual Savings Account (NISA), überarbeiten lassen.

Was hat es damit auf sich? Könnten Sie den NISA-Ansatz bitte näher erläutern?

Perry: Ursprünglich im Jahr 2014 eingeführt und dem britischen Individual Savings Account (ISA) nachempfunden, bietet NISA Anlegern eine Befreiung von der 20-prozentigen Steuer, die normalerweise auf Kapitalgewinne und Dividenden erhoben wird. Jährliche Verkaufsgewinne und Erträge in Höhe von 1,2 Millionen JPY (8.200 Euro) bleiben bis zu fünf Jahre steuerfrei. Japanische Anlegerinnen und Anleger haben damit das Potenzial, die Nachfrage auf dem Aktienmarkt des Landes, der der zweitgrößte der Welt ist, deutlich zu steigern.