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Jens Ehrhardt „Schon Probemanöver für die nächste Rezession“

Gründer und Chef von DJE Kapital Jens Ehrhardt. Der Vermögensverwalter schaut in einem umfangreichen Ausblick ins neue Jahr.
Gründer und Chef von DJE Kapital Jens Ehrhardt. Der Vermögensverwalter schaut in einem umfangreichen Ausblick ins neue Jahr. | Foto: DJE Kapital

Vor einem Jahr hatten wir in unserem Marktausblick einen schwächeren US-Dollar und ein nur gebremstes Wachstum in den USA prognostiziert. Den allgemein vorhergesagten Zinssteigerungen standen wir zudem skeptisch gegenüber und sagten allenfalls moderat steigende Zinsen voraus. Tatsächlich hat die US-Notenbank die Zinsen erneut erhöht, allerdings auf ein nach wie vor im historischen Vergleich sehr niedriges Niveau, ohne konjunkturbremsende Wirkungen. Hinzu kommt, dass die US-Banken im Bereich ihrer freien Reserven weiterhin ungewöhnlich flüssig und damit die Voraussetzungen für Unternehmenskredite im Hinblick auf die hohe Bankenliquidität nach wie vor günstig sind. Die USA dürften weiterhin nicht den monetären Rückenwind Europas haben, aber auch noch keinen monetären Gegenwind spüren, der zu einer Börsen-Baisse führen würde.

Skeptiker sehen in den hohen amerikanischen Börsenbewertungen, die im Vergleich zu Europa etwa 20 Prozent und gegenüber den Schwellenländern noch teurer sind, eine Baisse-Gefahr. Gewinnbewertungen haben allerdings in der Vergangenheit als Timing-Instrument für die Börsenentwicklung selten funktioniert. Würde man nach dem 10-Jahres-Kurs/Gewinn-Verhältnis des Wirtschaftsnobelpreisträgers Robert Shiller seine Börsenentscheidungen nach der Gewinnbewertung treffen, hätte man schon 2010 alle Aktien verkaufen müssen.

Anleihemarkt birgt Risiken für Anleger in Europa und den USA

Ausschlaggebend bleibt die Frage, ob der monetäre Gegenwind 2018 zu groß wird oder nicht. Mit anderen Worten gesagt, ob Anleihen wieder attraktiver werden als Dividendenpapiere oder Wachstumsaktien. Solange Anleihen mit ihrer minimalen Rendite allerdings weltweit keine Alternative zu Aktien darstellen - wie es aktuell der Fall ist - dürften die Aktienmärkte per saldo positiv tendieren. Wichtig ist ganz einfach das Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Solange Aktien attraktiver sind als Anleihen und Unternehmen entsprechend Aktienrückkäufe - auch auf Kredit - vornehmen bei gleichzeitig begrenzter Menge an Aktienangebot etwa durch Neuemissionen oder Kapitalerhöhungen, dürfte der Börsentrend insgesamt aufwärts gerichtet bleiben. Dass die Wall Street im internationalen und im historischen Vergleich überteuert erscheint, spielt dabei keine Rolle.

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Die Hauptgefahren für Anleger dürften in Zukunft auch weniger vom Aktienmarkt, als vielmehr vom Anleihemarkt ausgehen. Sollten die Zinsen wegen guter Konjunktur und steigender Inflation wieder anziehen, dann bringen Anleihen nicht nur völlig unattraktive Zinsen, sondern auch erhebliche Kursgefahren bei länger laufenden Titeln mit sich. Besonders amerikanische Unternehmensanleihen erscheinen dann gefährdet, da die Zinsen in den USA im historischen Vergleich besonders niedrig sind. Weil die Bilanzrelationen im Durchschnitt schon heute sehr schlecht sind, ist im Falle einer Rezession die Gefahr für Zahlungsausfälle bei Unternehmensanleihen besonders groß.

Aber auch in Europa sind Unternehmensanleihen mit noch tieferen Zinsen unattraktiv und bei Zinssteigerungen sehr gefährlich. Im Gegensatz zu den USA hat die Europäische Notenbank bisher Unternehmensanleihen für dreistellige Milliardensummen aufgekauft und so nicht nur Regierungen über den Kauf von Staatsanleihen verbotenerweise mit Kapital versorgt. Private Unternehmen sind durch diese Käufe ebenfalls subventioniert worden. Scheinbar sind dies schon Probemanöver, um bei der nächsten Rezession nicht nur insolvente Staaten über Wasser zu halten, sondern auch gefährdete europäische Unternehmen mit Billigst-Krediten zu versorgen, indem die Zentralbank auch Anleihen schlechter Bonität direkt vom Unternehmen kauft.