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Altersvorsorge in Deutschland „Wir schließen Atomkraft bei unserem Index explizit aus“

Jens Göhner
Jens Göhner: Der Leiter Produkt- und Vertriebsmarketing Vorsorge und Investment bei der Stuttgarter Lebensversicherung spricht im Interview über nachhaltige Fondspolicen. | Foto: Stuttgarter Lebensversicherung a.G.

Im Rahmen der Taxonomie-Verordnung könnten bald auch Investments in Gas- und Atomkraft als nachhaltig gelten. Wie gehen Sie damit bei den nachhaltigen Versicherungsprodukten der Stuttgarter um?

Jens Göhner: Nachhaltigkeit ist ein weiter Begriff. Unser Verständnis, was wir als nachhaltig empfinden, hängt von unseren individuellen Werten und Sichtweisen ab. Zum Beispiel bei der Frage, ob wir Atomkraft als nachhaltige Energiegewinnung ansehen. Das macht die Kundenberatung zum Thema Nachhaltigkeit, aber auch die Kapitalanlage, komplex. Die Taxonomie erfüllt daher eine wichtige Aufgabe, denn sie wird der Finanzbranche Orientierung geben: Sie definiert, welche Aktivitäten und Investitionen die EU als nachhaltig einstuft.
Die Taxonomie-Konformität von Atomkraft und Gas ist Ergebnis der unterschiedlichen Auffassungen in den Mitgliedsländern, welche Arten von Energiegewinnung nachhaltig sind. In Deutschland ist vor allem die Entscheidung der EU-Kommission, Atomenergie zumindest vorübergehend als grün einstufen, auf breite Ablehnung gestoßen. Sie ist für uns aufgrund ihrer Risiken ähnlich negativ besetzt wie die Kohlekraft, die mit ihrem hohen CO2-Ausstoß den Klimawandel vorantreibt.
Das Gute ist: Die Taxonomie verbietet nicht, dass Kapitalanleger Atomkraft oder auch Gas für sich ausschließen und somit strenger agieren. Mit unserem Produkt Grüne Rente fördern wir erneuerbare Energiegewinnung und finanzieren mit dem Geld unseres Sicherungsvermögens zum Beispiel Windenergie-, Photovoltaik- oder Wasserkraftanlagen oder beteiligen uns an diesen. Atomkraft oder Gas ist für uns keine erneuerbare Energie. Das gilt auch für unseren neuen Grüne Zukunft Index. Die enthaltenen Aktien wählen wir aus acht Zukunftsthemen aus. Dazu zählen unter anderem Klimalösungen zur Förderung nachhaltiger Energiegewinnung. Zusätzlich schließen wir Atomkraft explizit aus.

Aus der Vergangenheit haben aber viele Lebensversicherer noch Kapitalanlagen, die nicht als nachhaltig gelten. Welche konkreten Schritte unternimmt die Stuttgarter, um das Sicherungsvermögen ihrer Lebensversicherungen nachhaltiger zu gestalten?

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Göhner: Die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft braucht Zeit. Das gilt auch für die Sicherungsvermögen der Lebensversicherer. Bei der Stuttgarter sehen wir es als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit in unserer Verantwortung, zum Erhalt der ökologischen, sozialen und ethischen Grundlagen der Gesellschaft beizutragen. Alle unsere Schritte leiten sich aus diesem Selbstverständnis ab. Deshalb werden wir unser Sicherungsvermögen sukzessive immer „grüner“ machen. Dazu gehört neben strengeren Anlagekriterien auch, dass wir unseren Fortschritt über Kenngrößen wie einem ESG-Performance-Score oder aggregierten CO2-Emissionen des Kapitalanlagebestandes messen und kontinuierlich verbessern wollen.
Eine nachhaltige Anlage im Sicherungsvermögen ist aus unserer Sicht essenziell, um glaubwürdig ein nachhaltiges Vorsorgeprodukt anbieten zu können. Das betrifft nicht nur klassische Rentenversicherungen, sondern auch die modernen kapitalmarktorientierten Produkte wie Index- und Hybridrenten. Denn auch dort ist zumindest ein Teil des Guthabens im Sicherungsvermögen investiert.
Bei der Grünen Rente haben wir – wie oben skizziert - noch strengere Anlagekriterien. Bei ihr arbeiten wir nach dem Zuordnungsprinzip. Das heißt: Wir sichern unseren Grüne-Rente-Kunden zu, mindestens in Höhe des Sparanteils der eingezahlten Beiträge in ausschließlich nachhaltige Projekte und Kapitalanlagen zu investieren. Je höher der Anteil der Grünen Rente an unserem gesamten Neugeschäft ausfällt, desto stärker investieren wir in diese streng nachhaltigen Kapitalanlagen. Der Mechanismus ist ähnlich wie bei Ökostrom: Wenn mehr Kunden Ökostrom bestellen, muss der Versorger garantieren, im gleichen Maß mehr erneuerbare Energie zu gewinnen.

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