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Jessica Schwarzer: Wie du zu einem kleinen Vermögen kommst

DAS INVESTMENT Academy: Dein neuestes Buch heißt „Wie wird man möglichst entspannt reich?“ Das ist der Traum von ganz vielen Anleger:innen. Aber wie soll das ganz konkret gehen und ist das überhaupt möglich?
Jessica Schwarzer: Der Titel ist ein wenig zugespitzt, zugegeben. Es geht darum, mehr finanzielle Freiheit und mehr finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen.
Es geht darum, Vorurteile à la „Geld macht nicht glücklich“ oder „Die Börse ist ein Casino“ zu entkräften und eine bessere Einstellung zu Geld, zu Finanzen und vor allem zu Aktien zu bekommen.
Neudeutsch würde man sagen: Es geht darum, ein neues und bessere „Money Mindset“ zu bekommen. Dabei reich zu werden, wäre natürlich ein toller Nebeneffekt.
Wieso ist das für die meisten Leute so ein Widerspruch?
Jessica: Entspannt reich zu werden? Undenkbar für viele, wohl wahr. Die einen denken, nur Superhirne werden reich, die anderen denken, man müsse rund um die Uhr schuften. Das ist aber Blödsinn.
Ein kleines Vermögen - zugegeben, wohl keinen Superreichtum - kann man schon mit geringen Summen aufbauen, ohne viel Aufwand. Aber das geht eben nur, wenn wir uns vom fleißigen Sparer zum langfristigen Investor weiter entwickeln, wenn wir einen Teil unseres Ersparten an der Börse anlegen.
Was sind die häufigsten Ausreden, wenn Leute nicht mit dem Investieren beginnen wollen?
Jessica: Der Klassiker ist wohl, dass die Menschen denken, dass sie kein Geld zum Investieren hätten. Sparpotenzial hat aber fast jeder und via Fonds- oder ETF-Sparplan können wir schon mit kleinsten Summen beginnen.
Los geht es oft schon mit 25 oder 50 Euro, manchmal sogar weniger. Viele denken aber, die Börse sei nur etwas für Reiche. Noch so ein Vorurteil, noch so eine Ausrede.
Dann natürlich: keine Zeit. Wie lange brauchen wir, um uns für das nächste Urlaubsziel samt Hotel und Flug zu entscheiden? Daraus machen viele ein Projekt. Oder das neue Auto. Da wird Probe gefahren, verglichen und konfiguriert. Aber bei der Geldanlage soll es ganz schnell gehen. Dauert es doch etwas länger, weil wir uns einlesen und informieren müssen, heißt es: keine Zeit.
Mit welchen Argumenten motivierst du Leute, sich trotzdem mit der Altersvorsorge am Kapitalmarkt zu beschäftigen?
Jessica: Altersvorsorge ist unsexy, keine Frage. Es geht um unser Leben „im Alter“. Alt, gebrechlich, vielleicht sogar krank? Damit will man sich nicht beschäftigen, das erschient so unendlich weit weg; vor allem, wenn wir noch jung sind. Und das ist auch verständlich. Wie wäre es mit Altersvorfreude statt Altersvorsorge, Altersvorfreude statt Altersarmut?
Und wenn wir dann Strategien, Wege und Produkte wählen, mit denen wir flexibel bleiben, also keine Knebelverträge beim Versicherer, klingt das doch schon viel besser, oder?
Welche Argumente ziehen dabei am meisten?
Jessica: Weg vom Knebelvertrag für das Alter, hin zu flexiblem Vermögensaufbau und Altersvorfreude - das zieht.
Du sagst in einem Buch, ein Vermögensaufbau ohne Aktien ist in Zeiten der Niedrigzinsphase kaum noch möglich. Was ist deine Lieblingsaktie und wieso?
Jessica: Und das stimmt nicht nur in Zeiten von Niedrigzinsen. Aktien sind ein extrem wichtiger Baustein für den Vermögensaufbau, weil sie langfristig die besten Renditen liefern.
Bei einer breiten Risikostreuung sind das statistisch 6 bis 8 Prozent pro Jahr - allen Schwankungen, Korrekturen und sogar Crashs zum Trotz. Wichtig ist die Risikostreuung, also lieber Dutzende oder Hunderte Aktien via Fonds oder ETF.
Einzelaktien sind viel zu riskant. Trotzdem habe ich aber eine Lieblingsaktie: die des französischen Luxuskonzerns LVMH. Ich bin ziemlich verliebt, muss ich zugeben. Das widerspricht allen klugen Regeln der Geldanlage, aber es ist eben so. Ich habe die Aktie seit fast 20 Jahren, liebe die Marken des Konzerns, noch mehr aber den Blick in mein Depot: Wer hat schon eine Aktie mit einem Plus von 1.000 Prozent?
Laut eines Artikels investierst du monatlich 800 Euro in ETFs. Wie kam es zu dieser Summe bei dir?
Jessica: Über die Jahre habe ich meine Sparraten immer weiter angepasst. Als ich mich vor gut fünf Jahren selbstständig gemacht habe, war klar: Aktien sind und bleiben der wichtigste Baustein für meinen langfristigen Vermögensaufbau und meine Altersvorfreude. Ich würde die Summe eher weiter hoch-, als runtersetzen.
Finanzielle Unabhängigkeit ist ein Ziel von vielen Menschen. Wie viel sollte monatlich in Euro in ETFs fließen, damit Personen dieses Ziel möglichst noch vor dem regulären Renteneintritt erreichen?
Jessica: Es ist sehr individuell, mit welcher Summe und mit welchem Vermögen sich Menschen finanziell unabhängig fühlen. Daher variiert auch die Summe, die Anleger monatlich in ETFs investieren sollten. Alle kommen aber sicherlich schneller ans Ziel, wenn sie so viel wie möglich investieren.
Wer bisher nur auf die gesetzliche Rentenkasse gesetzt hat, muss auf jeden Fall etwas tun.
Je früher, desto besser. Je mehr, desto besser. Studien zufolge hat der Ottonormalbürger eine Rentenlücke von 500 bis 1500 Euro - pro Monat. Frauen eher 1.500 Euro, Männer eher 500 Euro. Rechnen wir mit 1.000 Euro, dann fehlen uns im Alter Jahr für Jahr 12.000 Euro, um unseren Lebensstandard zu halten.
Investierst du neben ETFs noch in andere Anlageprodukte. Wenn ja, welche und was ist der Grund dafür?
Jessica: In meinem langfristigen Depot liegen tatsächlich nur ETFs. Ich bilde das chancenorientierte Depot aus meinem Buch „Einfach erfolgreich anlegen“ ab, und zwar ziemlich stur.
In meinem Spielgelddepot landen auch schon mal Einzelaktien, Branchen-ETFs oder Aktienanleihen. Das ist manchmal einfach spannender. Aber wenn es um die langfristige Anlage geht, sind ETFs auf breite Indizes für mich die erste Wahl.
Inwiefern macht erfolgreiches Investieren dich glücklicher, als andere Herausforderungen zu meistern?
Jessica: Ich bin leidenschaftliche Börsianerin. Ich habe meine Leidenschaft zu meinem Beruf gemacht. Wenn es dann mit meinen langfristigen Investments gut läuft, ist das natürlich toll; und am Ende auch eine Bestätigung. Aber es gibt auch andere Herausforderungen in meinem Leben, die mich sehr glücklich machen, wenn ich sie denn gemeistert habe. Es geht nicht immer nur um Aktien, Börse und Geld.
Welche Bedeutung hat Geld für dich persönlich?
Jessica: Ich mag Geld. Schon als Kind habe ich leidenschaftlich gespart und mich immer irre gefreut, wenn die Zinsen zu Jahresbeginn auf dem Sparbuch gutgeschrieben wurden und ich gesehen habe, wie mein „Vermögen“ wächst.
Geld mag nicht unbedingt glücklich machen. Aber kein Geld zu haben, ständig finanzielle Sorgen zu haben, macht sicherlich auch nicht glücklich.
Im Gegenteil.
Finanzielle Freiheit und Unabhängigkeit hingegen sind ein verdammt gutes Gefühl.
Was war dein bisher größter Investmentfail und was hast du daraus gelernt?
Jessica: Was habe ich mir nur dabei gedacht, 2019 noch Wirecard zu kaufen? Ich betone immer wieder das Risiko von Einzelaktien, ich warne vor Emotionen wie Gier. Und dann das.