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Aktualisiert am 28.01.2020 - 17:43 Uhrin MärkteLesedauer: 6 Minuten

Jim O’Neill: „Die Weltwirtschaft wird von den Bric-Staaten angeführt“

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Frage: Was muss getan werden, um die Kreditaufnahme der privaten Haushalte in den Bric-Staaten zu erhöhen, und warum wäre das von Vorteil?

O’Neill:
Es ist kein Problem für die Bric-Staaten, ihre Schulden zu erhöhen, solange es nur eine bescheidene Erhöhung ist. Die Bric-Staaten sind im Allgemeinen sehr gering verschuldet. Wenn die USA und der Westen ihre Schulden reduzieren, kann es für andere mit hohen Ersparnissen sinnvoll sein, ihre Schulden teilweise zu erhöhen.

Frage: Im Laufe der letzten Jahre hatten sich Investitionen in den Bric-Staaten bewährt. Sehen Sie Risiken in den kommenden Monaten?

O’Neill: Im Jahr 2010 wird es schwieriger sein, in Bric-Aktien zu investieren. Die Börsenkurse sind im Jahr 2009 bereits deutlich gestiegen. Ein weiterer Punkt: In Brasilien, China und Indien dürfte die Geldpolitik im Jahr 2010 gestrafft werden. Wir bevorzugen derzeit Russland, da dort die Geldpolitik womöglich weiter gelockert werden könnte. Doch selbst wenn 2010 das Investieren komplizierter wird, so sind die Bric-Länder und ihre Märkte für die Zukunft für uns alle entscheidend.

Frage: Welches sind die wichtigsten Entwicklungen, die in den Bric-Ländern demnächst stattfinden müssen und welches sind die dringendsten Probleme die Brasilien, Russland, Indien und China in naher Zukunft lösen sollten?

O’Neill: Jedes Land hat seine eigenen Herausforderungen. Das kann nicht in ein paar Sätzen beantwortet werden. Russland beispielsweise hat derzeit wohl die größten Schwierigkeiten. Es muss seine Abhängigkeit von Öl und Energie reduzieren.

Frage: Werden sich die Brics künftig eher simultan entwickeln oder glauben Sie, dass sich zum Beispiel Brasilien und Russland in den kommenden Jahren langsamer entwickeln als Indien und China?

O’Neill: Da China und Indien große Bevölkerungen haben, haben sie die beste Voraussetzung für Wachstum. Die Urbanisierung, also der Strom der Landbevölkerung in die Städte, bleibt für viele Jahre ein großer Vorteil. Brasilien könnte einen baldigen Anstieg seiner Wachstumsrate erleben: 5-6 Prozent Wachstum für das nächste Jahrzehnt könnten möglich sein.

Frage: Die Olympischen Spiele finden im Jahr 2016 in Brasilien statt. Sehen Sie noch Potenzial für ein schnelles Wachstum des BIP? Welches sind die Risiken?

O’Neill:
Die Inflationssteuerung ist in Brasilien ein großer Erfolg. Sie hat buchstäblich geholfen, das Land zu verändern. Die Brasilianer können nun mit weniger Unsicherheit für die Zukunft planen. Natürlich hat Brasilien auch sehr viel Glück gehabt: Es wurden neue Rohstoffe gefunden, und das Land hat vom Anstieg der weltweiten Rohstoffpreise profitieren können. Die Wahl 2010 ist wichtig. Wer auch immer gewinnen wird, muss der Zentralbank erlauben, unabhängig zu bleiben und weiterhin das Ziel zu verfolgen, die Inflationsrate niedrig zu halten. Es ist auch wichtig, dass der Anteil der staatlichen Ausgaben am BIP reduziert wird. Falls nicht, könnte es an einem bestimmten Punkt die Währung gefährden. Das ist an sich nicht unbedingt ein Problem, aber es könnte eins werden, wenn der brasilianische Real stark fallen würde.
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