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J.O.-Hambro-Manager James Syme über Asiens Aktien-Boom „Pleiten in China? Shanghai ist nicht Detroit“

Manager des JOHCM Global Emerging Markets Opportunities Fund: James Syme von J.O. Hambro Capital Management
Manager des JOHCM Global Emerging Markets Opportunities Fund: James Syme von J.O. Hambro Capital Management
DER FONDS: China spaltet die Investoren-Gemeinde. Sie scheinen zu den Optimisten zu gehören – rund 30 Prozent Ihres Portfolios haben Sie dort investiert.

James Syme: Wir sind sehr zuversichtlich für den chinesischen Aktienmarkt. Zwar ist das hohe Wirtschaftswachstum in China wie auch in anderen Emerging Markets über Schulden finanziert. Wir denken aber, dass China damit besser umgehen kann als andere. Insbesondere in der Geldpolitik ähnelt China eher einem Industrieland. Die Regierung setzt ein sehr aggressives Reformprogramm um, das den Aktienmarkt unterstützen dürfte.

Welche Sektoren sind von den Reformen vor allem betroffen?

Insbesondere die großen staatlichen Unternehmen – quer durch viele Sektoren. Bei diesen Unternehmen zählte bislang nur Wachstum. Künftig soll die Ertragskraft in den Vordergrund rücken. Die für Staatsunternehmen zuständige Behörde Sasac gibt den Kurs vor. Ein Beispiel: Seit China Mobile in den 1990er Jahren als Unternehmen entstanden ist, ging es nur darum, Jahr für Jahr zu wachsen. Seit 2014 steht nun die Gesamtkapitalrendite im Fokus. Große staatliche Unternehmen, die das Potenzial für Reformen haben, machen einen signifikanten Teil unseres Portfolios aus. Wir besitzen einige Banken, den Versicherer China Life sowie Immobilien- und Energieunternehmen. Weniger überzeugt sind wir dagegen vom Minen- und Stahlsektor.

Chinas Wirtschaftswachstum ist im ersten Quartal auf 7 Prozent gefallen. Das zweite Quartal fällt vielleicht noch schlechter aus. Beunruhigt Sie das nicht?

China wird langsamer wachsen, keine Frage. Darauf deuten nicht nur die BIP-Zahlen, sondern auch andere Wirtschaftsdaten hin. Durch die demografische Verschiebung nimmt aber der Druck ab, stetig eine Vielzahl neuer Arbeitsplätze zu schaffen. China muss nicht mehr mit 7 Prozent oder mehr wachsen. Es kann durchaus sein, dass das BIP-Wachstum auf 3 bis 4 Prozent sinkt. Eine harte Landung erwarten wir deshalb aber nicht. Entscheidend ist, dass das Wachstum nachhaltig ist. Diese Entwicklung hat Auswirkungen im Land und auch außerhalb – zum Beispiel für Staaten wie Australien oder Brasilien, die mit dem alten China-Modell gut gefahren sind.

Welches sind die größten Risiken für China?

Der Reformprozess liberalisiert auch die Kapitalbilanz des Landes. Zurzeit sind chinesische Investoren und Sparer weitgehend auf China beschränkt. Das ist eine der größten Stärken Chinas, es finanziert sein Wachstum praktisch selbst. Mit der Liberalisierung schlägt China ein Loch in den Schutzwall. Wenn das zu schnell zu groß wird, kann es zu einer Kapitalflucht kommen. Das ist das größte Risiko. Zudem sollte man die geopolitischen Risiken nicht unterschätzen. Die Lage in Südostasien ist heute instabiler als vor zehn Jahren.

Und was ist mit faulen Krediten und Schattenbanken?

Das sehen wir ziemlich entspannt. Aufgrund der Kapitalkontrollen sind keine Massen an ausländischem Geld im Land. Viele Emerging Markets leiden stark darunter, wenn ausländische Investoren plötzlich ihr Kapital abziehen. Das kann in China nicht passieren. Chinas Banken haben unendliche Liquidität und unendlich viel Zeit. Sie können faule Kredite aussitzen. Das chinesische Bankensystem ist sehr solide. Die Summe der Kredite ist deutlich niedriger als die Summe der Einlagen. Ein Fünftel der Assets der Banken liegt als stille Reserve bei der Zentralbank. Die Kredite der Schattenbanken werden ins Bankensystem überführt und dort absorbiert.

Und die hohe Verschuldung der Lokalregierungen?

Auch hier sehen wir keinen Anlass zur Sorge. Die Vorstellung, dass eine Stadt wie Shanghai Pleite geht, ist in China nicht vorstellbar. Shanghai ist nicht Detroit. Die Staatsverschuldung ist mit 23 Prozent des BIP sehr gering, und der Staat würde letztlich kommunale Regierungen auffangen. Die finanzielle Stärke des Staates und der staatlichen Banken stützt das ganze System. Hinzu kommt die staatliche Kontrolle der Märkte.

Ihr Fonds ist global aufgestellt, konzentriert sich aber meist auf wenige Länder. Zurzeit machen Aktien aus China, Südkorea, Taiwan und Indien rund 80 Prozent des Portfolios aus. Warum?

Das liegt an unserem Investmentansatz. Wir suchen die Länder aus, in denen wir die größten Chancen sehen, und wählen dann erst die Einzeltitel. Zurzeit haben wir zum Beispiel kaum Positionen in Lateinamerika. Die Musik spielt in Asien. Neben der neuen Entwicklung in China bieten die großen Reformen in Indien gute Chancen. Die Wirtschaft dort lässt sich mit relativ wenig Anstrengung stark verbessern. In Korea und Taiwan ist der Binnenmarkt zwar relativ langweilig, allerdings profitieren beide Länder ebenso wie China extrem von einer Erholung in den USA. Vor allem Korea und Taiwan, aber auch China, sind in den vergangenen Jahren auf der Technologie- und Qualitätskurve nach oben geklettert. Viele US-Unternehmen stehen jetzt im Wettbewerb mit asiatischen Firmen, vor allem im Technologiebereich.

Werden die Aktienmärkte der Emerging Markets die der Industriemärkte künftig wieder überflügeln?

Ich denke schon. Das Interesse von US-Investoren, sich außerhalb der USA zu engagieren, nimmt wieder zu. Davon können auch die Emerging Markets profitieren. Die Bewertungen sind sehr attraktiv. Und die von uns favorisierten Länder machen einen großen Teil des Index aus. Allerdings wird es innerhalb des Schwellenländer-Universums sehr große Performance-Unterschiede geben.

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