

- Startseite
- Versicherungen
-
Nachhaltige Versicherungen: Blockaden für Finanzberater

An dieser Stelle finden Sie externen Inhalt, der unseren Artikel ergänzt. Sie können sich die externen Inhalte mit einem Klick anzeigen lassen. Die eingebundene externe Seite setzt, wenn Sie den Inhalt einblenden, selbstständig Cookies, worauf wir keinen Einfluss haben.
Externen Inhalt einmal anzeigen:
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt und Cookies von diesen Drittplattformen gesetzt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.
DAS INVESTMENT: Die Europäische Union will mehr Geld in sogenannte Versicherungsanlageprodukte mit nachhaltigen Investmentkriterien lenken. Doch im Vertrieb hakt es noch. Warum?
Jörg Arnold: Das Kernproblem besteht darin, dass nicht klar ist, was als nachhaltig gilt. Ist eine Staatsanleihe zum Beispiel nachhaltig oder nicht? Manche Vertreterinnen und Vertreter aus dem Kapitalanlagebereich sagen nein, auf keinen Fall, denn die politischen Ziele der Regierungen sind ja nur Absichtserklärungen. Andere wiederum glauben, dass viele Länder einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten und wichtige Themen wie Bildung, Gesundheitswesen oder Umweltschutz voranbringen. Deshalb betrachten wir deren Staatsanleihen anteilig als nachhaltige Investments. Genauso individuell wie die großen Kapitalanleger Nachhaltigkeit definieren, genauso individuell schauen auch die Privatkunden auf das Thema. Für den einen darf auf keinen Fall Atomkraft im Portfolio sein – andere haben damit kein Problem. Daneben gibt es weitere Themen, die manchen Menschen besonders am Herzen liegen: CO2-Ausstoß, Abfallvermeidung, Biodiversität und und und.
Inwiefern stellt das ein Problem für die Praxis der Finanzberater dar?
Warum nur an der Oberfläche kratzen? Tauchen Sie tiefer ein mit exklusiven Interviews und umfangreichen Analysen. Die Registrierung für den Premium-Bereich ist selbstverständlich kostenfrei.
Gratis-Zugang:
Um die Autorisierung über LinkedIn zu aktivieren, müssen Sie sich registrieren.
Um die Autorisierung über Google zu aktivieren, müssen Sie sich registrieren.
DAS INVESTMENT: Die Europäische Union will mehr Geld in sogenannte Versicherungsanlageprodukte mit nachhaltigen Investmentkriterien lenken. Doch im Vertrieb hakt es noch. Warum?
Jörg Arnold: Das Kernproblem besteht darin, dass nicht klar ist, was als nachhaltig gilt. Ist eine Staatsanleihe zum Beispiel nachhaltig oder nicht? Manche Vertreterinnen und Vertreter aus dem Kapitalanlagebereich sagen nein, auf keinen Fall, denn die politischen Ziele der Regierungen sind ja nur Absichtserklärungen. Andere wiederum glauben, dass viele Länder einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten und wichtige Themen wie Bildung, Gesundheitswesen oder Umweltschutz voranbringen. Deshalb betrachten wir deren Staatsanleihen anteilig als nachhaltige Investments. Genauso individuell wie die großen Kapitalanleger Nachhaltigkeit definieren, genauso individuell schauen auch die Privatkunden auf das Thema. Für den einen darf auf keinen Fall Atomkraft im Portfolio sein – andere haben damit kein Problem. Daneben gibt es weitere Themen, die manchen Menschen besonders am Herzen liegen: CO2-Ausstoß, Abfallvermeidung, Biodiversität und und und.
Inwiefern stellt das ein Problem für die Praxis der Finanzberater dar?
Arnold: Ich habe unsere Nachhaltigkeitsbeauftragte einmal gebeten, mir die Unterschiede bei grünen Exchange Traded Funds, kurz ETFs, zweier Fondsanbieter aufzuzeigen, die jeweils Aktien aus dem gleichen Index filtern: Welche Unternehmen aus dem MSCI World hat Blackrock als nachhaltig identifiziert und welche sind es bei Amundi? Diese Informationen aus den ganzen Veröffentlichungen herauszuarbeiten, ist auch für eine Expertin sehr schwierig. Unsere Nachhaltigkeitsbeauftragte ist promovierte Physikerin und sie hätte mit dieser Recherche jetzt fast die nächste Doktorarbeit erstellt (lacht). Die vielen Unterschiede sind den Endkunden natürlich kaum klarzumachen. Es ist noch nicht einmal den Finanzberatern leicht zu erklären, warum der eine Anbieter diese und jene Aktien als nachhaltig auswählt, der andere hingegen nicht.
Stichwort Finanzberater: Der Vermittlerverband AfW fordert aufgrund dieser Unsicherheiten bereits einen Neustart der EU-Offenlegungsverordnung. Sie auch?
Arnold: Also ob ich jetzt einen Neustart der Regulierung fordern würde, weiß ich nicht. Es wird natürlich nicht einfacher dadurch, dass wir in den einzelnen Ländern unterschiedliche Ansichten über Nachhaltigkeit haben. Ich habe hierzu ja schon das Thema Atomkraft genannt, die in Frankreich ganz anders bewertet wird als hierzulande. Wir können also nicht alles auf EU-Ebene von oben festlegen; das muss in den einzelnen Mitgliedsländern passieren.
Und was genau erwarten Sie als Folge davon hierzulande?
Arnold: Für viele Menschen in Deutschland kommt eine nachhaltige Altersvorsorge grundsätzlich infrage. Doch wer vergibt die entsprechenden Siegel? Da muss jetzt mal einer den gordischen Knoten zerschlagen, indem er sagt: „So, ich setze den Standard!“ Das Prozedere muss dann nur noch von einer unabhängigen Stelle überprüft und bestätigt werden. Denn wir müssen wissen, welche Nachhaltigkeitskonzepte den verschiedenen Produkten zugrunde liegen und wie sie sich vergleichen lassen. Dann käme auch mehr Bewegung in das Geschäft. Das sehe ich bislang noch als eine ganz große Blockade.
Dieser Blockade begegnen auch alle Vermittler, die seit knapp zwei Jahren die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Privatkunden abfragen müssen. Welches Feedback erhalten Sie hierzu von den konzerneigenen Finanzvertrieben?
Arnold: Laut Marktstudien sagen zwar 15 Prozent der Kunden, dass sie sich für eine nachhaltige Altersvorsorge interessieren. Der Punkt ist nur: Sie finden kaum Produkte, die signifikant nachhaltig sind, die man diesen Menschen dann empfehlen kann. Denn im Versicherungsbereich schaffen viele Produkte heute nur einen relativ geringen Anteil an nachhaltigen Investitionen. Daher sagen viele Kunden: „Das ist nicht das, was ich wollte. Dann muss es bei mir nicht nachhaltig sein.“ Andererseits wollen viele Kunden eine fondsgebundene Rentenversicherung mit ETFs unterlegen, für die es aber nicht immer ein nachhaltiges Pendant gibt. Somit sorgt die noch nicht entwickelte Produktlandschaft dafür, dass am Ende noch weniger Menschen nachhaltig fürs Alter vorsorgen.
Welche Produkte fehlen Ihrer Meinung nach denn noch auf dem Markt?
Arnold: Wir müssen uns um die wirklichen Transformationsthemen kümmern. Als Swiss Life beteiligen wir uns zum Beispiel an einem der deutschen Hochleistungsstromnetze. Die sind total wichtig, um den Strom vom windreichen Norden in den industriellen Süden zu bringen. Wenn in den nächsten 20 Jahren viel mehr Energie durch Deutschland geleitet werden soll, müssen die Netze ausgebaut werden. Hierfür brauchen die Betreiber jedoch sehr viel Kapital. Im institutionellen Bereich können Kunden bereits in dieses Stromnetz investieren. Das würden wir zukünftig gerne auch unseren Privatkunden zur Altersvorsorge anbieten. Deshalb planen wir, noch in diesem Jahr einen sogenannten European Long-Term Investment Fund, kurz Eltif, auf den Markt zu bringen. Der Fonds wird von der Swiss Life Asset Management verwaltet, die bereits im Bereich Infrastruktur aktiv ist.
Wie beurteilen Sie die Absatzchancen solcher neuen Eltif-Vorsorgeprodukte?
Arnold: Grundsätzlich sehe ich dafür einen Markt. Diese direkten Investments sind nämlich sehr wirkungsvoll, weil der Hebel für Nachhaltigkeit hier besonders groß ist. Es gibt allerdings ein Aber: Das gesellschaftliche Narrativ lautet, dass Altersvorsorge möglichst kostengünstig sein muss. Genau deshalb fließt heute ja auch so viel Geld in ETFs. Wenn Sie jedoch in Transformationsprojekte investieren wollen, dann haben Sie höhere Kosten als bei einem passiv gemanagten Indexfonds. Zudem haben die neuen Produkte andere Rendite-Risiko-Profile, weil bei einem Investment in Hochtechnologie vieles unwägbar ist. Daher sind die neuen Produkte sehr beratungsintensiv.
Über den Interviewten:

Jörg Arnold (Foto oben) war vor seinem Wechsel zu Swiss Life Deutschland Chef der Deutschen Ärzteversicherung. Seit 2017 verantwortet der Betriebswirt die deutsche Niederlassung der Versicherungsgruppe mit Sitz in Zürich. Unter seiner Führung haben sich nach Unternehmensangaben sowohl die Zahl der Berater als auch die Ergebnisse der konzerneigenen Finanzvertriebe wie Swiss Life Select, Tecis, Horbach und Proventus nahezu verdoppelt. Ende Juni wird er sich mit 60 Jahren auf eigenen Wunsch aus dem operativen Geschäft zurückziehen und sein Amt an Dirk von der Crone (Foto links) übergeben, der seit 2020 deutschlandweit das Personalwesen verantwortet. Arnold wird zukünftig als Vorsitzender in den Aufsichtsrat des Konzerns mit Sitz in Garching und Hannover wechseln. Zuvor will sich der Marathonläufer aber einen Herzenswunsch erfüllen und Deutschland in Wanderschuhen erkunden – von Sylt bis zu den Alpen.



