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Jonathan Tseng, Fidelity International „Bargeld ist in China praktisch ausgestorben“

Von Lesedauer: 7 Minuten
Glaubt, dass der Westen die Technologie-Schlacht mit China noch nicht verloren hat: Analyst Jonathan Tseng von Fidelity International.
Glaubt, dass der Westen die Technologie-Schlacht mit China noch nicht verloren hat: Analyst Jonathan Tseng von Fidelity International. | Foto: Fidelity International

Herr Tseng, vor 30 Jahren war China noch ein Entwicklungsland. Heute gehören chinesische Technologieunternehmen zu den führenden Konzernen weltweit. Wie hat das Land das geschafft?

Jonathan Tseng: Dafür muss ich ein bisschen ausholen: Die Geschichte zeigt, dass Konflikte zwischen Nationen seit jeher ein wichtiger Treiber für technologische Entwicklungen sind. So gesehen begann der Aufstieg Chinas wohl mit seiner Niederlage im ersten Opiumkrieg Ende des 18. Jahrhunderts. Damals zog China mit Großbritannien in den Krieg, weil die Briten im großen Stil Opium an China verkauften. Aber trotz einer Armee, die vierzig Mal größer war als die der Briten, konnte China nicht mit der britischen Marinetechnologie konkurrieren – insbesondere nicht mit modernen Dampfschiffen, die chinesische Festungen und Schiffe mit Kanonen zerstören konnten, aber für chinesische Waffen unverwundbar waren.

Was hat China daraus gelernt?

Tseng: China war zu der Zeit eine wirtschaftliche Supermacht, die größte Volkswirtschaft der Welt. Aber das Land hat den Krieg verloren, weil seine Technik der des Westens nicht gewachsen war. Diese Demütigung hat sich tief ins kollektive Gedächtnis der Chinesen gebrannt.

Mit welchen Folgen?

Tseng: Schon im Jahr vor der endgültigen Niederlage begannen die Chinesen damit, die britischen Schiffe in geheimen Werften zu kopieren. Als die Briten schließlich in China einfielen, fanden sie 18 exakte Kopien von westlichen Kanonen sowie mehrere Schiffe mit Schaufelrad-Antrieb. China konnte die Technik des Westens nicht schlagen, aber das Land hat schon damals versucht, sie zu kopieren. In den folgenden Jahrhunderten haben sie dieses Muster beibehalten – bis die Kopie irgendwann besser wurde als das Original.

Wem ist das besonders gelungen?

Tseng: Huawei zum Beispiel. Im Jahr 1987 von Ren Zhengfei gegründet, stand der Technologie-Konzern lange im Schatten westlicher Konkurrenten wie Ericsson, Cisco oder Marconi. Huawei war jedoch in der Lage, Konkurrenztechnologien zu kopieren und Marktanteile zu gewinnen, indem das Unternehmen Basisstationen 30 Prozent billiger verkaufte als westliche Unternehmen. Diese Strategie hat funktioniert.

Marconi gibt es nicht mehr, Huawei zählt heute zu den größten Tech-Konzernen der Welt. Liegt das wirklich nur am niedrigen Preis?

Tseng: Nein, das hat andere Gründe. Im Gegensatz zum börsennotierten Marconi verspürte Huawei nie den Druck, kurzfristig Gewinne erzielen zu müssen. Die Chinesen konnten sich mit der Entwicklung Zeit lassen. Schon bald beschränkten sie sich nicht mehr allein auf die Kopie, sondern fügten eigene Ideen hinzu, die bei den Konsumenten gut ankamen. So hat der chinesische Konzern Schritt für Schritt die westliche Konkurrenz aus dem Markt gedrängt.

Vielen westlichen Firmen, aber auch Regierungen macht eine solche rasante Entwicklung Angst. US-Präsident Donald Trump versucht seit einiger Zeit recht eindrucksvoll, den Chinesen mit Strafzöllen Einhalt zu gebieten. Wie erfolgsversprechend ist diese Strategie?

Tseng: Das Rennen um die technologische Vorherrschaft ist immer auch ein Wettbewerb zwischen den Ländern selbst. Mit den protektionistischen Maßnahmen will die US-Regierung unter anderem verhindern, dass die Chinesen weiter geistiges Eigentum von US-Unternehmen kopieren oder gar ganze Konzerne aufkaufen. Deshalb dürfen bestimmte Geräte auch nicht nach China verkauft werden. China hat aber diesen unglaublichen Ehrgeiz, aufzuholen. Ich denke es wird schwer, dagegen vorzugehen.

Wie zeigt sich dieser Ehrgeiz?

Tseng: Schauen wir uns zum Beispiel die Halbleiter-Industrie an. Die Hälfte aller Chips weltweit wird nach China importiert, um die gewaltige Nachfrage der heimischen Tech-Industrie zu befriedigen. Aber nur 10 Prozent der globalen Chip-Produktion findet im Inland statt. Das will die chinesische Regierung ändern – und sie ist bereit, viel Geld dafür auszugeben. Das Programm „China 2025“ sieht Milliardenförderungen für chinesische High-Tech-Unternehmen vor, die in Branchen tätig sind, die von ausländischen Unternehmen beherrscht werden. Darunter auch die Halbleiter-Industrie.

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