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J.P. Morgan Asset Management Ist das „höher, schneller, weiter“-Tempo der Aktienmarkterholung zu sportlich?

EZB-Chefin Christine Lagarde
EZB-Chefin Christine Lagarde mit Bundeskanzlerin Angela Merkel: In Zukunft dürfte es Regierungen und Zentralbanken immer schwerer fallen, die Märkte mit neuen Programmen positiv zu überraschen | Foto: imago images / Metodi Popow

Statt der Olympioniken, die dieses Jahr coronabedingt pausieren müssen, übernimmt derzeit der Aktienmarkt das Olympia-Motto des „höher, schneller, weiter“: Noch nie hat sich ein Aktienmarkt so schnell von einem Abschwung erholt, wie in diesem Jahr. Der Nasdaq erreicht mit einem Indexstand über 10.000 neue Höchststände. Doch die Distanz zwischen Marktentwicklung und Konjunktur war noch nie so weit. „Es gilt derzeit, im Portfolio die Defensive zu stärken, ohne sich jedoch des weiteren Potenzials der Aktienanlage zu berauben“, so Galler.

Massive Hilfsprogramme unterstützen die Aktienmärkte

Für die Aktienmärkte spricht nach Analyse von Tilmann Galler zum einen die geringere Börsenrepräsentanz der besonders stark von der Pandemie betroffenen Branchen wie Gastronomie, Tourismus und Flugverkehr. Ein zweites Argument sind die massiven Hilfsprogramme, die eine negative Kettenreaktion in der Wirtschaft verhindert haben. „Die weltweiten Zinssenkungen und Kaufprogramme der Zentralbanken haben das Zinsniveau auf neue Tiefstände gedrückt – nun bleiben Anlegern außerhalb der Aktien nicht mehr viele Alternativen“, erklärt Galler. Für Aktien spreche zudem, dass zahlreiche Unternehmen wieder zurück zur ihrer alten Ertragsstärke finden dürften, sobald die Krise überwunden sein wird.

Ist der Optimismus zu groß?

Den positiven Aspekten stehen jedoch auch einige Risiken gegenüber. „Die Dynamik der Aktienrally lässt aktuell auf eine gewisse Sorglosigkeit der Märkte schließen“, stellt Tilmann Galler fest. Größere Gefahr droht etwa durch eine zweite Infektionswelle. Die Erfahrungen aus Asien zeigen, dass ein erneutes Ansteigen der Neuinfektionen möglich ist, solange es keinen Impfstoff gibt. Das Risiko dürfte in Europa durch die bevorstehende Urlaubssaison noch steigen. Auch in den USA haben zahlreiche Bundesstaaten die Maßnahmen gelockert, obwohl die Rate der Neuinfektionen nicht zurückgegangen ist – im Gegenteil, diese steigen in einigen Regionen besorgniserregend hoch.

Zwei weitere Risiken betreffen die Erwartungshaltung der Märkte. So hat das historische Ausmaß der Rettungsmaßnahmen die Investoren die katastrophalen Konjunkturzahlen der letzten Monate vergessen lassen. „In Zukunft dürfte es Regierungen und Zentralbanken immer schwerer fallen, die Märkte mit neuen Programmen positiv zu überraschen“, sagt Tilmann Galler.

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Auch hinsichtlich der Gewinnentwicklung der Unternehmen zeigen sich die Märkte optimistisch. Wurden die Gewinnerwartungen für dieses Jahr noch kräftig gekürzt, so rechnen die Marktteilnehmer für das kommende Jahr mit einer kräftigen Erholung. Am Ende des Jahres 2021 soll die Ertragskraft der Unternehmen des marktbreiten S&P 500 sogar wieder auf dem Stand vor der Corona-Krise sein. „Der Blick in die Markthistorie zeigt jedoch, dass die Unternehmen nach den letzten drei Rezessionen mindestens drei Jahre brauchten, um wieder ihre alte Ertragskraft zu erlangen. Die Erwartungshaltung der Märkte impliziert also nicht nur eine unrealistisch zügige Normalisierung der Wirtschaft, sondern deckt sich auch nicht mit den Erfahrungen der Vergangenheit“, führt der Experte aus.

Quelle: IBES, Refinitiv Datastream, Standard & Poor's, J. P. Morgan Asset Management.

„Dabei sein ist alles“

Nach Einschätzung von Tilmann Galler ist es nach Aktien-Kursgewinnen von über 30 Prozent in den letzten drei Monaten nun sinnvoll, die Portfoliostruktur zu überprüfen: „Das olympische Motto des ‚höher, schneller, weiter‘ könnte sich angesichts des aktuellen Chance-Risiko-Verhältnisses als zu optimistisch erweisen.“ Ein Rebalancing der Portfolio-Positionen sei nach einer starken Rally ein probates Mittel, um einerseits die Defensive zu stärken, aber auch einem anderen olympischen Motto treu zu bleiben: „Dabei sein ist alles“. Denn aufgrund der Niedrigzinspolitik seien die längerfristigen Perspektiven der Aktienanlagen weiterhin kaum zu schlagen.

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