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Q&A J.P. Morgan Private Bank beantwortet Kundenfragen zu China

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4. China verschärft derzeit die aufsichtsrechtliche Kontrolle von Technologieunternehmen – was bedeutet das für den Sektor?

Chinas jüngste Verschärfung der regulatorischen Auflagen hat zu einer erheblichen Verunsicherung und Besorgnis am Markt geführt. Den Hintergrund bilden zwei zusammenhängende aufsichtsrechtliche Neuerungen, die gleichzeitig stattfinden:

  1. Die chinesischen Aufsichtsbehörden achten inzwischen auf die Durchsetzung der Kartellvorschriften für große Internetplattformen. Führende Technologieunternehmen wie Alibaba, Tencent und Meituan wurden mit Kontrollen und Geldstrafen konfrontiert.
  2. Die behördliche Überprüfung von Online-Finanzierungsdienstleistern hat zugenommen. Dies führte insbesondere dazu, dass der Börsengang von Ant Financial (die Fintech-Tochter von Alibaba) abgesagt und das Unternehmen anschließend zu einer Umstrukturierung aufgefordert wurde. Hinzu kommt die jüngste Nachricht, dass 13 weitere Fintech-Vorreiter von der Aufsichtsbehörde zu Ermittlungen vorgeladen wurden.

Kartellrechtliche Untersuchungen sind nichts Neues. Chinas Automobil- und Energieindustrie haben ähnliche Kontrollen durchlaufen. Doch der Unterschied liegt in der Geschwindigkeit, mit der sie voranschreiten. Frühere Untersuchungen erstreckten sich über mehrere Jahre.

Internetplattformen, insbesondere Online-Finanzierungsdienste, expandieren seit Jahren rasant und haben China an die Spitze der weltweiten Fintech-Revolution katapultiert. Das führt jedoch auch zu einer dramatischen Verschiebung von Marktanteilen und Einfluss, die bei den politischen Entscheidungsträgern in Peking Besorgnis hervorrief.

Für Investoren gilt: Auch wenn die Regulierungsproblematik sicherlich eine kurzfristige Belastung für betroffene Unternehmen ist, beurteilt der Markt die Risiken kalkuliert für einzelne Unternehmen. Längerfristig sehen wir viele Gründe, um chinesische Technologiefirmen weiterhin konstruktiv einzuschätzen – die steigende Binnennachfrage, Innovationsfähigkeit, Importsubstitution, die Liste ließe sich fortsetzen. Die kontinuierliche Dynamik der regulatorischen Sicherheit macht ein aktives Management umso bedeutsamer.

5. Was ist mit dem USA-China-Konflikt im Technologiesektor?

Die Spannungen zwischen den USA und China werden andauern, und der Technologiesektor steht im Fadenkreuz, auch wenn die Handelszölle davon unberührt bleiben. Mit einigen Grundregeln und dem richtigen Management (von beiden Seiten) kann der Wettbewerb jedoch den Innovationsmotor ankurbeln und Exzellenz, Kreativität und Wirtschaftswachstum fördern. In seinem jüngsten Fünfjahresplan präsentierte China neue F&E-Ziele zur Entwicklung von Spitzentechnologien im eigenen Land – ein deutlicher Kurswechsel gegenüber den bisherigen Gepflogenheiten, wonach ausländische Technologien erworben und anschließend an Chinas Bedürfnisse angepasst wurden.

Die technologische Entkopplung und das intensive Interesse beider Seiten, sich einen Vorteil zu verschaffen, könnten ein zweigeteiltes Technologie-Ökosystem zur Folge haben. Aufgrund dieser Zweiteilung und der groß angelegten nationalen Innovationsförderung werden wahrscheinlich zwei globale Innovationspole entstehen. Anleger werden zunehmend Zugang zu beiden benötigen, um sich zu diversifizieren.

Gesamtbewertung: Was sollten Anleger von einer Portfolio-Allokation in China halten?

Chinas Märkte werden für ausländische Investoren immer zugänglicher, und sowohl chinesische Aktien als auch Anleihen machen einen wachsenden Anteil der globalen Indizes aus. Daher fragen sich die Anleger vermehrt, wie sie China im Kontext ihres Portfolios betrachten sollen.

Zunächst einmal gibt es viele Möglichkeiten, sich in China zu engagieren. Nehmen wir zum Beispiel Aktien: Es gibt sowohl Onshore-Aktien (in RMB denominiert und oft über den CSI 300 Index ausgedrückt) als auch Offshore-Aktien (in USD oder HKD denominiert und oft über den MSCI China ausgedrückt). Darüber hinaus stehen Onshore- und Offshore-Anleihen im Unternehmens- und staatlichen Sektor zur Verfügung (ebenfalls in USD und RMB). Die Eigenschaften dieser Wertpapiere sind jeweils sehr unterschiedlich.

Onshore-Aktien befinden sich beispielsweise überwiegend in inländischem Besitz, werden von Retail-Anlegern dominiert und sind zyklisch; der MSCI China hingegen ist hauptsächlich in ausländischer Hand, wird von institutionellen Anlegern dominiert und ist stark technologieorientiert. Für Anleger, die eine Allokation im chinesischen BIP-Wachstum anstreben, bilden die Indizes das Wachstum außerdem deutlich differenziert ab. Der CSI 300 spiegelt das nominale BIP besser wider, wenn auch mit Volatilität.


Über den Autor:

Dr. Ulrich von Auer ist Leiter des Portfoliomanagements der J.P. Morgan Private Bank in Deutschland. Er betreut diskretionäre Mandate und steht Kunden beratend zur Seite.

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