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Corona: Wie Justin Muzinich eine neue Depression verhinderte

Die Bilder aus dem März 2020 haben sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt: Leere Straßen in New York, verlassene Bürotürme, geschlossene Geschäfte. Ein unsichtbarer Feind hatte die Welt im Griff - und die Finanzmärkte reagierten mit Panik. Der Dow Jones verzeichnete den größten Tagesverlust seit dem „Schwarzen Montag“ 1987, die Liquidität verschwand aus dem System wie Wasser aus einem lecken Tank.
„Als ich am Montag, dem 16. März, ins Büro kam, wussten wir: Das wird die größte wirtschaftliche Herausforderung seit der Großen Depression“, erinnert sich Justin Muzinich. Der heutige CEO von Muzinich & Co war damals stellvertretender US-Finanzminister– und stand plötzlich an vorderster Front im Kampf gegen den drohenden Kollaps.
„Die Liquidität verschwand einfach“
Was folgte, beschreibt Muzinich als Dominoeffekt im Zeitraffer. Erst brach der Markt für Handelspapiere ein – jenem wichtigen, wenn auch wenig bekannten Markt, über den sich große US-Unternehmen kurzfristig finanzieren. „Die Liquidität verschwand einfach“, beschreibt Muzinich die Situation. „Wir arbeiteten den ganzen Tag mit der Federal Reserve an einer Rettungsinitiative. Als wir am Abend nach Hause gingen, dachten wir, wir hätten das Schlimmste überstanden.“
Doch es war nur der Anfang.
Der Mann, der heute einen der führenden Kreditspezialisten leitet und an der Columbia Business School lehrte, erlebte hautnah mit, wie sich die Krise immer weiter fraß: „Am nächsten Tag kam ich ins Büro, und es war noch schlimmer als am Tag zuvor. Nun traf es den Sekundärmarkt. Wieder musste eine neue Hilfsmaßnahme her. Es war wie ein Flächenbrand – kaum hatte man eine Stelle gelöscht, loderte es woanders stärker auf. Die Krise sprang von Assetklasse zu Assetklasse.“

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Drei Tage Taumel an den Finanzmärkten
Die Erfahrungen dieser Tage prägen Muzinich bis heute. Als er 2009 in das Unternehmen seines Vaters einstieg, verwaltete Muzinich & Co etwa 3 bis 4 Milliarden Dollar. Heute ist die Firma ein globaler Player im Kreditmarkt – aber einer, der bewusst seiner Spezialisierung treu geblieben ist. „In der Krise lernt man, wie wichtig Fokussierung ist“, erklärt er. „Man kann nicht überall gut sein.“
Zurück in jene Märztage im Jahr 2020. Der dramatische Höhepunkt kam am Mittwoch, als die Liquiditätskrise die Geldmarktfonds erreichte - Anlagen, in die Millionen von Amerikanern ihr Geld investiert haben. „In diesem Moment war uns klar: Wenn wir das nicht stoppen, droht eine neue Große Depression“, erinnert sich Muzinich. „Die Verantwortung lastete schwer auf unseren Schultern.“
In stundenlangen Krisensitzungen arbeitete das Team um Muzinich und Finanzminister Steven Mnuchin mit der Federal Reserve an Lösungen. Erst am Donnerstag, nach drei aufeinanderfolgenden Hilfsmaßnahmen, beruhigte sich die Lage.
Doch damit war die Arbeit nicht getan. „Nachdem wir die Finanzmärkte stabilisiert hatten, mussten wir uns um die Realwirtschaft kümmern“, erklärt Muzinich. „Menschen blieben zu Hause, Restaurants und kleine Unternehmen hatten keine Einnahmen mehr.“
Aus der Krise gelernt
Diese 96 Stunden im März 2020 haben nicht nur die US-Wirtschaft vor dem Abgrund bewahrt, sondern auch den Blick des Managers auf die Märkte geprägt. Wenn Muzinich heute über die aktuellen Herausforderungen spricht - sei es die US-Staatsverschuldung von 130 Prozent oder die geopolitischen Spannungen - schwingt die Erfahrung jener Krisenwoche mit. „Manchmal“, sagt er, „müssen die Märkte Washington daran erinnern, dass Dinge geändert werden müssen.“