Kai Lucks über den Handelskonflikt
Stresstest für den Westen
Aktualisiert am 05.03.2020 - 15:02 Uhr

China hat sich in den vergangenen Jahren schleichend an die Spitze der Weltwirtschaft gesetzt. Kai Lucks, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Mergers & Acquisition, beschreibt die Folgen für Europa und die USA.
Das Thema Nachhaltigkeit bewegt Unternehmen, Kapitalmärkte, Gesetzgeber. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die Analysen und Thesen der bedeutendsten Nachhaltigkeitsexperten, Top-Ökonomen und Großinvestoren – gebündelt und übersichtlich. Sie sollen dir die wichtigen Entwicklungen auf dem Weg zur nachhaltigen Gesellschaft und Finanzwelt clever und zuweilen kontrovers aufzeigen.
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Nach Zahlen des Ifo-Instituts wird Deutschland 2019 mit 276 Milliarden US-Dollar nun das vierte Jahr in Folge den weltweit höchsten Überschuss in der Leistungsbilanz ausweisen. Auf Platz zwei folgt Japan mit 188 Milliarden US-Dollar vor China mit 182 Milliarden US-Dollar.
Die Vereinigten Staaten werden in diesem Jahr mit rund 480 Milliarden US-Dollar das weltweit höchste Defizit in einer Leistungsbilanz berichten. US-Präsident Donald Trump hat dann wohl nicht ganz unrecht, wenn er sagt „Deutschland ist kleiner als China, aber schlimmer“.
Vor dem Wirtschaftskrieg steht ein Datenkrieg
So einfach ist es aber nicht: Zur Leistungsbilanz gehören neben dem Warenhandel auch Kapitalflüsse und Lizenzzahlungen. Die Zurechnung von Kapitalflüssen sowie Lizenzzahlungen zu einzelnen Ländern ist schwierig und wird auf beiden Seiten des Atlantiks unterschiedlich behandelt. Die EU-Statistiker rechnen zum Beispiel die britischen Steueroasen im Ärmelkanal nicht zu Großbritannien, die US-Statistiker schon.
Und: die „Big Five“ der US-Internet-Industrie, also Microsoft, Apple, Amazon, Google und Facebook, lenken ihre Lizenzeinnahmen in Steuerparadiese um. Dabei müssten diese in die Leistungsbilanzen mit den Ländern eingerechnet werden, aus denen die Zahlungen ursprünglich geleistet wurden. Deutschland ist hierbei der größte Zahler an die USA.
Um es kurz zu machen: Nach überschlägiger Zurechnung ist die Leistungsbilanz zwischen den USA und Deutschland unter Einrechnung von Lizenzzahlungen ausgeglichen, da die Exportüberschüsse Deutschlands sich etwa in der Höhe der Lizenzüberschüsse der USA bewegen. Diese Position wird auch von der Bundesregierung getragen. Insofern hätte Trump wenig Grund, sich über Deutschland zu beklagen.
1. Wurzel der Spannungen
Aus US-Sicht liegt die Dramatik aber beim Warenhandel. Hier verzeichnet die USA gegenüber dem Ausland insgesamt ein Defizit von mehr als 950 Milliarden US-Dollar. Sein Zorn traf deshalb zunächst China als „Haupttäter“ mit einem anhaltenden Handelsbilanzüberschuss gegenüber den USA von über 400 Milliarden US-Dollar.
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