Kai Lucks über Digitalisierung
Deutschland im Hintertreffen
Aktualisiert am
Roboter beim Global Media Forum in Bonn: Deutschland hinkt bei der Digitalisierung hinterher. Foto: imago images / Sven Simon
Eines der Hauptprobleme der deutschen Wirtschaft ist das Beharren auf alten Erfolgsrezepten, ist Kai Lucks überzeugt. Hier erklärt der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Mergers & Acquisition, wie sich diese Rückgewandheit im Digitalisierungs-Wettlauf zeigt.
Dies beinhaltet natürlich auch Risiken aus Ressourcenzersplitterung, Komplexitäten und Defokussierung. Am Horizont taucht bereits eine andere Bedrohung auf: Die Japaner setzen jetzt forciert auf die Wasserstofftechnik. Da liegen wir wieder hinten. Toyota, der immerwährende Rivale von VW um Platz eins der Weltmarktführung, könnte die Wolfsburger in der nächsten Technologierunde wohl nach der Zahl abgesetzter Fahrzeuge wieder überholen. Derzeit ist der Toyota-Konzern 3,5-mal so viel wert wie VW und doppelt so teuer wie Tesla.
Grenzen des Wachstums
Über eine Sache haben die deutschen Konzernchefs noch nicht so richtig nachgedacht – zumindest scheint es so, weil sie derzeit einhellig von der (vollständigen?) Durchsetzung der Elektromobilität sprechen. Sollte ein 100prozentiges-Elektromobilitäts-Szenario in Deutschland tatsächlich kommen, dann würde sich der Strombedarf gegenüber heute um 30 Prozent erhöhen.
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
Da diese Artikel nur für Profis gedacht sind, bitten wir Sie, sich einmalig anzumelden und einige berufliche Angaben zu machen. Geht ganz schnell und ist selbstverständlich kostenlos.
Dies beinhaltet natürlich auch Risiken aus Ressourcenzersplitterung, Komplexitäten und Defokussierung. Am Horizont taucht bereits eine andere Bedrohung auf: Die Japaner setzen jetzt forciert auf die Wasserstofftechnik. Da liegen wir wieder hinten. Toyota, der immerwährende Rivale von VW um Platz eins der Weltmarktführung, könnte die Wolfsburger in der nächsten Technologierunde wohl nach der Zahl abgesetzter Fahrzeuge wieder überholen. Derzeit ist der Toyota-Konzern 3,5-mal so viel wert wie VW und doppelt so teuer wie Tesla.
Grenzen des Wachstums
Über eine Sache haben die deutschen Konzernchefs noch nicht so richtig nachgedacht – zumindest scheint es so, weil sie derzeit einhellig von der (vollständigen?) Durchsetzung der Elektromobilität sprechen. Sollte ein 100prozentiges-Elektromobilitäts-Szenario in Deutschland tatsächlich kommen, dann würde sich der Strombedarf gegenüber heute um 30 Prozent erhöhen.
Die Elektromobilität wäre damit aber nicht der größte Treiber für die Stromversorgung. Das stärkste Wachstum wird aus der Informationswirtschaft kommen. Jedenfalls wenn sich die Entwicklung der letzten Jahre fortsetzt. Der größte Bedarfstreiber ist das Streaming, zurzeit aus der steigenden Nutzung von Filmen per „Video-on-Demand“, die aus der Cloud heruntergeladen werden. Studien aus Großbritannien, Japan und Deutschland zeigen, dass sich der Strombedarf dadurch in einem zehn- bis zwanzig-Jahreshorizont etwa verdoppeln würde.
Noch nicht eingerechnet sind Blockchain-Anwendungen, die bekanntermaßen immer größere Datenketten nach sich ziehen, bei gleichzeitig immer größerer Verbreitung pro Kette, weil das Netz der einzubindenden Beteiligten wie in einem Schneeballsystem ansteigt. Die zu versendenden Daten, ihre Verarbeitung und Speicherung in den Rechenzentren werden den Energiebedarf noch weiter steigern.
Damit nicht genug: Die großen Internet-Player wie Microsoft und Apple wollen ihre Software in Zukunft nicht nur verkaufen oder vermieten. Sie bieten nunmehr im Konsumbereich das an, was im Profibereich - etwa bei SAP - bereits Gang und Gäbe ist: das Streaming, Housing und Processing als Leistungspaket aus der Ferne.
Statt alles auf dem Heimcomputer zu rechnen, sollen die Endkunden alles in die Cloud verschieben und damit Speicherplatz, Rechnerleistung, Sicherheit an zentrale Dienstleister vergeben. Die dadurch nochmals anwachsende Datenmenge in Sendung, Processing und Empfang würde den Strombedarf nochmals stark erhöhen; national und weltweit.
Stromversorgung und Energiewende
Legt man allein das Szenario „Voll-Elektromobilität plus Film-Streaming“ zugrunde, müsste die Stromversorgung in Deutschland in dem genannten Zeithorizont etwa um den Faktor 2,3 steigen.
Gleichzeitig plant die Bundesregierung die Energiewende, sprich: nach dem Kernkraftende auch Schluss mit Kohle und schließlich die CO2-neutrale Energieversorgung. Beschränken wir uns dabei auf den Strom, dann ist heute zu konstatieren, dass hier die steigende Stromnachfrage und Umweltziele nicht zusammenpassen.
Allein mit Wind und Sonne funktioniert nach heutigem Modell eine Eigenversorgung in Deutschland nicht. Speicherkapazitäten und -potenziale sind so gering, dass sie bei der Ungenauigkeit der Modelle keine tragende Rolle spielen. Ob die jüngst ins Spiel gebrachten schwimmenden Fotovoltaik-Inseln auf alten Baggerseen das nötige Delta abdecken können, ist höchst zu bezweifeln.
Immer noch bräuchten wir zusätzlich über 2.000 km zusätzliche Nord-Süd-Höchstspannungstrassen zur Fernübertragung und immer noch liegt die jährliche Genehmigungsgeschwindigkeit bei etwa 60 bis 80km pro Jahr, dank lokaler Einsprüche und mehrjähriger Prozesse.
Über den Autor