Kai Lucks über Digitalisierung
Wettlauf mit der Zeit
Aktualisiert am 20.03.2020 - 17:43 Uhr

Roboter auf einer Messe in Berlin: Deutschland spielt in der Digitalisierungsbranche nur eine untergeordnete Rolle. Foto: imago images / IPON
Wir befinden uns in der Industriegesellschaft 5.0, in der in Wirtschaft und Gesellschaft die Digitalisierung im Zentrum steht. Kai Lucks, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Mergers & Acquisition, beschreibt den Wettlauf um die besten Technologien zwischen den USA, China und Deutschland.
Alle reden von „Industrie 4.0“. Die damit verbundene Definition ist durch zwei Defizite gekennzeichnet: (1) es handelt sich nicht nur um die gewerbliche Wirtschaft, und (2) die Generationsbezeichnung offenbart bei genauerer Betrachtung ein Manko: Wir leben nämlich bereits in der „Industriegesellschaft 5.0“.
Zu (1): Zu beobachten ist eine allumfassende digitale Transformation unserer Gesellschaft, die auch die öffentliche Verwaltung, die Politik, Ausbildung, private Haushaltungen, Informationswesen, Mobilität, Energie und sonstige Infrastrukturen abdecken. Die Digitalisierung darf nicht isoliert betrachtet und behandelt werden. Sie bettet sich in alle Vernetzungen ein.
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Das Thema Nachhaltigkeit bewegt Unternehmen, Kapitalmärkte, Gesetzgeber. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die Analysen und Thesen der bedeutendsten Nachhaltigkeitsexperten, Top-Ökonomen und Großinvestoren – gebündelt und übersichtlich. Sie sollen dir die wichtigen Entwicklungen auf dem Weg zur nachhaltigen Gesellschaft und Finanzwelt clever und zuweilen kontrovers aufzeigen.
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Alle reden von „Industrie 4.0“. Die damit verbundene Definition ist durch zwei Defizite gekennzeichnet: (1) es handelt sich nicht nur um die gewerbliche Wirtschaft, und (2) die Generationsbezeichnung offenbart bei genauerer Betrachtung ein Manko: Wir leben nämlich bereits in der „Industriegesellschaft 5.0“.
Zu (1): Zu beobachten ist eine allumfassende digitale Transformation unserer Gesellschaft, die auch die öffentliche Verwaltung, die Politik, Ausbildung, private Haushaltungen, Informationswesen, Mobilität, Energie und sonstige Infrastrukturen abdecken. Die Digitalisierung darf nicht isoliert betrachtet und behandelt werden. Sie bettet sich in alle Vernetzungen ein.
Zu (2): Zu den „Industriellen Revolutionen der Neuzeit“ zählen gängiger Weise
Nr. 1: die Mechanisierung, um 1750 bis 1780, gekennzeichnet durch den mechanischen Webstuhl und die Dampfmaschine,
Nr. 2: die Elektrifizierung, um 1850 bis 1870, gekennzeichnet durch die Dynamomaschine, Stahl und Eisenbahn.
Danach ist den Schöpfern in der Zählung der Industriegenerationen eine entscheidende Periode entgangen, nämlich die Phase zwischen 1885 und 1915, in der das Auto erfunden, zum Massenprodukt entwickelt wurde und die wichtigsten Weichenstellungen der Chemie gelangen, vor allem die industrielle Erzeugung des Nitratdüngers, der erst die Ernährung der Massengesellschaft ermöglichte und damit die weltweite Bevölkerungsexplosion. Somit ist zu zählen:
Nr. 3: die Mobilisierung, um 1885 bis 1915, gekennzeichnet durch das Automobil
Die weiteren Entwicklungsschübe sind:
Nr. 4: die Automatisierung, um 1950 bis 1960, gekennzeichnet durch Entwicklungen im Spektrum von Halbleitertechnik und Mechatronik,
Nr. 5 (siehe oben) ab 2000: die bisher genannte „Industrie 4.0“mit ihrer umfassenden Vernetzung, gekennzeichnet durch Internet, Smart Data und Smart Devices.
Deutschlands frühe Führung wurde verspielt
Deutschland war einmal ganz vorn. Bei uns entstand das World Wide Web. An der Bundeswehr-Universität München wurden in den 80er Jahren die ersten selbstfahrenden Autos entwickelt, und das Deep Learning-Verfahren LSTM, ein künstliches neuronales Netz, wurde in den 1990ern an der TU München erfunden.
Die Umsetzung in marktgängige Produkte fand aber nicht bei uns statt. Angestoßen durch Entwicklungen im Dunstkreis der Stanford-Universität und um die Möglichkeiten, die das Internet eröffnete, bildete sich im Silicon Valley ein Industriecluster heraus, das mittlerweile die Welt dominiert. Im Zentrum stehen heute die sogenannten „Big Five“, namentlich: Microsoft, Apple, Amazon (Alphabet), Google und Facebook.
Verlierer bei Technologiesprüngen
Deutschland, das schon zahlreiche Industrien verloren hatte und noch verlieren sollte, partizipierte an dieser Entwicklung kaum. Selbst Unternehmen, die eigentlich prädestiniert waren für Internet-basierte Geschäfte, gingen in Deutschland unter. So etwa das 1927 gegründete Quelle-Versandhaus, das den Übergang vom Kataloggeschäft zum Online-Handel nicht schaffte obwohl sie gegenüber der 1995 gegründeten Amazon eigentlich einen enormen Größen-, Spektrums-- und Zeitvorsprung hatten.
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