Kai Lucks über Digitalisierung
Wettlauf mit der Zeit
Aktualisiert am 20.03.2020 - 17:43 Uhr

Roboter auf einer Messe in Berlin: Deutschland spielt in der Digitalisierungsbranche nur eine untergeordnete Rolle. Foto: imago images / IPON
Wir befinden uns in der Industriegesellschaft 5.0, in der in Wirtschaft und Gesellschaft die Digitalisierung im Zentrum steht. Kai Lucks, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Mergers & Acquisition, beschreibt den Wettlauf um die besten Technologien zwischen den USA, China und Deutschland.
Regierungen, Wettbewerber, Kunden und Behörden sind sich im Urteil weitgehend einig: Hier herrscht mittlerweile weltweit ein Kartell, vielleicht das größte der Geschichte – dagegen ist das 1913 aufgelöste Kartell von Standard Oil eher ein kleiner Fisch.
Widerstände ziemlich gering
Präsident Trump tut nichts gegen die „Big Five“, denn sie sorgen für das wirtschaftliche Wohl der USA. Allerdings zähneknirschend, denn politisch sind die „Five-Executives“ eher gegen die Republikaner. In ihrer wichtigsten ausländischen Absatzregion, nämlich in Europa, wächst der größte Widerstand, vor allem aus der EU-Kommission, die wiederholt Milliardenstrafen wegen Kartellverstößen...
Märkte bewegen Aktien, Zinsen, Politik. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die bedeutendsten Analysen und Thesen von Top-Ökonomen - gebündelt und übersichtlich. Führende Volkswirte und Unternehmensstrategen gehen den wichtigen wirtschaftlichen Entwicklungen clever und zuweilen kontrovers auf den Grund.
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Regierungen, Wettbewerber, Kunden und Behörden sind sich im Urteil weitgehend einig: Hier herrscht mittlerweile weltweit ein Kartell, vielleicht das größte der Geschichte – dagegen ist das 1913 aufgelöste Kartell von Standard Oil eher ein kleiner Fisch.
Widerstände ziemlich gering
Präsident Trump tut nichts gegen die „Big Five“, denn sie sorgen für das wirtschaftliche Wohl der USA. Allerdings zähneknirschend, denn politisch sind die „Five-Executives“ eher gegen die Republikaner. In ihrer wichtigsten ausländischen Absatzregion, nämlich in Europa, wächst der größte Widerstand, vor allem aus der EU-Kommission, die wiederholt Milliardenstrafen wegen Kartellverstößen und Machtmissbrauch verhängt hat.
Aber man will sich die „Big Five“ nicht zum Feind machen, denn sie sind auch in Europa „systemrelevant“: ohne Microsoft könnte das Internet nicht genutzt werden. Amazon kontrolliert zwar schon mehr als 50 Prozent des deutschen Online-Handels in Deutschland und dringt Schritt für Schritt in den stationären Handel ein, aber sie macht das gut, die Kunden sind zufrieden, eine Zerschlagung würde viele kleine Amazons hervorbringen, die dem Wettbewerb noch viel gefährlicher würden.
Der Datenriese Google hat seine High Tech-Tentakeln in viele Branchen ausgestreckt. Ohne seine Orientierungs-Geschäfte ist der Pfad zum autonomen Fahren verbaut. Alle Big Five-Unternehmen sind vielseitig in der Forschung engagiert, vor allem bei der Künstlichen Intelligenz. Sie haben dabei die Stärken deutscher Forschungseinrichtungen erkannt und sind gewichtige Auftraggeber etwa für die einschlägigen Fraunhoferinstitute und die Max-Planck-Gesellschaft.
Deutschland eher schmalbrüstig
Im Gegensatz zu den Big Five der USA sind die großen deutschen Konzerne, die der Internet-getriebenen Wirtschaft zurechenbar sind, eher schmal ausgerichtet. Sie fokussieren sich auf ihr Kerngeschäft und migrieren in unmittelbar verwandte Aktivitäten. Der Ausbruch in ganz andere Felder ist ihnen eher fremd.
Dies betrifft auch die beiden „Heavyweights“, die Deutschland auf die Internet-Waage legen kann: SAP (in toto) und die weltweit führende Fertigungsautomatisierung von Siemens. Hauptgrund für deren eher konservatives unternehmerisches Gebaren ist ihre Herkunft. Sie sind nicht ursprünglich aus der Bewegung des Internets entstanden, sondern haben dieses als Folge-Instrument zu nutzen gewusst.
Damit lastet auf ihnen noch die ältere Industriekultur. Selbst SAP (grd. 1972) tat sich lange mit der Übernahme von Startups schwer. Beiden fehlt trotz aller Bemühungen die ursprüngliche „Startup-Garagen-Mentalität“, aus der die ständige nervöse Suche nach neuen Geschäften, nach neuen Geschäftsmodellen und die Bereitschaft zum Adhoc-Richtungswechsel entspringt, wenn ein begangener Pfad weniger perspektivisch erscheint und sich ein neuer als „Stern am Horizont“ zeigt.
Blaupausen für Startups
Diese Unterschiede sind nicht allein zwischen den USA und Deutschland zu beobachten, sondern kennzeichnen auch innerhalb der USA die kulturellen Unterschiede der Gründungsgenerationen. Die große Stärke der mittlerweile zu Industriegiganten herangewachsenen „Big Five“ ist, dass sie ihre Startup-Mentalität erhalten haben, damit nicht nur ihren endlosen Phantasiereichtum, sondern vor allem auch den Willen und die Fähigkeit, neue Ideen und Konzepte in Cash-bringende Geschäfte umzusetzen.
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