Kai Lucks über Entwicklungshilfe in Afrika
Viel hilft nicht unbedingt viel
Aktualisiert am 10.03.2020 - 17:21 Uhr
Markt in Togoville: Entwicklungshilfe in Afrika hat nicht immer den gewünschten Effekt
Deutschland leistet in Afrika so viel Entwicklungshilfe wie fast kein anderes Land. Wirklich befriedigend sind die Ergebnisse aber dennoch nicht, findet Kai Lucks, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Mergers & Acquisitions.
2018 verabschiedete die Bundesregierung den sogenannten Marshallplan mit Afrika. Dieser sollte Prosperität bringen, mit dem Ziel, Fluchtursachen zu beseitigen und die Migration Richtung Europa zu verlangsamen. Die Idee: Nicht mit der Gießkanne Entwicklungshilfe verteilen, sondern Unternehmen zu Investitionen animieren, um Arbeitsplätze und Wohlstand zu fördern. „Das ist moderne Entwicklungspolitik“, lobte Angela Merkel, als die Bundesregierung Ende Oktober 2018 ein Dutzend afrikanische Staats- und Regierungschefs in Berlin zum Afrika-Gipfel empfing.
Jetzt zeigt sich: Kein einziges Unternehmen beteiligt sich an den Projekten der Bundesregierung, die insgesamt mehr als 360 Millionen Euro...
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2018 verabschiedete die Bundesregierung den sogenannten Marshallplan mit Afrika. Dieser sollte Prosperität bringen, mit dem Ziel, Fluchtursachen zu beseitigen und die Migration Richtung Europa zu verlangsamen. Die Idee: Nicht mit der Gießkanne Entwicklungshilfe verteilen, sondern Unternehmen zu Investitionen animieren, um Arbeitsplätze und Wohlstand zu fördern. „Das ist moderne Entwicklungspolitik“, lobte Angela Merkel, als die Bundesregierung Ende Oktober 2018 ein Dutzend afrikanische Staats- und Regierungschefs in Berlin zum Afrika-Gipfel empfing.
Jetzt zeigt sich: Kein einziges Unternehmen beteiligt sich an den Projekten der Bundesregierung, die insgesamt mehr als 360 Millionen Euro kosten sollen. Damit ist wohl klar, dass „…unsere Regierung keinen Plan von den Bedürfnissen der Unternehmen hat“, verlautet es aus der FDP-Bundestagsfraktion.
Mangelhafte Prüfungsverfahren
Neben der Zersplitterung unserer Aktivitäten fehlt es an Nachhaltigkeit. Die Wirkungsprüfung deutscher Entwicklungsmaßnahmen endet nach neun Monaten. Wenn das Geld ausgegeben ist, sieht niemand mehr hin. Ob die Objekte gar nicht in Betrieb genommen werden, etwa wegen fehlender Kompetenz, ob sie wegen Fehlbedienung oder später wegen fehlender Wartung und mangelhafter Pflege verfallen - das prüft niemand.
Insofern dient die gängige Praxis der Entwicklungshilfe vorwiegend der Abwehr akuter Not, leistet nicht jedoch keine anhaltende Wirkung, die etwa technische Anlagen beitragen können. Es sind neue Ansätze gefordert. Besonders wichtig ist der Aufbau nachhaltiger Strukturen als Grundlage für die Eigenwirtschaft der Zielländer. Hier ist die deutsche Wirtschaft gefordert, unter Nutzung ihrer speziellen Kompetenzen. Der Staat und die Wohlfahrtsorganisationen können das nicht allein stemmen.
Nutzen und Risiken müssen auf allen Seiten in vernünftigen Relationen stehen. Engagements in Afrika müssen für die Wirtschaft interessant sein. Zweifellos sind die Hürden groß, aber die Chancen für beide Seiten – Afrikaner und Europäer – sind auch gewaltig, denn es gibt keinen anderen Kontinent, der über ein so großes Wachstumspotenzial verfügt, über einen so großen Bedarf an neueren Technologien, über ein so gewaltiges Rohstoff-Vorkommen.
Achtung vor der Kultur
Bei aller Hilfsbereitschaft erwarten unsere afrikanischen Partner Gespräche auf Augenhöhe und Achtung vor ihrer Kultur: Afrika ist die Wiege der Menschheit: Im Bantu-Raum lebten die ersten Vertreter unserer Spezies bereits vor 2,5 Millionen Jahren. Im Raum Äthiopiens wurden die ersten Hieroglyphen geschrieben, bevor sie nach Ägypten getragen wurden. Wir müssen die Andersartigkeit des afrikanischen Denkens und Handelns akzeptieren. Es geht darum, Erkenntnisse zu transfrieren um die Selbsthilfe zu aktivieren. Das ist ein längerer Lern- und Anpassungsprozess.
Reich und arm
Afrika differenziert sich weiter: Wenige Länder steigen wirtschaftlich auf, während die Mehrheit auf relativ niedrigem Niveau stagniert. Über einige afrikanische Länder ist viel Positives zu berichten. Äthiopien, Ruanda und Tansania konnten über einige Jahre hinweg ein relativ hohes Wirtschaftswachstum verzeichnen. Als einer der am weitesten entwickelten Staaten des Kontinents hat Südafrika als einziges Land südlich der Sahara seine Infrastruktur für die Zukunft ausrichten können.
Afrika entdeckt die Selbsthilfe
Positiv ist auch das Engagement der afrikanischen Staatengemeinschaft zu bewerten, wie der Plan zur Schaffung einer „African Continental Free Trade Area“ oder die vielen Ideen zur Industrialisierung des Kontinents. Das die Entwicklungshilfe keine so große Rolle mehr spielt, ist ein Zeichen, dass Afrika aus eigener Kraft vorankommen will.
Bewegungen bei den Geberländern
Seit den fünfziger Jahren leistet Japan in Afrika Entwicklungshilfe oder Entwicklungszusammenarbeit, wie es heute von den Japanern genannt wird. Das japanische Modell der Kooperation fußt auf Technologietransfer sowie Schulung und Betreuung bei der Umsetzung. Kürzlich hat Japan erklärt, die Zusammenarbeit mit Afrika noch zu verstärken. Tokio hat den Bedarf und die Chancen für die japanische Wirtschaft klar erkannt.
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