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Kampf um das Weiße Haus Politische Unsicherheit muss den Aktienmärkten nicht schaden

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Donald Trump entwickelt Verschwörungstheorien

Der Gedanke einer Verschiebung der Wahl ist ein typischer Trump-Vorschlag: provokativ aus der Hüfte geschossen. Die Wahl verschieben kann der Verfassung nach nur der Kongress, nicht der Präsident; zudem wäre eine Verschiebung ein historischer Tabubruch: Nicht einmal in Kriegszeiten – weder im Amerikanischen Bürgerkrieg noch im Zweiten Weltkrieg ¬– und während der Großen Depression wurde ein Wahltermin angetastet. Noch fragwürdiger wird der Vorschlag aber dann, wenn das Weiße Haus am Tag nach Trumps Verschiebungs-Tweet die Verschiebung der Wahlen in Hongkong (vor dem Hintergrund der dortigen Unruhen) als undemokratisch verdammt.

Möglicherweise aber löst der US-Präsident bereits im Vorfeld einen heftigen Verfassungskonflikt aus, denn aktuell flirtet er auch mit dem Gedanken, Briefwahlen per Exekutivorder zu verbieten – was ein klarer Eingriff in die Hoheit der Bundesstaaten wäre. Aber auch wenn Trump kaum eine verfassungskonforme Handhabe hat, in den Wahlprozess einzugreifen, ist zu befürchten, dass die Legitimität der Wahl in Frage gestellt wird und ein langes politisches und juristisches Tauziehen folgen könnte. Bereits 40-mal in diesem Jahr hat Trump auf Twitter wissen lassen, dass die Wahl manipuliert sein werde. Hier werden für den Fall einer Wahlniederlage Verschwörungstheorien vorbereitet.

Märkte unter dem Einfluss politischer Unsicherheit

Viel spricht dafür, dass die Wochen und Monate um den 3. November durch einen hohen Grad an politischer Unsicherheit geprägt sein werden. Das ist kein optimales Marktumfeld, muss den Aktienmärkten aber nicht zwangsweise und generell schaden: Die Märkte haben durchaus die Fähigkeit, durch kurzfristige Unsicherheiten hindurchzuschauen und längerfristige Ertragspotenziale unpolitisch zu bewerten. Das war auch bei anderen Gelegenheiten zu beobachten, zuletzt im Hinblick auf die Corona-Krise. Allerdings wäre Joe Biden als Präsident – insbesondere in Verbindung mit demokratischen Mehrheiten sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat – nicht unbedingt die Traumbesetzung für die Marktteilnehmer – vor allem hinsichtlich Besteuerung, Regulierung und Anti-Trust-Überlegungen. Kurzfristig – wohl im Laufe der kommenden Woche – steht die Entscheidung Bidens über die Kandidatin (er hatte sich im Vorfeld auf eine Frau festgelegt) für das Amt des Vizepräsidenten auf der politischen Tagesordnung. Die Personalentscheidung wird vielfach als Signal im Richtungsstreit innerhalb der demokratischen Partei verstanden: Verbindet sich Biden mit den „progressiven“ oder „linken“ Kräften innerhalb der Partei? Oder versucht er, sich die Unterstützung der eher konservativen politischen Mitte zu sichern?

Eine gewisse Unterstützung scheint der US-Aktienmarkt von der Währungsseite zu bekommen. Neben der politischen Unsicherheit schlägt sich hier die Sorge nieder, dass der wirtschaftliche Erholungsprozess durch die erneute Ausbreitung von Covid-19 in den USA gebremst werden könnte; das wiederum könnte die US-Notenbank auf den Plan rufen. Anders als die EZB, die derzeit eher auf Halten spielt, hatte der US-Offenmarktausschuss auf seiner Sitzung Ende Juli nochmals seine Handlungsbereitschaft bekräftigt. Die Überlegungen gehen in Richtung einer Beeinflussung (Abflachung) des langen Endes der Renditekurve. Sollte die Entwicklung die beschriebene Richtung nehmen (dazu lohnt es sich vor allem, den Arbeitsmarkt zu beobachten), könnte die Phase der Dollarschwäche, von der gewinnseitig gerade die international aktiven US-Unternehmen profitieren würden, andauern.

Quelle für die Grafiken: Real Clear Politics (Umfrage zur Politik des US-Präsidenten), Refinitiv Datastream (Wechselkurs Euro-US-Dollar)

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