Bantleon-Volkswirt Jörg Angelé
Kann Italien seine Schulden begleichen?
Jörg Angelé ist Volkswirt bei Bantleon. Foto: Thomas Wieland
Italien ist seit vielen Jahren knapp bei Kasse und die Corona-Pandemie reißt ein weiteres Loch in den Staatshaushalt. Kann das Land die Schulden überhaupt irgendwann zurückzahlen? Bantleon-Volkswirt Jörg Angelé mit einer Einschätzung.
Darüber hinaus gibt es ein weiteres zentrales Argument, das gegen einen Schuldenkollaps spricht: Die Fähigkeit Roms zu solidem Haushalten. Obwohl es Italien noch nie seit 1980 gelang, einen Haushaltsüberschuss zu erzielen, hat der italienische Staatshaushalt seit 1992 nur in zwei Jahren ein Primärdefizit ausgewiesen. Sprich, ohne die Berücksichtigung der Zinszahlungen auf die ausstehenden Schulden, lagen die Einnahmen mit Ausnahme der beiden Super-Rezessionsjahre 2009 und 2020 immer über den Ausgaben (vergleiche Abbildung 1).
Abbildung 1: Italiens Haushaltspolitik war in den vergangenen 25 Jahren nicht unsolide
Mit der Aussicht auf dauerhaft niedrige Zinsen steigt...
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Darüber hinaus gibt es ein weiteres zentrales Argument, das gegen einen Schuldenkollaps spricht: Die Fähigkeit Roms zu solidem Haushalten. Obwohl es Italien noch nie seit 1980 gelang, einen Haushaltsüberschuss zu erzielen, hat der italienische Staatshaushalt seit 1992 nur in zwei Jahren ein Primärdefizit ausgewiesen. Sprich, ohne die Berücksichtigung der Zinszahlungen auf die ausstehenden Schulden, lagen die Einnahmen mit Ausnahme der beiden Super-Rezessionsjahre 2009 und 2020 immer über den Ausgaben (vergleiche Abbildung 1).
Abbildung 1: Italiens Haushaltspolitik war in den vergangenen 25 Jahren nicht unsolide
Mit der Aussicht auf dauerhaft niedrige Zinsen steigt somit die Wahrscheinlichkeit, dass es in den kommenden Jahren gelingt, das Haushaltsdefizit stark zu reduzieren und so den Anstieg der Staatsverschuldung zunächst zu bremsen und den Schuldenstand gemessen am BIP später sogar zurückzuführen.
Abbildung 2: Ein Schuldenkollaps in den nächsten Jahren erscheint unwahrscheinlich
Die größte Gefahr mit Blick auf die Gesundung der italienischen Staatsfinanzen sehen wir in einer Rückkehr der Populisten an die Macht. Sie könnten die Politik der positiven Primärsalden langfristig infrage stellen. Allerdings wurde den populistischen Parteien durch die gelebte Solidarität der übrigen Mitgliedsländer (Stichwort Wiederaufbaufonds) sowie durch das massive Eingreifen der EZB am Staatsanleihenmarkt viel Wind aus den Segeln genommen. Zahlreiche ihrer Kernforderungen sind damit bereits umgesetzt. Vor diesem Hintergrund sind wir zuversichtlich, dass die Versuchung künftiger italienischer Regierungen, die ohnehin grossen haushaltspolitischen Spielräume zu überreizen, begrenzt ist.
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