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Aktualisiert am 03.07.2020 - 12:11 Uhrin Artikel aus der fondsLesedauer: 4 Minuten

Karen Watkin im Interview „Wir erwarten für dieses Jahr keine weiteren Zinserhöhungen der Fed“

Karen Watkin, Portfoliomanagerin bei AllianceBernstein
Karen Watkin, Portfoliomanagerin bei AllianceBernstein: „Anleger sollten in diesem Jahr auf größere Wertschwankungen vorbereitet sein.“ | Foto: AllianceBernstein

der fonds: Frau Watkin, Multi-Asset-Fonds sind vergangenes Jahr hinter Aktienfonds zurückgeblieben. Warum sollten Anleger sich dennoch für den Multi-Asset-Ansatz interessieren?

Karen Watkin: Es ist durchaus nachvollziehbar, dass manche Investoren in den vergangenen Jahren gedacht haben, dass Diversifikation nicht mehr funktioniert. 2017 haben nahezu alle Anlageklassen auf Jahressicht ein dickes Plus verbucht. 2018 gab es dagegen etwas mehr Kursschwankungen an den Weltbörsen und nahezu alle wichtigen Anlageklassen verzeichneten Verluste. Im Prinzip fußt das Wachstum von Multi-Asset-Fonds der vergangenen Jahre auf der letzten großen Finanzkrise 2008, als viele Anleger die Folgen von zu hohen Risiken in ihren Portfolios schmerzhaft zu spüren bekamen. Zentralbanken unterstützen die Weltwirtschaft seither mit niedrigen Zinsen, was die Bewertungen an den Finanzmärkten erhöht und die Volatilität reduziert hatte. Dies könnte 2019 enden, da wir in eine neue Phase des Wirtschaftszyklus eintreten. 2019 wird es voraussichtlich zu stärkeren Streuungen über Regionen und Anlageklassen kommen, da sich die Märkte an den fortschreitenden Makrozyklus anpassen und Anleger die Auswirkungen endender Stimuli der Zentralbanken verstehen sowie mit die Auswirkungen des steigenden Populismus umgehen müssen. Wenn die Volatilität auf ein normales Niveau zurückkehrt lohnt es sich für Anleger, in Multi-Asset-Fonds zu investieren, da sie stärkere Diversifikationsmöglichkeiten bieten und die Kursschwankungen im Portfolio gering halten.

Was ist dieses Jahr noch anders?

Watkin: Der Wirtschaftszyklus ist bereits in einer späten Phase. Im Vergleich zu den Vorjahren wächst die Weltwirtschaft deutlich langsamer. An den Weltbörsen war die Volatilität im ersten Halbjahr 2019 deutlich erhöht – nicht zuletzt wegen des Handelsstreits zwischen China und den USA. Anleger sollten in diesem Jahr auf größere Wertschwankungen vorbereitet sein und dabei ein Spektrum an Risiken im Auge behalten: Das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich, wenn auch ausgehend von einem hohen Niveau. Die Arbeitsmärkte vieler Industriestaaten sind angespannt, was jedoch den Konsum stützt. Handelskriege können weiter eskalieren. Steigernder Kostendruck kann die Gewinnmargen der Unternehmen belasten. Und die Notenbankpolitik könnte Überraschungen bereithalten.

Was erwarten Sie dieses Jahr von der US-Notenbank?

Watkin: Die Aussage der Fed zu Beginn des Jahres, noch „datenabhängiger“ zu agieren, macht es schwieriger eine klare Prognose für den nächsten Zinsschritt abzugeben. Bisher waren wir davon ausgegangen, dass die Fed eine „Normalisierung“ der Zinsen anstrebt. Die jüngste Eskalation der Handelskriege dürfte das Wirtschaftswachstum weiter dämpfen, obwohl sich dies noch nicht in den Wirtschaftsdaten niedergeschlagen hat. Wir sind der Meinung, dass die Fed bereit ist, die Zinsen nach Bedarf zu senken, vielleicht sogar schon im dritten Quartal 2019, um die Wirtschaft zu stützen. Dabei sind die Auswirkungen der Handelspolitik ausschlaggebend, wenn diese die Wirtschaft verlangsamt, wird die Fed wahrscheinlich mit Flexibilität reagieren, um die Auswirkungen zu mildern.

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Kommen Schwellenländer im derzeitigen Marktumfeld für Ihre Multi-Asset-Fonds infrage?

Watkin: Ja, wir bieten mit dem AB Emerging Market Multi-Asset Portfolio (Anmerkung der Redaktion: ISIN LU0633140560) auch einen Schwellenlandfonds an. Viele Risiken von Kapitalanlagen in Schwellenländern des vergangenen Jahres sind zurückgegangen. Die Fed erhöht die Zinsen vorerst nicht weiter, wodurch die Wahrscheinlichkeit dafür sinkt, dass der Dollar aufwertet. Während die weltwirtschaftliche Dynamik nachlässt, ist der Wachstumsrückgang in den Schwellenländern weniger stark. Zudem dürften die Gewinnsteigerungen der dortigen Unternehmen solide sein und in diesem und nächstem Jahr die entwickelten Märkte übertreffen. Die Gefahr von Handelskriegen bleibt jedoch groß. Daher ist es unwahrscheinlich ist, dass die Volatilität in absehbarer Zeit nachlässt. Vor diesem Hintergrund ermöglicht es ein Multi-Asset-Ansatz, die Möglichkeiten in Schwellenländern zu nutzen, dabei gleichzeitig das Risiko zu kontrollieren und somit stetige Renditen zu erzielen.

Investieren Sie in China?

Watkin: Ja, wir halten Wertpapiere aus China, aber tendenziell etwas weniger als breite Schwellenmarkt-Aktienindizes, die in Asien zumeist stark konzentriert sind. Die Konjunkturentwicklung verlangsamt sich zwar, dürfte aber dennoch robust bleiben, da der chinesische Staat aggressive monetäre und fiskalische Impulse setzt, um das Wachstum stabil zu halten.

Welche Sektoren sind interessant?

Watkin: China forciert Infrastrukturprojekte durch monetäre und fiskalpolitische Maßnahmen. Daher investieren wir in Sektoren, die von dieser Politik profitieren, zum Beispiel Energie und Industrie. Der Finanzsektor erscheint uns auch attraktiv, da der Staat Unterstützungsmaßnahmen für die inländische Kreditvergabe ergreift. Insgesamt fokussieren wir unsere Investments auf genau solche Sektoren, die weniger Gefahr laufen, vom Handelsstreit in Mitleidenschaft gezogen zu werden.

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