- Startseite
-
Kay-Peter Tönnes: „Fondsmanagement ist ein sterbender Dinosaurier“
Als Kay-Peter Tönnes im Mai 1994 die erste Zeile Code für seine Risikomanagement-Software schrieb, war das klassische Fondsmanagement noch fest in Menschenhand. Heute, fast 30 Jahre später, verwaltet seine Firma Antecedo mit Sitz in Bad Homburg 4,5 Milliarden Euro. Die Gesellschaft verfolgt einen regelbasierten Investmentansatz mit Fokus auf Risikomanagement.
Seine Karriere begann er bei Basler Versicherungen in Bad Homburg, anschließend ging er nach Frankfurt zum Bankhaus Metzler und Lupus Alpha. 2006 wagt er den Schritt in die Selbstständigkeit, 2009 legt er den ersten eigenen Fonds auf.
Statt aktiver Allokation oder Timing setzt Antecedo auf kalkulierbare Erträge bei begrenztem Verlustrisiko. Das Unternehmen beschäftigt mittlerweile 9 Mitarbeiter und wird von Kay-Peter Tönnes geleitet. Der Mathematiker ist überzeugt: Das klassische Fondsmanagement ist „ein Dinosaurier, der aussterben wird“.
Mit der nüchternen Präzision eines Wissenschaftlers sagt er: „Die Leute, die glauben, sie wissen, wo der Markt hingeht, werden verschwinden“. Sein Ansatz unterscheidet sich von vielen Playern der Branche: Statt auf Marktprognosen setzt er auf mathematische Modelle und Derivatestrategien.
Der Code als Lebenswerk
Seine selbst entwickelte Software ist dabei das zentrale Werkzeug – entstanden aus drei Jahrzehnten stetiger Weiterentwicklung. „Die älteste Datei ist nun 30 Jahre alt“, erinnert er sich. Damals gab es noch keine fertigen Lösungen zu kaufen, also musste er selbst Hand anlegen. Auch heute, wo Bloomberg und andere Anbieter Risikomanagement-Tools anbieten, schwört Tönnes auf seine eigene Entwicklung: „Es tut mir leid, aber die sind nicht so weit wie ich.“ An Selbstvertrauen mangelt es ihm wahrlich nicht.
Seine Strategien basieren auf komplexen Derivatestrukturen, die er mit mathematischer Akribie entwickelt. „Ich war nie Optionshändler“, betont er. „Ich komme aus der reinen Mathematik, über das Risikomanagement." Ein Ansatz, der sich in verschiedenen Marktphasen bewährt hat: Seine Fonds decken mittlerweile eine breite Palette ab – von Renten über Aktien bis zu Absolute Return.
Mensch gegen Maschine
Was Tönnes von vielen seiner Kollegen unterscheidet: Er macht sich keine Illusionen über die Zukunft des aktiven Managements. „Eine KI, die permanent lernt und in einer Nacht alle verfügbaren Datenreihen analysieren kann, wird mich auf kurz oder lang in der Prognosefähigkeit überholen“, sagt er.
Der Vergleich, den er zieht, ist eindeutig: Während ein Mensch in seinem gesamten Berufsleben vielleicht 10.000 bis 15.000 Datenreihen sauber analysieren könne, verarbeite eine KI diese Menge in einer Nacht. „Wie ein Schachspieler gegen einen modernen Computer – keine Chance.“
1.200% Rendite in 20 Jahren?
Die neue Rolle des Menschen
Doch Tönnes sieht darin keine Bedrohung, sondern eine notwendige Entwicklung: „Wir müssen unsere Arbeitsweise umkehren. Mit KI an unserer Seite geht es nicht mehr darum, die Antwort zu suchen – wir müssen die richtigen Fragen stellen.“ Die Zukunft des Fondsmanagers liegt für ihn nicht mehr in der Prognosefähigkeit, sondern in der strategischen Orientierung.
Seine jüngste Innovation illustriert diesen Ansatz: Der „Antecedo Growth Supreme“ verbindet den US-Technologieindex Nasdaq-100 mit einer Optionsstrategie und ist seiner Aussage zufolge eine direkte Alternative zu ETFs. „Wir wollen nach oben weite Teile der Performance des Aktienmarktes haben, nach unten aber trotzdem abgesichert sein“, erklärt er.
Während viele in der Branche den zunehmenden geopolitischen Risiken mit Sorge begegnen, bleibt Tönnes bei seinen Strategien gelassen. „Da kann kommen, was will.“ Eine Zuversicht, die aus mathematischer Präzision erwächst – und aus dem Wissen, dass die Zukunft des Fondsmanagements in der Symbiose von Mensch und Maschine liegt.