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Kfz-Star auf Schlingerkurs – bei der Huk-Coburg läuft es nicht

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Es dürfte eine unruhige Woche im beschaulichen 41.000 Einwohner zählenden Coburg gewesen sein, vor allem für die Führungsriege und die Unternehmenskommunikation des größten Arbeitgebers in der Stadt. Bei Deutschlands zugleich größtem Kfz-Versicherer Huk-Coburg galt es Mitarbeiterschaft und Öffentlichkeit zu beruhigen, nachdem Anfang der Woche die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) dem Unternehmen eine ...
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Es dürfte eine unruhige Woche im beschaulichen 41.000 Einwohner zählenden Coburg gewesen sein, vor allem für die Führungsriege und die Unternehmenskommunikation des größten Arbeitgebers in der Stadt. Bei Deutschlands zugleich größtem Kfz-Versicherer Huk-Coburg galt es Mitarbeiterschaft und Öffentlichkeit zu beruhigen, nachdem Anfang der Woche die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) dem Unternehmen eine schwere Krise attestiert hatte.
Der gute Ruf auf der Kippe
Im Kern geht es dabei um eine schon seit langem nicht funktionierende Schadenabwicklung, von der vor allem bei der Huk-Coburg versicherte Autofahrer oder deren Anspruchsgegner bei einem Unfall betroffen sind. Im SZ-Bericht heißt es: „Stundenlange Wartezeiten am Telefon, keine Antwort auf Briefe und E-Mails für Wochen oder sogar Monate und ein sehr restriktives Verhalten bei der Schadenregulierung sorgen für großen Ärger.“ Es stehe gar der gute Ruf auf dem Spiel, so SZ-Autor Herbert Fromme.
Das Unternehmen ist seit 2011 Marktführer in der Kfz-Versicherung. Knapp 14 Millionen Autofahrer sind bei der Huk-Coburg versichert. Sie gilt dank der großen Zielgruppe der Beamten, die in der Kfz-Versicherung traditionell weniger zahlen sowie niedrigen Vertriebs- und Verwaltungskosten als preiswert. Mit der Digitaltochter Huk24 sind die Coburger auch Vorreiter beim Online-Abschluss von Versicherungen. Seine Marktmacht zeigt man durch den demonstrativen Verzicht auf die Berücksichtigung beim führenden Vergleichsportal und Makler Check24.
Gewaltiger Rückstand bei Schadensbearbeitung
Doch mit den Erfolgen kamen offenbar auch die Probleme. Das Management um Vorstandssprecher Klaus-Jürgen Heitmann habe es versäumt, parallel zu den steigenden Kundenzahlen und Schadenfällen, die Abteilungen auszubauen, die diese bearbeiten. Es seien schlicht zu wenige neue Mitarbeiter eingestellt worden und von denen viele wegen schlechter Bezahlung schnell wieder gegangen. Die Huk-Coburg habe nicht mal die Abgänge ausgleichen können, so die SZ.
Wer 2021 nach der Ahrtal-Flut bei der Huk-Coburg anrief, hörte in der Warteschleife direkt eine Ansage über längere Wartezeiten. Tatsächlich stand laut des Berichts der Beinahe-Zusammenbruch der Schadenbearbeitung bevor. So seien Mitte 2023 beim Unternehmen mehr als 300.000 Postrückstände aufgelaufen. Das sind Briefe und E-Mails, die eigentlich innerhalb einer Woche nach Eingang bearbeitet werden sollten. Die SZ zitiert einen Schadensachbearbeiter des Unternehmens: „Bearbeitungszeiten von zwei bis drei Monaten waren die Regel. Telefonisch waren wir kaum erreichbar.“ Kunden mit dringenden Anfragen, zum Teil wegen Unfällen in finanziellen Notlagen, hätten schlicht keine Antwort erhalten.
Huk-Coburg glaubt, die richtigen Maßnahmen ergriffen zu haben
Der Kfz-Riese äußert sich zu alldem eher schmallippig. Statt Antworten auf unsere Fragen erhielt DAS INVESTMENT von einer Sprecherin ein vom Konzern vorbereitetes Statement. In diesem heißt es: „Die dem Artikel zugrundeliegenden Aussagen basieren auf internen Unternehmensinformationen, die nach draußen getragen worden sind und in Teilen nicht der Wahrheit entsprechen. Richtig ist, dass sich die Servicelevel der Huk-Coburg im vergangenen Jahr in einigen Bereichen nicht auf dem von uns angestrebten Qualitätsniveau befunden hat. Das haben wir erkannt und mit entsprechenden Maßnahmen gegengesteuert. Inzwischen haben wir unsere selbst gesteckten Servicelevel auch dank großem Einsatz unserer Mitarbeitenden wieder erreicht. In dem Zusammenhang haben wir in den Schadenbereichen und auch der Krankenversicherung signifikant Personal eingestellt.“
Ob aktuell noch Personalmangel besteht, wollte das Unternehmen nicht mitteilen.
Überstunden als bisherige Problemlösung
Was den genannten großen Einsatz der Mitarbeiter angeht, dürften vor allem Überstunden gemeint sein. Angeblich hätten die Schadenbearbeiter – wohl auch wegen attraktiver Zuschläge – im Jahr 2023 an mehr als 40 Samstagen gearbeitet. Mittlerweile seien die Rückstände auf rund 100.000 reduziert worden. Ob diese im Bericht genannte Zahl stimmt, wollte die Sprecherin des Unternehmens auf Nachfrage ebenfalls nicht beantworten. Eine weitere Vorstandsmaßnahme soll die Anweisung gewesen sein, telefonisch gemeldete Schäden bis 500 Euro direkt zu bezahlen, „egal um was es geht“.
Indirekte Vorwürfe an die Mitarbeiter
Als kontraproduktiv erwies sich in Richtung der gestressten Mitarbeiter offensichtlich, dass Konzernchef Heitmann trotz des Einräumens der Probleme, einen Teil der Beschäftigten bei einer internen Veranstaltung am 17. Januar indirekt für das Vorgehen verantwortlich gemacht haben soll. Die SZ zitiert ihn wie folgt: „Wir sehen zum Teil große Leistungsunterschiede zwischen einzelnen Orgaeinheiten, die Vergleichbares tun, und zwischen einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.“ Das sei nicht gut und müsse man schnell ändern, habe Heitmann gesagt. Eine Videoaufnahme der Rede habe er an die gesamte Belegschaft schicken lassen.
Ob die Aussagen im Wortlaut so gefallen sind, wollte die Huk-Coburg-Sprecherin auf unsere Nachfrage nicht kommentieren. Man habe transparent die Situation der nicht zufriedenstellenden Serviceleistung intern und medial erläutert. Das sei auch Aufgabe eines Vorstands. „Die Darstellungsform ist von den Quellen subjektiv negativ interpretiert“, so die Sprecherin. Eine Spitze in Richtung der Mitarbeiter, die sich gegenüber den Medien geäußert haben.
Bei höheren Schäden geht es angeblich nur mit Anwalt
Der SZ-Bericht beschreibt den Status-Quo weit negativer als das Unternehmen selbst. Noch immer blieben Kundenbriefe wochenlang unbeantwortet. „Am Telefon dauere es 30 bis 45 Minuten, bis jemand einen Anruf entgegennimmt“, berichtet laut des Artikels ein Schadensachbearbeiter. Gleichzeitig sei das Unternehmen sehr restriktiv, wenn es um höhere Schäden in der Kfz-Versicherung geht. Der Schadensachbearbeiter nennt ein Beispiel: „Da gibt es eine Anweisung, die besagt: Verbringung in die Lackiererei zahlen wir nur, wenn der Geschädigte einen Anwalt eingeschaltet hat.“ Laut Huk-Coburg-Sprecherin gibt es eine solche Arbeitsanweisung jedoch nicht, wie die SZ berichtet.
Nach Aussagen von Mitarbeitern sei das Vorgehen aber gängige Praxis im Konzern. Ohnehin rieten viele Experten Unfallopfern, die von einem Huk-Kunden geschädigt wurden und Anspruch auf Schadenersatz vom Versicherer haben, sofort einen Anwalt einzuschalten. Dazu passen auch die vielen negativen Berichte zur Erfahrung mit der Schadenabwicklung des Versicherers in den einschlägigen Online-Bewertungsportalen.
Versicherer will externe Servicedienstleister dazu holen
Um die Situation langfristig in den Griff zu bekommen, will die Huk-Coburg laut des Berichts jetzt Teile der Schadenbearbeitung an ein oder mehrere externe Spezialunternehmen vergeben. Die Ausschreibung, eine der größten für diese Dienstleistung in der Geschichte der Kfz-Versicherung, werde derzeit vorbereitet. Die Prüfung solcher Maßnahmen hat laut eines weiteren Berichts des „Versicherungsmonitor“ auch Schadenchef Stefan Raab in einer E-Mail an die Mitarbeiter mitgeteilt.
Kfz-Sparte drohen hohe Verluste
Dabei macht offenbar nicht nur in der Schadenbearbeitung Sorgen. Aufgrund des hohen Marktanteils in der Autoversicherung leidet die Gruppe auch besonders unter den stark gestiegenen Kosten für Werkstatt und Ersatzteile. Zu den steigenden Schäden kommen auch die hohen Kosten der Überstunden. „Wir müssen uns langfristige Gedanken machen“, sagte Heitmann den Mitarbeitern im Januar. „Auf Dauer können wir es uns nicht leisten, für die Bewältigung der Rückstandssituation wie im letzten Jahr einen zweistelligen Millionenbetrag in die Hand zu nehmen“, zitiert ihn die SZ.
Für das Geschäftsjahr 2022 hatte die Huk Coburg einen massiven Gewinneinbruch vermeldet. Der Jahresüberschuss war im Vergleich zum Vorjahr von 381 auf 146 Millionen Euro gesunken. Zahlen für 2023 will man erst im April nennen. Intern sei die Rede von einem operativen Verlust in der Kfz-Versicherung von deutlich über 600 Millionen Euro.
Weitere Kundenverluste zu befürchten
Durch den Einsatz von Schwankungsrückstellungen, also Reserven aus besseren Jahren, und Zahlungen der Rückversicherer solle das Defizit teilweise aufgefangen werden. Auch wenn die Huk-Coburg als Versicherungsverein keinen Aktionären rechenschaftspflichtig ist, dürfte der Reputationsschaden beträchtlich sein.
Ob der Konzern nachhaltigen Schaden durch einen größeren Kundenverlust erleidet, dürfte sich aber erst in der üblichen Kfz-Wechselsaison zum Jahresende zeigen. Schon Ende 2023 hatten laut Vorstandschef Heitmann 100.000 Kunden gekündigt.



