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Versicherungssoftware-Experte „KI ist wie Kuchenessen“

Rasmus Lynge ist Leiter Produkte und Technologie (Chief Product & TechnologyOfficer) bei Fadata, einem weltweit tätigen Anbieter von Software für Versicherer. Davor leitete Lynge den Software-Anbieter Nobly.
Rasmus Lynge, Leiter Produkte und Technologie bei Fadata.

DAS INVESTMENT: Künstliche Intelligenz (KI) kann fingierte Fälle automatisch erkennen – aber auch Schäden vortäuschen, warnte kürzlich Neodigital-Chef Stephen Voss. Wie sehen Sie das?

Rasmus Lynge: Beim Einsatz von KI kommt es auch in der Versicherungsbranche auf die Herangehensweise an. Mit KI ist es ein bisschen wie beim Kuchenessen. Ein Stück ist in Ordnung, aber den ganzen Kuchen zu verschlingen, das würde uns ziemlich schlecht bekommen. KI verbessert Prozesse deutlich, dabei darf die Technologie aber nicht die Überhand gewinnen. Wir müssen akzeptieren, dass auch die KI Fehler macht. Deshalb ist es wichtig, die Logik der Ergebnisse zu kontrollieren. Ich glaube, dass uns KI mit etwas Reife und Zeit sehr große Vorteile bieten kann.

Wo setzen Versicherer KI ein?

Lynge: Versicherer nutzen KI heute hauptsächlich für Schadensmeldungen und die Betrugserkennung. Aber auch für die Preisfindung von umfangreichen Versicherungsverträgen bietet der Einsatz von KI große Vorteile. Algorithmen können hier auswerten, wie solche Verträge in der Vergangenheit kalkuliert wurden, beziehen dabei die Risiken mit ein und automatisieren auf dieser Grundlage die Preisfindung.

Digitalisierungswüste Deutschland: Trifft das auf Versicherer noch zu?

Lynge: Beim weltweiten Einsatz unserer Software-Lösungen für Versicherungsunternehmen bemerken wir, dass es zwischen Deutschland und anderen Ländern in Sachen Digitalisierung immer noch einen großen Abstand gibt. Das liegt zum einen an der Struktur der Versicherer, die vielerorts noch größtenteils analog arbeiten. Aber auch die Politik hat es versäumt, die Digitalisierung zu beschleunigen, zum Beispiel durch den raschen und großflächigen Ausbau von Breitbandnetzwerken. Ich sehe aber, dass sich die Branche in Deutschland jetzt diesen Themen öffnet. Die Entwicklung wird von den Konsumenten angetrieben, die sich von ihrer Versicherung Self-Service-Dienste, Zugriff auf ihre Daten und eine Erreichbarkeit rund um die Uhr wünschen.

Kann das auch eine Folge der Corona-Krise sein?

Hallo, Herr Kaiser!

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Lynge: Die Corona-Krise hat in Deutschland auf jeden Fall zu einem Digitalisierungsschub geführt. Es gab plötzlich eine Notwendigkeit von digitalen Angeboten in allen Lebensbereichen, sei es Arbeiten und Einkaufen, aber eben auch beim Abschluss von Versicherungen. Das war ein Paradigmenwechsel. Jetzt beobachten wir aber gerade auch eine gegenläufige Entwicklung. Die Menschen haben unter der Kontaktsperre gelitten und suchen wieder persönlichen Austausch, auch wenn ich glaube, dass die Digitalisierung nicht mehr aufzuhalten ist und die Bequemlichkeit des Kunden im Vordergrund stehen wird – und die richtet sich nicht nach Öffnungszeiten.

 

 

Wo zeigen deutsche Versicherer noch besonders große Schwächen?

Lynge: Die Versicherer müssen sich nach den Bedürfnissen ihrer Kunden richten, die zunehmend schnelle und digitale Erlebnisse suchen. Allerdings steht den Unternehmen dabei ihre bürokratische Struktur im Weg. Die strukturierten Abläufe sind natürlich wertvoll und ein Garant für Qualität, sie erlauben aber nicht die Agilität, die es für die Digitalisierung braucht. Ich spüre hier ein Umdenken und den Willen zur Veränderung. Dieser Prozess braucht aber natürlich Zeit.

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