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Klagewelle gegen Anlegerentschädigungsgesetz?

Quelle: Fotolia
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Es gebe eine „effiziente Umsetzung“ der EU-Richtlinie zum Anlegerschutz, erklärte der Zentrale Kreditausschuss in einer Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes. Wolfgang Gerke vom Bayerischen Finanz Zentrum erklärte, bei dem Gesetzentwurf handele es sich um die im Moment genau richtige Maßnahme. Er begrüßte, dass jetzt mehr Wert auf die Früherkennung von Risiken gelegt werde. Einlagensicherung und Anlegerentschädigung hätten einen hohen Stellenwert bei den Bürgern. Dank der frühzeitigen Garantien der Bundesregierung seien Panikreaktionen der Sparer ausgeblieben. „Die Bundesregierung hat damit erfolgreich einen realen Stresstest der deutschen Einlagensicherungssysteme der Kreditwirtschaft verhindert", so Gerke in seiner Stellungnahme. Auf Nachfragen ergänzte der Experte, dass er sich in Boom-Phasen ein anderes Gesetz gewünscht hätte. So wie der Entwurf jetzt sei, werde das Einlagensicherungssystem im Krisenfall überfordert sein. Auch von der Bundesanstalt Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hieß es, man könne sich eine andere Entschädigungseinrichtung vorstellen. Scheinsicherheit für Anleger? Der Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland (VuV) begegnete dem Gesetzentwurf hingegen mit „großer Skepsis“. Strukturelle Defizite beim System der Entschädigungseinrichtungen seien nicht beseitigt worden, sagte Verbandsvertreter Klaus Köhler mit Blick auf den Entschädigungsfall „Phoenix Kapitaldienst“ (DAS INVESTMENT.com berichtete). Dadurch muss die Entschädigungseinrichtung deutscher Wertapapierhandelsunternehmen (EdW) hohe Entschädigungszahlungen an Anleger leisten. Um das finanzielle Fundament der EdW zu halten, soll die Zahl der EdW-Mitglieder durch den Gesetzentwurf stabilisiert werden. Damit soll der Entschädigungseinrichtung genug Geld zufließen. Köhler zeigte sich überzeugt, dass es gelingen werde, dieses Gesetz durch Klagen zu kippen. Die Neuregelung führe nicht zu funktionierenden Entschädigungseinrichtungen. „Dem Anleger wird Scheinsicherheit simuliert“, sagte Köhler, der von einem „rundum misslungenen Gesetzentwurf“ sprach. Auch der einzig eingeladene Vermittlerverband AfW Bundesverband Finanzdienstleistung rechnet mit Klagen, falls das Gesetz so beschlossen werden sollte. Der AfW vertrat im Ausschuss die Interessen der in ihm organisierten Finanzdienstleistungsinstitute, welche durch den „EdW/Phoenix-Skandal“ von erheblichen Zwangsabgaben betroffen waren.

AfW-Vorstand Norman Wirth zeigte auf, dass die geplanten Änderungen des EAEG die grundsätzlichen Strukturfehler des deutschen Anlegerentschädigungssystems nicht beseitigen, welche durch den Phoenix-Skandal offensichtlich wurden. In mehreren Gerichtsverfahren wurde die Verfassungswidrigkeit des Beitragssystems bereits festgestellt. Er zeigte sich überzeugt, dass die Neuregelung nicht zu funktionierenden Entschädigungseinrichtungen führen werde. Bereits die finanzielle Ausstattung der EdW sei weiterhin nicht gewährleistet. Die Verfassungswidrigkeit würde nicht beseitigt.

„Der AfW erwartet, dass insbesondere in der aktuellen Finanzmarktkrise dieses äußerst wesentliche Gesetz zügig, aber auch gründlich und verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechend überarbeitet und umgesetzt wird. Die Gefahr erheblicher Entschädigungsfälle – und nicht nur aufgrund krimineller Machenschaften Einzelner – besteht“, so Wirth vor dem Ausschuss. Wie tragfähig ist die EdW? Ähnlich äußerte sich der Bundesverband der Wertpapierfirmen an den deutschen Börsen. Die EdW bleibe auch in Zukunft „finanziell eklatant nicht tragfähig". Die EdW habe im letzten Jahr ein Beitragsaufkommen von 3 Millionen Euro gehabt, müsse aber in den kommenden Jahren jährlich 27 Millionen Euro aufbringen. „Ein solches Vorhaben ist ökonomisch völlig unrealistisch“, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme. Auch der Bundesrat habe darauf hingewiesen, dass die Zahl der EdW-Mitglieder viel zu gering sei. Widerspruch dazu kam von Rechtsanwalt Reinfried Fischer, Kanzlei WilmerHale. Das deutsche Einlagensicherungssystem habe sich im Grundsatz bewährt. Der noch ungelöste Fall „Phoenix“ beruhe einerseits auf Betrug und andererseits auf einem erheblichen Aufsichtsversagen. „Diese Sondersituation ergibt daher keinen Anlass, dass deutsche System der Einlagensicherheit in Frage zu stellen.“ Fischer bestritt, dass die Zahl der der EdW zugeordneten Institute zu gering sei. Mit über 700 zugeordneten Instituten gehöre die EdW zu den mitgliederstarken Entschädigungseinrichtungen. Die FDP-Fraktion hatte im Vorfeld bereits einen eigenen Antrag zur „Reform der Anlegerentschädigung in Deutschland“ gestellt und sieht sich durch die Anhörung darin bestätigt. Der Finanzexperte der FDP-Bundestagsfraktion Frank Schäffler erklärte: „Die Sachverständigen haben klargestellt, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung auch künftig kein leistungsfähiges Anlegerentschädigungssystem in Deutschland schafft.“ In dieser Situation sei die Bundesregierung nicht einmal bereit, die Änderungsvorschläge der von ihr selbst beauftragten Gutachter umzusetzen.

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