Deutsche-Bank-Experte Eric Heymann
Klimadebatte ums Eigenheim
Eric Heymann ist Ökonom bei Deutsche Bank Research. Foto: Deutsche Bank
Platzbedürftig, energieverschwendend, rohstoffintensiv: Eigenheime sind längst Bestandteil der Klimadebatte. Viele Argumente lenken jedoch von eigentlichen Herausforderungen ab, sagen Eric Heymann und Jochen Möbert, Research-Experten der Deutschen Bank.
Das Eigenheim ist zum Gegenstand klimapolitischer Diskussionen geworden. Der Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen im deutschen Bundestag, Anton Hofreiter, wurde kürzlich in der Presse mit den Worten zitiert: „Einparteienhäuser verbrauchen viel Fläche, viele Baustoffe, viel Energie, sie sorgen für Zersiedelung und damit auch für noch mehr Verkehr“. Inhaltlich ist diese Aussage grundsätzlich zutreffend. Pro Quadratmeter Wohnfläche oder pro Kubikmeter umbautem Raum verbrauchen Einfamilienhäuser mehr Ressourcen als Mehrfamilienhäuser.
Da die Wohnfläche pro Kopf in Einfamilienhäusern im Durchschnitt des Gebäudebestands größer ist als bei Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, verschlechtert sich...
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Das Eigenheim ist zum Gegenstand klimapolitischer Diskussionen geworden. Der Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen im deutschen Bundestag, Anton Hofreiter, wurde kürzlich in der Presse mit den Worten zitiert: „Einparteienhäuser verbrauchen viel Fläche, viele Baustoffe, viel Energie, sie sorgen für Zersiedelung und damit auch für noch mehr Verkehr“. Inhaltlich ist diese Aussage grundsätzlich zutreffend. Pro Quadratmeter Wohnfläche oder pro Kubikmeter umbautem Raum verbrauchen Einfamilienhäuser mehr Ressourcen als Mehrfamilienhäuser.
Da die Wohnfläche pro Kopf in Einfamilienhäusern im Durchschnitt des Gebäudebestands größer ist als bei Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, verschlechtert sich auch hierdurch die Umweltbilanz. Zudem ist der Flächenverbrauch bei Einfamilienhäusern deutlich größer als bei Mehrfamilienhäusern, die in Geschossbauweise errichtet werden. Beim Bau von Einfamilienhäusern in Stadtrandlagen und ländlichen Regionen nehmen damit Zersiedlung und Verkehrsleistung gegenüber Mehrfamilienhäusern in hochverdichteten urbanen Zentren ebenfalls zu. Die Aussage von Hofreiter wurde in der politischen Debatte als ein Verbot von (neuen) Eigenheimen interpretiert.
Die Diskussion, ob und in welchem Ausmaß Eigenheime stärker zum Klimawandel beitragen oder mit einem höheren Ressourcenverbrauch einhergehen als Wohnungen in Mehrfamilienhäusern, lenkt zum einen von der eigentlichen energie- und klimapolitischen Herausforderung im Gebäudesektor ab. Zum anderen zeigt sie, dass klimapolitische Forderungen häufig nicht zur Lebenswirklichkeit beziehungsweise zu den Konsumwünschen von Millionen von Menschen passen.
Klimaneutraler Gebäudebestand bis 2050
Schauen wir zunächst auf die klimapolitischen Herausforderungen. Die Politik verfolgt das Ziel eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestands bis 2050. Unabhängig von der Bauform müssen enorme Hürden überwunden werden, um dieses Ziel auch nur ansatzweise zu erreichen. So müsste die energetische Sanierungsrate von Gebäuden, die seit Jahren bei etwa einem Prozent liegt, mehr als verdoppelt werden.
Schon das ist kein leichtes Unterfangen, weil es die Handwerker, die die notwendigen Arbeiten ausführen sollen, schlicht nicht gibt. Da große Teile des Bau- und Ausbauhandwerks seit Jahren über Mangel an qualifiziertem Nachwuchs klagen, könnte sich die Situation angesichts sinkender Ausbildungszahlen in vielen Berufsgruppen sowie vermehrter Renteneintritte in den kommenden Jahren sogar zuspitzen.
Hinzu kommt, dass alte Gebäude durch umfassende energetische Sanierungen zwar im Extremfall bis zu 80 Prozent weniger Energie verbrauchen und damit auch weniger CO2-Emissionen verursachen als zuvor. Dabei lassen sich derart große Einsparungen nur dann erzielen, wenn das Gebäude ursprünglich in einem energetisch sehr schlechten Zustand war. Entscheidend ist jedoch, dass sanierte Gebäude in aller Regel nicht klimaneutral sind. Das Umweltbundesamt weist zudem auf die fehlende Berücksichtigung von CO2-Emissionen beim Erstellen, Modernisieren und dem Rückbau von Gebäuden hin. Bis zu einem „nahezu klimaneutralen Gebäudebestand“ ist es also noch ein weiter Weg.
Politisch brisant ist auch die Frage, wie man mit jenen Eigentümern von Eigenheimen oder Wohnungen umgehen will, die ihre Gebäude aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht sanieren wollen oder können. Wird man sie mit strengem Ordnungsrecht dazu zwingen? Werden die CO2 -Preise sehr stark angehoben, um Sanierungsmaßnahmen anzustoßen? Oder werden die Subventionen für energetische Gebäudesanierungen so lange erhöht, bis fast alle Eigentümer freiwillig in den Klimaschutz investieren?
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