Deutsche-Bank-Experte Eric Heymann
Klimadebatte ums Eigenheim
Eric Heymann ist Ökonom bei Deutsche Bank Research. Foto: Deutsche Bank
Platzbedürftig, energieverschwendend, rohstoffintensiv: Eigenheime sind längst Bestandteil der Klimadebatte. Viele Argumente lenken jedoch von eigentlichen Herausforderungen ab, sagen Eric Heymann und Jochen Möbert, Research-Experten der Deutschen Bank.
Strengeres Ordnungsrecht und deutlich höhere CO2-Preise dürften an den fehlenden politischen Mehrheiten scheitern. Man stelle sich den Fall eines Rentnerpaares oder einer alleinstehenden Rentnerin mit überschaubarem Finanzvermögen vor, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen (in Deutschland gibt es über 6 Millionen Menschen über 70 Jahre, die in ihrem eigenen Haus leben).
Welche Partei wird hier ansetzen und durch Ordnungsrecht eine umfassende energetische Sanierung erzwingen, die schnell einen höheren fünfstelligen Euro-Betrag verschlingt? Auch bei CO2-Preisen oder Steuern auf den Energieverbrauch wird die Politik soziale Aspekte berücksichtigen. Im Jahr 2019 konnten laut Statistischem...
Das Thema Nachhaltigkeit bewegt Unternehmen, Kapitalmärkte, Gesetzgeber. Und Menschen. Deshalb präsentieren wir dir hier die Analysen und Thesen der bedeutendsten Nachhaltigkeitsexperten, Top-Ökonomen und Großinvestoren – gebündelt und übersichtlich. Sie sollen dir die wichtigen Entwicklungen auf dem Weg zur nachhaltigen Gesellschaft und Finanzwelt clever und zuweilen kontrovers aufzeigen.
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Strengeres Ordnungsrecht und deutlich höhere CO2-Preise dürften an den fehlenden politischen Mehrheiten scheitern. Man stelle sich den Fall eines Rentnerpaares oder einer alleinstehenden Rentnerin mit überschaubarem Finanzvermögen vor, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen (in Deutschland gibt es über 6 Millionen Menschen über 70 Jahre, die in ihrem eigenen Haus leben).
Welche Partei wird hier ansetzen und durch Ordnungsrecht eine umfassende energetische Sanierung erzwingen, die schnell einen höheren fünfstelligen Euro-Betrag verschlingt? Auch bei CO2-Preisen oder Steuern auf den Energieverbrauch wird die Politik soziale Aspekte berücksichtigen. Im Jahr 2019 konnten laut Statistischem Bundesamt 2 Millionen Menschen in Deutschland aus Geldmangel ihre Wohnung nicht angemessen heizen. Das sind zwar weniger Menschen als zehn Jahre zuvor. Aber es verdeutlicht dennoch, dass hohe Energiepreise besonders die sozial Schwachen treffen, wenn man sie für höhere administrative Energiepreise nicht kompensiert.
Die oben erwähnte dritte Option stark steigender Subventionen für Gebäudesanierungen wird an den finanziellen Restriktionen der öffentlichen Hand scheitern. Man kann es nur wiederholen: Der Staat wird nicht alles subventionieren können, was zum Klimaschutz beiträgt. Subventionen würden zudem die Angebotsknappheit im Bauhandwerk noch erhöhen und/oder zu höheren Baupreisen führen.
Gebäudebestand ist ein träges System
Der Weg zu einem nahezu klimaneutralen Gebäudebestand ist auch deshalb schwierig, weil dieser Gebäudebestand groß und damit träge ist. Er besteht aus circa 19 Millionen Wohngebäuden (darunter etwa 15,7 Millionen Ein- und Zweifamilienhäuser), in denen es knapp 43 Millionen Wohnungen gibt, sowie aus rund 2,7 Millionen Nichtwohngebäuden. Etwa zwei Drittel aller Wohnungen in Deutschland wurden vor 1979 errichtet.
Von den rund 43 Millionen Wohnungen wurden im Jahr 2020 laut BDEW annähernd 50 Prozent mit Gas beheizt, 25 Prozent mit Heizöl und 14 Prozent mit Fernwärme, die ja aus thermischen Kraftwerken stammt. Auf Holz, Elektro-Wärmepumpen und Strom entfallen die restlichen Beheizungssysteme. Selbst in neuen Wohngebäuden wird noch zu mehr als einem Drittel eine Gasheizung eingebaut. Elektro-Wärmepumpen kommen ebenfalls auf gut 33 Prozent vor Fernwärme (25 Prozent) und Holz (4,2 Prozent).
Es ist offenkundig, dass erneuerbare Energien im Wärmemarkt noch keine große Rolle spielen. Laut aktuellen Zahlen des Umweltbundesamtes entfielen 2020 gut 15 Prozent des Endenergieverbrauchs für Wärme (und Kälte) auf erneuerbare Energien. Dabei dominieren die verschiedenen Formen von Bioenergien (vor allem Holz) mit einem Anteil von über 85 Prozent. Es erfordert immense Investitionen, alle Wohnungen bis 2050 auf CO2-arme oder CO2-freie Energieträger umzurüsten (auch Bioenergien sind im eigentlichen Sinne übrigens nicht klimaneutral).
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